Schon vier Monate vor dem Wahltermin wird es schon spannend. Denn mit dem früheren Beigeordneten von Waldshut-Tiengen, Martin Gruner, derzeit Beigeordneter der Stadt Weil am Rhein, hat bereits ein zweiter Kandidat sein Interesse an dem Amt des Oberbürgermeisters der Großen Kreisstadt bekundet. Und Gruner erhält aus dem Gemeinderat mächtig Rückenwind: Denn die drei Fraktionssprecher Harald Würtenberger (Freie Wähler) Claudia Hecht (SPD) und Harald Ebi (FDP) stellten sich bei einem gemeinsamen Pressegespräch deutlich hinter den angehenden Kandidaten.

Kandidat kennt Stadt und Strukturen

„Die Kandidatur als Oberbürgermeister von Waldshut-Tiengen ist für mich eine Herzensangelegenheit.“ So begründet Martin Gruner sein Bestreben, sich um den Chefsessel im Rathaus der Großen Kreisstadt zu bewerben. Es sei seine Stadt, hier fühle er sich wohl, hier sei seine Familie verwurzelt und hier pflege er freundschaftliche wie auch berufliche Verbindungen. Waldshut-Tiengen sei zum Lebensmittelpunkt für seine Familie und ihn geworden- und das seit über 20 Jahren, wie Gruner betont.

Den Großteil dieser Zeit hat der studierte Architekt Gruner in Diensten der Stadt – genauer im Bausektor der Stadtverwaltung – gearbeitet: Zwei Jahre lang war er ab 2002 technischer Angestellter und Sachgebietsleiter im Bereich Hochbau, zehn Jahre Hochbauamtsleiter, ehe er 2014 als Nachfolger von Manfred Beck zum Beigeordneten der Stadt gewählt wurde.

Er habe also Detailwissen über viele wichtige Bereiche der Stadt, kenne Strukturen und verfüge über ein großes Netzwerk, betont Gruner: „Insofern weiß ich, dass die Stadt mehr kann, als sie im Augenblick leistet. Ich verspüre aus vielen Gesprächen mit Bürgern Rückenwind und bin der Überzeugung, dass ein Wechsel an der Verwaltungsspitze vorhandenes und neues Potential freisetzen kann.“ Aus Bürgerschaft und Gemeinderat hätten ihn schon vor einem Jahr entsprechende Anfragen für eine Bewerbung erreicht, nach vielen Gesprächen und gründlicher Überlegung sei er zu dem Schluss gekommen, dass er diesen Schritt wagen wolle.

Breites Portfolio an Themen

„Die Herausforderungen von morgen werden wir nicht alle auf der Gemarkung von Waldshut-Tiengen lösen können“, davon ist Martin Gruner überzeugt. Themen wie Kinderbetreuung, Schulwesen, Energiewende oder auch Verkehr seien so groß, dass sie nur im Zusammenspiel mit den umliegenden Gemeinden oder als Region zu bewältigen seien.

Vernetzung, die Leute mitnehmen, auf Augenhöhe agieren – all das bezeichnet Gruner als persönliches Credo, das Grundlage für seine Arbeit sei, und mit dem er die Stadt voranbringen möchte. Darüber hinaus brauche es aber auch eine klare Strategie für die Zukunft: „Wir müssen Ideen entwickeln, und das rechtzeitig. Denn alles gleichzeitig können wir nicht bewältigen“, so Gruner. Das gelte mit Blick auf die zukünftige Nutzung des Klinikgebäudes, auf Synergieeffekte in der Stadt, auf die Lösung von Dauerbrennern wie dem Klettgau-Carré.

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Weitblick und Verantwortungsbewusstsein

Und die Stadt müsse sich ihrer Position und ihrer Verantwortung in der Region und darüber hinaus bewusst sein. Auch mit Blick auf Themen wie die Verkehrsproblematik oder den geplanten Bau einer weiteren Brücke nach Koblenz, dürfe Waldshut-Tiengen zum Beispiel die Verantwortung nicht pauschal an höhere Stelle verweisen, sondern müsse nach Ansatzpunkten suchen, um Lösungen zu ermöglichen, so Gruner weiter.

Die Aufgabe des OBs in dieser ganzen Angelegenheit sieht er darin, das Schiff auf Kurs zu halten und die Mannschaft in der Verwaltung zu motivieren und mitzunehmen. Diese Mannschaft gelte es im Fall der Stadtverwaltung aber überhaupt erst im notwendigen Maß zu rekrutieren. Denn der Personalmangel in den Rathäusern sei ein lange bekanntes Problem, das mit hoher Priorität in Angriff genommen werden müsse, sagt Gruner.

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„Dosierter Wahlkampf“

Die Stadtverwaltung verlassen hat letztlich auch er Anfang 2017. Auf eigenen Wunsch wechselte er zunächst zur Privatbrauerei Waldhaus, ehe er 2021 Beigeordneter von Weil am Rhein wurde. Dass dieser Abschied damals abrupt und aufgrund anhaltender Konflikte mit OB Frank erfolgte, ist ein offenes Geheimnis. Dennoch habe sein Wunsch, Oberbürgermeister von Waldshut-Tiengen zu werden, nichts mit Wiedergutmachung zu tun, betont Gruner auf Nachfrage unserer Zeitung: „Für ein solches Amt bedarf es schon mehr Motivation. Die liegt für mich bei der Stadt und ihren Bürgern und richtet sich nicht gegen den OB.“

Seinen Wahlkampf werde er in den kommenden Wochen beginnen – dosiert, systematisch und nachdem er sich in weiteren Gesprächen ein möglichst umfassendes Gesamtbild verschafft habe: „Daraus leite ich die Hauptpunkte meines Wahlprogramms ab.“ Dass er dabei auf große Unterstützung aus verschiedensten Bereichen der Bürgerschaft und aus dem Gemeinderat bauen könne, motiviere ihn dabei zusätzlich, wie er betont.

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