Immerhin gebe es gute Nachrichten, was flächendeckende Tests anbelangt, sagt Hartmut Fricke, Geschäftsführer des Seniorenzentrums St. Franziskus in Bad Säckingen im Gespräch mit unserer Zeitung: Es werde nämlich gemäß einer Mitteilung an die Heimleitungen vom Mittwoch, erwogen, dass alle Bewohner und Mitarbeiter in Einrichtungen, in denen stationär alte Menschen untergebracht sind, auf Covid-19 getestet werden. Demnach sollen zunächst die Einrichtungen untersucht werden, in denen es bereits Erkrankungsfälle gegeben habe. Anschließend solle eine flächendeckende Testung erfolgen, so Fricke.

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Dies wertet der Geschäftsführer als überaus gute Nachricht, weil auf diese Weise für alle Beteiligten mehr Sicherheit geschaffen werde. Denn, so ergab eine Umfragen unserer Zeitung: Die Erfahrungen, die die Pflegeheime im Hinblick auf Corona-Tests gemacht haben sind durchaus unterschiedlich.

„Mehr Tests für mehr Sicherheit“

„Viele Ärzte reagieren durchaus zögerlich. In der Regel funktioniert es nur, wenn wir darauf beharren und auf Tests pochen“, schildert Geraldine Dumont, Leiterin des Marienhauses. Dabei könnten Einrichtungen erst dann reagieren, wenn tatsächlich ein Ergebnis vorliege.

Auch Ute Lurtz, Geschäftsführerin der Menschen im Alter GmbH, die die Seniorenheime Sonnenhalde in Bad Säckingen und Mühle in Herrischried betreibt, hält den Umstand, dass Tests gewissermaßen behördlich genehmigt werden müssen für hinderlich: „Für eine optimale pflegerische und medizinische Betreuung und zum Schutz der Senioren müssen wir über Tests vor Ort im genügenden Ausmaß verfügen können.“

Aus Sicht von Simone Baumgartner, Pressesprecherin des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) Baden-Württemberg, sei ein eklatanter regionaler Unterschied bei der Testbereitschaft erkennbar. Eine einheitliche Regelung hielte auch sie für sinnvoll, denn: „Jeder Test schafft ungeachtet des Ergebnisses Klarheit und Sicherheit, auch im Hinblick auf die personelle Planung.“

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Was die Vorbereitung auf Corona anbelangt, sehen sich die befragten Pflegeheime durchaus gut vorbereitet, wobei sich Krankheitsfälle noch im Rahmen halten. In vielen Einrichtungen hat es demnach noch keine Erkrankungen gegeben – weder beim Personal noch bei den Bewohnern.

Heime sehen sich gut vorbereitet

„Wir haben Vorkehrungen getroffen, um im Bedarfsfall angemessen reagieren zu können. Dies ist auf Grundlage der einschlägigen Empfehlungen geschehen“, sagt Hartmut Fricke. Konkret befinde sich das Franziskus-Heim in der komfortablen Situation, dass es hier ausschließlich Einzelzimmer gebe, so dass die Bewohner einfach durch Verbleib in ihren Zimmern isoliert werden können. Sollte die Zahl der Erkrankten Bewohner ansteigen, könne auch eine so genannte „Kohortenisolierung“ bewerkstelligt werden – jedoch in begrenztem Umfang, räumt Fricke ein: „Wir sind mit 100 Bewohnern aktuell voll belegt, weswegen Ausweichmöglichkeiten begrenzt sind.“ Außerdem seien auch rechtliche Rahmenbedingungen zu beachten: „Ein Zimmer ist mit einer Wohnung gleichzusetzen, das heißt, wir brauchen einen guten Grund, um Bewohner dauerhaft in andere Räumlichkeiten zu verlegen“, so Fricke. „Mit der Schutzausrüstung gibt es Engpässe – ist ja allgemein bekannt. Aber wir sind im Moment und für die nächsten Tage ausgestattet.“

Auch das Marienhaus hat Möglichkeiten, Bewohner zu isolieren und notfalls eine ganze Quarantänestation mit 15 Plätzen einzurichten, sagt Dumont. Schwere Fälle müssten aber trotz allem in einem Krankenhaus behandelt werden: „Hierfür fehlt uns hier das Fachpersonal wie auch die notwendige Technik“, so Dumont. Was Schutzmasken anbelangt, sei das Pflegeheim bestens ausgestattet. Im Alltag sei seit zwei Wochen das Tragen konventioneller Mundschutze obligatorisch. Bei Krankheitsfällen kämen Schutzkleidung und Mundschutze ab FFP-2 zum Einsatz: „Wir haben einen ausreichenden Bestand. Zudem ist eine Bestellung getätigt, so dass in Kürze weitere Materialien ankommen.“

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Laut Ute Lurtz können in den Heimen Sonnenhalde und Mühle alle Senioren isoliert werden. „Dabei ist allerdings die Mitarbeiterbesetzung zu beachten, wobei derzeit die Rekrutierung eine Herausforderung darstellt“, räumt sie ein. Grundsätzlich seien alle Senioren derzeit in ihren Zimmern. „Mitarbeitende, die Covid-19-Patienten betreuen, pflegen ausschließlich infizierte Senioren.“ Die Ausstattung mit Schutzkleidung sei gewährleistet. Im Moment verfügen die Einrichtungen über Schutzkleidung für rund drei Wochen. Weitere Ware sei bestellt.

Der ASB hat im Hinblick auf Materialbeschaffung zwischenzeitlich auf ein zentralisiertes Bestellsystem umgestellt, sagt Simone Baumgartner: „Wir haben beispielsweise 250.000 FFP-Schutzmasken gekauft und an unsere Einrichtungen verteilt.“ Dennoch bleibe das Thema Beschaffung eine „Riesenherausforderung“. Aktuell seien alle ASB-Einrichtungen in Baden-Württemberg gut ausgestattet, doch man könne nicht sagen, wie lange das so bleibe. Was die Lage im Pflegeheim Rheinblick in Laufenburg anbelange, sei eine Isolierung von Corona-Patienten nur in begrenztem Maße möglich, weil das Haus aktuell voll belegt sei. Lediglich drei Doppelzimmer könnten für Quarantäne-Zwecke genutzt werden. Ansonsten müssten gegebenenfalls andere Einrichtungen hinzugezogen werden.

Freiheiten von Heimbewohner werden immer stärker beschnitten

Die Bemühungen, insbesondere Senioren als Hochrisikogruppe für einen schweren Verlauf im Falle einer Corona-Erkrankung zu schützen, haben aber auch zu einer drastischen Beschneidung persönlicher Freiheiten geführt, die teils weit über die allgemeinen Beschränkungen für das öffentliche Leben hinausgehen. Es gelten seit Wochen Besuchsverbote, Gruppenangebote sind auf Eis gelegt, seit Dienstag gilt obendrein eine Ausgangssperre für Heimbewohner.

„Gegenwärtig sind die Beschränkungen zum Schutz vulnerabler Risikogruppen sinnvoll, sie können aber nicht von Dauer sein und müssen intensiv überprüft werden“, warnt Hartmut Fricke. Vor allem müssten mittelfristig auch noch andere Maßgaben zugrundegelegt werden als lediglich naturwissenschaftliche.

Die Einrichtungen versuchen ihr Möglichstes, um den Bewohnern trotz allem ihre sozialen Kontakte zu erhalten. Im Marienhaus sind beispielsweise Telefonate kostenlos, zudem wurde nun auf die Osterfeiertage ein Video-Telefonie-Angebot eingerichtet, schildert Geraldine Dumont. Auch die anderen Heime tun ihr möglichstes, um die Bewohner bestmöglich zu unterhalten und zu beschäftigen. „Dass die Menschen den Sinn erkennen und akzeptieren, hilft uns dabei sehr“, so der einhellige Tenor.

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Pflegekräfte leisten Übermenschliches

Generell bedeutet all das allerdings, dass die Pflegekräfte zusätzlich zu ihrem ohnehin schon nicht einfachen Arbeitsalltag noch wesentlich stärker im Hinblick auf die Freizeitgestaltung gefordert sind. Überhaupt könnten Außenstehende kaum ermessen, welch herausragende Leistung die Pfleger momentan erbrächten, betonen die Vertreter der Einrichtungen. Hartmut Fricke dazu: „Wenn wir bisher dachten, wir sind in der Pflege bisher an die Grenzen gegangen, dann sind wir jetzt über die Grenze hinaus gelangt. Und es funktioniert trotzdem.“

Kraft schöpfen alle Beschäftigten aus der Anerkennung der Angehörigen, der Bewohner und der vielen Helfern und Unterstützer von außen, die mit zahllosen Aktionen und Solidaritätsbekundungen jeden Tag aufs Neue Mut machen, nicht nachzulassen.