Wie bewerten Sie die durch die Deges vorgestellte Vorzugsvariante? Sind für Sie die für deren Auswahl vorgebrachten Gründe plausibel?
Die jetzt mit Bund, Land, Regierungspräsidium und der Autobahn GmbH abgestimmte Lösung bietet den bestmöglichen Schutz für Mensch und Umwelt. Auch die Verknüpfung mit der B34 und den Talorten ist nun gewährleistet. Zudem kann dort zuerst gebaut werden, wo es am nötigsten ist, sprich im Bereich Waldshut und Hauenstein/Albbruck.
Die Herleitung erfolgte absolut plausibel nach anerkannten Standards. Das Verfahren selbst war offen und transparent und die Bewertung der einzelnen Varianten erfolgte nach standardisierten Bewertungskriterien.

Warum hat es 40 Jahre gedauert, bis einigermaßen Klarheit über den Trassenverlauf herrschte?
Bis 2006 hielten die Planungsbehörden unter Regierungspräsident Ungern von Sternberg an einer Bergtrasse fest. Die insbesondere von Bürgerseite und Umweltverbänden angemahnten Bedenken fanden damals kein Gehör. Der Trassenverlauf war vielmehr politisch vorgegeben. Interessen politischer Akteure, Namen nenne ich keine, waren damals ausschlaggebend. Allein durch das Einwirken der Bürgerinitiative, welche später in den Verein Pro Basistunnel überging, und der Umweltverbände, konnte erreicht werden, dass im Jahr 2018 ein offenes und transparentes Verfahren zur Trassenfindung beginnen konnte. Dies hat die Deges versprochen und auch gehalten.

Welche Rolle spielte die Waldshuter Plattform, in der sich die Gemeinderäte von Laufenburg, Albbruck, Dogern und Waldshut-Tiengen sowie der Kreistag auf Kernpunkte für die A98-Abschnitte 8 und 9 einigten?
Auch das war sehr wichtig und gut. Unter der Regie des Regionalverbands und des Landrats einigten sich die Kommunen, die Verbände und die Bürgerinitiativen auf ein 18 Punkte-Papier, was an sich schon mal wichtig war und der Deges mit auf den Weg gegeben werden konnte. Zur Erinnerung: Albbruck und Waldshut hatten noch Beschlüsse für die Taltrasse, Dogern für die Bergtrasse.
Wer sind bei einer Verwirklichung der jetzt vorgestellten Vorzugsvariante die Gewinner, wer die Verlierer?
Ich sehe keine Verlierer. Auch nicht auf Dogerner Seite. Wenn dort eine neue Trasse gebaut wird, muss es auch einen neuen Lärmschutz geben. Bei dem gewaltigen Ausbruchvolumen, welches es aus den Tunnels geben wird, könnte beispielweise ein hinreichend hoher Lärmschutzwall gebaut werden. Hierfür könnte das Deponiematerial sinnvollerweise auf kürzestem Wege eingesetzt werden. Am Ende, so die Planer, dürften die Belastungen auch dort geringer sein als heute. Für einen guten Lärmschutz müssen wir uns, falls nötig, gemeinsam stark machen.

Stellt die Vorzugsvariante den auch von Ihnen persönlich seit 20 Jahren geforderten Basistunnel dar?
Ja, natürlich. Nicht nur das. Auch Albbruck bekommt einen solchen. Was mir aber genauso wichtig ist, ist der nun bestmögliche Schutz der Natur und der Umwelt. Insbesondere das Albtal lag und liegt mir hierbei besonders am Herzen.
Wie unabhängig von politischen Vorfestlegungen war die Planungsarbeit der Deges?
Es gab keine politische Vorfestlegung. Der Auftrag der Deges bestand einzig darin, den noch fehlenden Abschnitt A98.8/9 in Form einer Autobahn nach den geltenden Richtlinien und Anforderungen, insbesondere im Bereich des Umweltrechts, so zu planen, dass eine gerichtsfeste Lösung resultiert.

Sie haben als Mitglied der Planungswerkstatt zusammen mit anderen Vertretern der Region die Auswahl der Vorzugsvariante begleitet. War dies eine Mitarbeit auf Augenhöhe mit den professionellen Planern oder nur ein partizipatorisches Feigenblatt?
Es gab Phasen, in denen nicht nur ich meine Zweifel hatte, ob das Verfahren wirklich gut läuft. Es gab auch Tiefpunkte. Unsere Vorschläge und Kritik stießen jedoch im weiteren Verlauf auf Gehör und wurden umgesetzt.
Die Deges nahm die in der Waldshuter Plattform geforderte Tunnellösung für die Abfahrt Hauenstein, für die auch Sie persönlich lange gekämpft haben, schnell aus dem Spiel. Hat sich das als richtig erwiesen, und waren die Deges-Planer damit schlauer als die politischen Vertreter der Region?
Als es klar war, dass die Deges den gesamten Abschnitt 98/8-9 plant, war sozusagen der Druck raus, die Abfahrt Hauenstein isoliert zu betrachten und vorzuziehen. Gefährlich wird diese jedoch noch lange sein, bis dann der dort geplante lange Tunnel gebaut ist. Das ist nicht gut. Andererseits ist es verständlich, dass der zuvor geplante kurze Tunnel nicht auch noch gebaut wird.
Sie engagieren sich seit vielen Jahren bürgerschaftlich in Sachen A98. Ist für Sie persönlich damit nun Schluss?
Seit 40 Jahren, da war ich 16 Jahre alt, schloss ich mich bereits den damaligen Aktionen an, welche den Bergtrassenverlauf kritisch sahen. Nun sehe ich das Ziel erreicht. Ich bin aber auch der Meinung bin, dass eine kleinere vierspurige B34-Lösung reichen würde, dafür aber ein größer geplantes Krankenhaus für die Region wichtiger wäre.
Beides kann man allerdings nicht miteinander verknüpfen. Solange ich kann, werde ich mich natürlich weiter für gute Lösungen einsetzen.
Das Interview wurde schriftlich per E-Mail geführt.
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