Ursula Freudig

Herr Roth, warum ist Pro Basistunnel für eine Taltrasse und gegen eine Bergtrasse, um den stockenden Verkehr in und um Waldshut zum Fließen zu bringen?

Eine Bergtrasse würde mit einer hohen Umweltbelastung, mit einem unangemessen hohen Landschaftsverbrauch und massiven Eingriffen in die Natur verbunden sein. Das Landschaftsbild und wertvolle Biotope würden zerstört werden. Eine Autobahn am Berg würde durch zahlreiche FFH- und Vogelschutzgebiete wie das Mühlbach- und Albtal führen. Insgesamt wäre das Kosten-Nutzen-Verhältnis schlecht. Da der regionale Verkehr von einer Bergtrasse weniger Vorteile hätte, ist von einer geringeren Entlastung Waldshuts auszugehen. Bei der Taltrasse wäre kein Naturschutzgebiet betroffen und der Flächenverbrauch minimal. Der regionale Verkehr hätte deutlich mehr Vorteile. Eine Autobahn zwischen Hauenstein und Lauchringen ist auch deshalb ein Irrweg, weil die A 98 so oder so in Lauchringen enden wird. Eine Anbindung bis nach Singen, wie vor langer Zeit geplant, ist gar nicht mehr möglich, unter anderem, weil Lauchringen für sich eine gut funktionierende Lösung gefunden hat.

Was für eine Lösung genau?

In Lauchringen wurde die ursprünglich als Autobahn geplante Umfahrung zur Bundesfernstraße rückgestuft. Eine solche Lösung ist auch für Waldshut möglich. Eine Rückstufung würde völlig neue Planungsmöglichkeiten eröffnen.

Was meinen Sie mit Rückstufung?

Wir sind der Meinung, dass die Lösung zum Problem passen muss. Nach unserer Überzeugung passt eine autobahnähnliche Straße zum Problem und die ist im Tal leichter zu realisieren als am Berg. Derzeit ist auf Grundlage des Bundesverkehrswegeplans eine Autobahn zu planen, die Großräume verbinden kann. Das heißt, dass sie bestimmte Voraussetzungen, wie beispielsweise durchgängig eine gewisse Straßenbreite und Aufnahmefähigkeit von rund 70.000 Fahrzeugen pro Tag erfüllen muss. Das entspricht der A5 zwischen Freiburg-Süd und Freiburg-Mitte. Dies ist im Tal aus Platzgründen nicht machbar, aber unserer Ansicht nach auch nicht nötig, weil wir nach Verkehrszählungen mit einem Verkehrsaufkommen von rund 25.000 bis 30.000 Fahrzeugen rechnen können. Die Deges muss, obwohl es eigentlich „Überregional“ ist, „Großräumig“ planen, weil es so im Bundesverkehrswegeplan steht, was dem Finden einer optimalen Lösung für die Region im Wege steht.

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Heißt das, Sie fordern, wie kürzlich der BUND, eine Überprüfung des Bundesverkehrswegeplans?

Ja, wir fordern eine Überprüfung, ob tatsächlich in der Kategorie „Großräumig“ geplant werden muss, um das Problem zu lösen. Wir sagen: Nein. Es sollte als „Überregional“ geplant werden, damit, wie in Lauchringen, auch eine Bundesfernstraße möglich wäre, die dann auch im Tal verwirklicht werden kann. Mit dieser Forderung sind wir Verbündete des BUND und eine Rückstufung würde auch den Zielen des Nabu näher kommen. Eine Überprüfung ist allein auch deshalb nötig, weil, wie bereits gesagt, der Bundesverkehrswegeplan noch davon ausging, dass eine durchgehende Autobahn bis nach Singen möglich wäre. Einen Planungsstopp wie vom BUND gefordert, halten wir aber zum jetzigen Zeitpunkt nicht für nötig, weil bis zum Ende einer Überprüfung noch keine Fakten geschaffen sind.

Als der BUND mit seinen Forderungen an die Öffentlichkeit trat, kritisierte ihn unter anderem der CDU-Bundestagsabgeordnete Felix Schreiner. Was sagen Sie dazu?

Wir wünschen uns eine offenere Diskussion. Die Vorgaben, innerhalb der man diskutieren darf, sind uns zu eng. Wir möchten keine Denk- und Planungsverbote. Die A 98 muss aufhören, ein Statussymbol für bestimmte Politiker zu sein. Wie Lauchringen, der Wohnort von Felix Schreiner und der SPD-Bundestagsabgeordneten Rita Schwarzelühr-Sutter zeigt, gibt es umweltschonendere Lösungsmöglichkeiten für eine leistungsfähige Ost-West-Verbindung als eine Autobahn.

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Wie sieht es Ihrer Ansicht nach beim Zeitrahmen aus?

Die Bauzeit hängt von unabsehbaren Faktoren ab. Ob alles nacheinander gebaut würde oder alle Brücken und Tunnel gleichzeitig, stellt einen riesigen Unterschied dar. Die Durchführung hängt aber immer einzig vom politischen Willen ab. Was ich aber sagen kann, ist, dass die Talvariante in zwei Stufen realisiert werden kann, also erst der Tunnel, dann der Anschluss von Tunnel bis Hauenstein. Das führt schon bei „halber Strecke“ zu einer Entlastung. Bei der Bergtrasse tritt die entlastende Wirkung erst voll ein, wenn sie komplett von Hauenstein bis Tiengen geht.

Und was ist mit den Kosten? Steht im Bundesverkehrswegeplan nicht, dass eine Bergtrasse wirtschaftlicher wäre?

Im Bundesverkehrswegeplan steht, dass das Nutzen-Kosten-Verhältnis für die Bergtrasse günstiger sei als für die Alternative. Daran haben wir erhebliche Zweifel. Es gibt Dokumente des Regierungspräsidiums Freiburg vom 31.07.2014, die einen Kostenvorteil für die Talvariante von 145,6 Millionen Euro aufzeigen. Ohne dass die möglichen Alternativen in Form von konkreten und detaillierten Trassenplänen unter gleichen Randbedingungen verglichen werden, ist die Frage der „Alternativlosigkeit“ nicht seriös zu beantworten. Die Deges erarbeitet im Auftrag von Bund und Land Alternativen. Unter anderem, weil aufgrund der hohen Umweltbetroffenheit eine Variantenprüfung gesetzlich vorgeschrieben ist. Das unterstützen wir sehr und kann am Ende dazu führen, dass Kosten, Nutzen und Bauzeiten seriös und transparent diskutiert werden können.

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Wie ist der Planungsstand bei Deges?

Dank des Einsatzes von Landrat Kistler ist es möglich, dass die Region, unter anderem vertreten durch die einzelnen Gemeinden, engagierte Bürger, die IHK, die Umweltverbände, die Bürgerinitiative JA zur A 98 JA zur Bergtrasse und Pro Basistunnel, die Planungen begleiten. In dieser Form der Öffentlichkeitsbeteiligung, den Planungswerkstätten, kann sich die Region bei der Variantenerarbeitung einbringen. Für den Sommer ist die vierte Planungswerkstatt vorgesehen. Wenn die erarbeiteten Varianten von Deges veröffentlicht werden, soll sich jeder Bürger dazu online äußern können. Im Herbst, vielleicht auch erst nächstes Jahr, soll die Vorzugsvariante feststehen, die dann von allen unterstützt werden soll.

Finden Sie diese Online-Einbindung der Bürger ausreichend?

Nein, uns ist das bei einer Entscheidung von solcher Tragweite nicht genug, deshalb planen wir zusätzlich eine Präsenzveranstaltung, sofern die Pandemie dies zulässt. Außerdem haben wir einen Film in Arbeit, der auf unserer Homepage zeigen wird, welche Zonen von einer Bergtrasse betroffen wären und der unsere Argumente für eine umweltschonendere Tal-Variante untermauern wird.

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Sind die Menschen Ihrer Ansicht nach überhaupt genügend über das Thema informiert, um sich eine eigene Meinung zu bilden und Position zu beziehen?

Nein, viele Bürger haben nicht auf dem Radar, was eine Bergtrasse bedeutet und wie nahe sie an ihren Häusern vorbeiführen würde. Weil sich über Jahrzehnte nichts getan hat, glauben viele, es passiert auch jetzt nichts. Aber das ist ein Trugschluss. Das Vorhaben ist im Bundesverkehrswegeplan enthalten und es wird konkret geplant. Jeder sollte sich also gut informieren und Gedanken machen. Auf unserer Webseite sind Informationsquellen zu finden.