So viel Kritik musste sich Oberbürgermeister Philipp Frank wohl lange nicht in aller Öffentlichkeit anhören, wie in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats. Das finanzielle Planwerk, das im Mittelpunkt der Debatte stand, rückte dabei oft in den Hintergrund.
Stattessen nutzten nämlich insbesondere FDP und Freie Wähler die Haushaltsreden für eine Abrechnung mit dem Stadtoberhaupt. Frank selbst ließ die Vorwürfe zumindest in der Gemeinderatssitzung unerwidert.
FDP: „Erste Amtszeit war nicht von Erfolg gekrönt“
Freilich: Alle Fraktionen würdigten die derzeit schwierigen Rahmenbedingungen, die personellen Engpässe namentlich im Bauamt, der plötzliche Tod des Baubürgermeisters Joachim Baumert und die glückliche Fügung mit wichtigen Personalentscheidungen im zweiten Halbjahr und dem Abschluss von Projekten wie der Kornhaussanierung.
Dennoch geizte gerade Harald Ebi (FDP) nicht mit scharfer Kritik – gerade mit Blick auf Darstellungen der eigenen Leistungen, die OB Frank jüngst im Interview mit unserer Zeitung getätigt hatte.
„Die ersten Jahre Ihrer Amtszeit waren nicht von Erfolg gekrönt“, konstatierte er, um dann ins Detail zu gehen: „Mediationen mit zwei Baubürgermeistern, erschreckende Fluktuation im Bauamt, Thema Freibad Waldshut, haarsträubender GPA-Bericht. um einige Probleme, für die Sie als Oberhaupt und Chef verantwortlich sind, aufzuzählen.“
Für ihn als langjähriger, ehrenamtlich tätiger Stadtrat sei es eine „schallende Ohrfeige“ zu hören, dass alles, was vor Franks Amtszeit geschehen war – von Sanierungsstau über die Spitalproblematik bis zu Personalproblemen – als „schwer zu bewältigendes Erbe“ dargestellt werde: „Es war damals nicht einfach und es ist bis heute nicht einfacher geworden. Aber es war bekannt bei der Bürgermeisterbewerbung“, so Ebi.
Er und der ganze Gemeinderat wünschten sich sehr eine Kehrtwende ihres Oberbürgermeisters, betonte der FDP-Stadtrat.
Freie Wähler: „Wahlkampf hat unübersehbar bereits begonnen“
Auch Harald Würtenberger kritisierte namens der Freien Wähler, dass zwar „viele große und kleine Aufgaben darauf warten, angepackt und umgesetzt zu werden“. Es sei aber in den nächsten neun bis zehn Monaten wohl nicht zu erwarten, dass dies geschehe, zumal OB Frank den Wahlkampf „unübersehbar bereits begonnen“ habe, und „schon fleißig auf jeder, auf gut Alemannisch gesagt ‚Hundsverlochete‘ präsent“ sei, so Würtenberger. Und: „Während der Sitzung ist oft das Mobiltelefon wichtiger als die Sitzungsleitung“.

Die anhaltende Stauproblematik, die unzureichenden Bemühungen um Barrierefreiheit und die „Leuchtturmprojekte“ Feuerwehr-Kita und Kornhaussanierung, die sich nicht nur verzögert sondern auch eklatant verteuert hätten, Investorenprojekte, die nicht vorwärts kämen – all das seien Dauerbrenner, die gleichsam einen Bedeutungsverlust der Großen Kreisstadt offenbarten.
„Es ist eher so, dass die Leuchtturmprojekte nicht bei uns sondern in Lauchringen und Albbruck entstehen“, sagte Würtenberger mit Blick auf die Umgestaltung des Lauffenmühle-Areals in der östlichen und den Bau des Zentralklinikums in der westlichen Nachbargemeinde.
Grüne: „Langsamer Photovoltaik-Ausbau rächt sich“
Petra Thyen (Grüne) monierte, dass sich gerade in der aktuellen Energie-Krise der zu niedrige Ausbaugrad von Photovoltaik-Anlagen auf den städtischen Dächern negativ auswirke.

Ebenso sei es dringend notwendig, dass die Stadt Initiativen ergreife, um die ärztliche Versorgung zu verbessern. Denn: „Es ist nicht hinnehmbar, dass wir als Bürgerinnen und Bürger auf eine Facharztbehandlung Wochen, manchmal auch Monate warten müssen“, so Thyen. Vor allem müssten Anreize geschaffen werden, damit Mediziner sich in der Stadt niederlassen.
Darüber hinaus fordern die Grünen eine Klärung der Verhältnisse rund ums Klettgau-Carré in Tiengen ein, das in der jetzigen Form alles andere als einladend wirke. Und auch in Sachen sozialer Wohnungsbau sei dringender Handlungsbedarf.
SPD: „Mehr Tempo bei Sanierungsprogrammen“
In Vertretung von Fraktionssprecherin Claudia Hecht, gab Vize Dieter Flügel zu bedenken, dass die Stadt erstmals 2,25 Millionen Euro für die Heizung der städtischen Immobilien im Haushalt eingeplant habe. Immer wieder müsse höheren Kosten zugestimmt werden, weil Ausschreibungen nicht die gewünschten Ergebnisse brächten.

Vor allem appellierte er, das Sanierungsprogramm für Tiengen voran zu treiben, ehe die Förderzeiträume erschöpft seien. Ebenso müsse die Stadt deutlich mehr Anstrengungen in die Steigerung ihrer touristischen Attraktivität investieren und in die Barrierefreiheit des ÖPNV stecken, wobei die Bemühungen um den Ausbau des Radwegenetzes durchaus vorbildlich seien, so Flügel.
CDU: „Aufbruchstimmung nutzen, aber Handbremse anlegen“
Philipp Studinger appellierte indes namens der CDU-Fraktion, den Blick nach vorn zu richten. Nach allen Herausforderungen und Rückschlägen des zurückliegenden Jahres, gelte es, die im Bauamt entstandene Aufbruchstimmung zu nutzen, wenngleich „wir mit der Handbremse rangehen müssen, damit wir alle zusammen keinen Schiffbruch erleiden.“

Und unterm Strich stehen auch 18 Millionen Euro Investitionen: „Das ist ambitioniert, es ist aber kein Luxus dabei, sondern es sind zum Teil dringend notwendige Pflichtaufgaben.“ Vor allem müsse es aber Ziel sein, dass die Stadt nach turbulenten Zeiten „in ruhigere Gewässer fährt“, so Studinger.