Jahrelang haben sich Gertrud Bernauer-Eckert und Karin Höhl ehrenamtlich für das Gemeindeteam in Oberlauchringen engagiert. Die rührigen Katholikinnen haben Suppensonntage und Kirchencafés organisiert, sich um die Kommunionkinder gekümmert, Messen vorbereitet und Wortgottesdienste gehalten, wenn der Pfarrer keine Zeit hatte.

Nun haben beide sämtliche Ämter in der Gemeinde niedergelegt und sind aus der katholischen Kirche ausgetreten. Als Grund für diesen drastischen Schritt geben die Lauchringerinnen im Gespräch mit dem SÜDKURIER das Schreiben von Papst Franziskus an, das unter dem Namen „Querida Amazonia“ im Februar dieses Jahres veröffentlicht wurde.

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Gertrud Bernauer-Eckert fasst das Schreiben des Papstes, das eine Art Rückschau auf die Bischofssynode der Länder der Amazonas-Region darstellt, mit ihren Worten zusammen: „Das ist eine ganz klare Absage an die Weihe für verheiratete Männer und für Frauen.“

Die Aussagen des katholischen Kirchenoberhaupts „haben mir den Boden unter den Füßen weggezogen. Ich bin sehr enttäuscht“, sagt Karin Höhl. Gertrud Bernauer-Eckert erinnert sich, wie sie sich fühlte, als sie die Nachricht aus dem Vatikan vernahm. „Ich war todtraurig und wütend. Ich habe gedacht: Jetzt habe ich keinen Platz mehr in dieser Kirche.“

Aufschrei nach Papst-Aussage bleibt aus

Was sie ebenfalls enttäuscht habe: „Ich habe erwartet, dass ein Aufschrei durch Deutschland geht.“ Doch dies sei nicht der Fall gewesen. „Ich denke, wegen Corona ist das Thema versandet“, fügt Karin Höhl hinzu.

Dabei waren die beiden Frauen bis vor Kurzem noch zuversichtlich, dass ihre Bemühungen im Kampf für die Gleichstellung von Männern und Frauen in der katholischen Kirche in naher Zukunft von Erfolg gekrönt sein könnten.

„Jetzt habe ich keinen Platz mehr in dieser Kirche.“
Gertrud Bernauer-Eckert
Gertrud Bernauer-Eckert
Gertrud Bernauer-Eckert | Bild: Juliane Schlichter

Gemeinsam mit ihrer Mitstreiterin Ulrika Schirmaier, die nach wie vor Mitglied des Gemeindeteams Unterlauchringen und des Pfarrgemeinderats der Seelsorgeinheit Mittlerer Hochrhein St. Verena ist, haben sie im vergangenen Jahr viel erreicht.

Im Mai organisierten sie in der Seelsorgeeinheit einen zweiwöchigen Kirchenstreik, bei dem sie unter anderem die Öffentlichkeit darauf aufmerksam machen wollten, dass ein Großteil der Kirchenarbeit ohne das ehrenamtliche Engagement von Frauen nicht möglich sei.

Max Mutzke und Annegret Kramp-Karrenbauer als Unterstützer

Mit ihrer Aktion, die als Vorbild die Initiative „Maria 2.0“ aus Münster hat, erfuhren die Frauen große Resonanz aus der eigenen und aus umliegenden Seelsorgeeinheiten. Zu ihren Unterstützern zählen der Waldshut-Tiengener Sänger und Musiker Max Mutzke sowie die beiden Bundestagsabgeordneten Rita Schwarzelühr-Sutter und Felix Schreiner. Dieser hatte im Sommer sogar ein Treffen mit der CDU-Bundesvorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer in Berlin mitinitiiert.

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Im September 2019 folgte schließlich der Höhepunkt ihrer Aktivitäten: Schirmaier, Höhl und Bernauer-Eckert reisten nach Hessen, wo sie Kardinal Reinhard Marx, dem damaligen Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, die in Fulda tagte, eine Petition mit rund 5000 Unterschriften überreichten. Diese hatten die drei Lauchringerinnen seit Beginn des Kirchenstreiks Mitte Mai gesammelt.

Freiburger Erzbischof lehnte Treffen drei Mal ab

Eigentlich hatten die Frauen beabsichtigt, die Petition dem Freiburger Erzbischof Stephan Burger persönlich auszuhändigen, der als Leiter der Erzdiözese auch zuständig für die Seelsorgeeinheit Mittlerer Hochrhein St. Verena ist. Dies hatten sie den Unterzeichnern versprochen. Doch der Geistliche habe drei Anfragen nach einem Termin aus Zeitgründen abgesagt.

Nach ihrem Entschluss, aus der katholischen Kirche auszutreten, hat Gertrud Bernauer-Eckert einen Brief an Stephan Burger geschrieben und ihm darin mitgeteilt, dass sie für sich keine Perspektive mehr sehe und sich zu müde und kraftlos fühle, um den Kampf der Frauen in der Kirche weiterzuführen.

„In seinem zweiseitigen Brief schrieb er unter anderem, dass er meine Enttäuschung nachvollziehen kann, aber letzten Endes ist er dem Papst gegenüber loyal“, zitiert die Sozialarbeiter aus Stephan Burgers Antwortschreiben.

„Der Vatikan ist eine Männermachtzentrale.“
Karin Höhl
Karin Höhl
Karin Höhl | Bild: Juliane Schlichter

Im Gemeindeteam Oberlauchringen seien nach dem Ausscheiden der beiden Ehrenamtlichen „Tränen geflossen“, berichtet Karin Höhl, die mit ihrem Mann in Oberlauchringen einen Steinmetzbetrieb führt. „Auch Pfarrer Ulrich Sickinger hat die Nachricht außerordentlich geschmerzt, aber er kann unsere Entscheidung gut verstehen“, sagt Höhl über die Reaktion des Leiters der Seelsorgeeinheit St. Verena.

Gegenüber unserer Zeitung hatte Sickinger im vergangenen Jahr im Zusammenhang mit dem Kirchenstreik gesagt: „Der Zugang zum Priestertum muss aktualisiert werden. Dabei schließe ich Frauen nicht aus.“

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Pater Bernhard Fuhrmann, pastoraler Mitarbeiter der Seelsorgeeinheit St. Verena, bedauert ebenfalls Höhls und Bernauer-Eckerts Ausscheiden. „Es ist traurig, dass solche Entwicklungen in unserer Kirche stattfinden“, sagt er auf Nachfrage unserer Zeitung. Er persönlich leide sehr unter dem Verlust, den vor allem das Gemeindeteam Oberlauchringen erlitten hat. „Die beiden waren sehr engagiert. Das war ein richtig gutes Miteinander“, fügt der Salvatorianerpater hinzu.

Bei der Pfarrgemeinderatswahl Anfang April dieses Jahres hatte Karin Höhl in der Seelsorgeeinheit St. Verena das zweitbeste Ergebnis geholt. Die Abstimmung überschnitt sich allerdings mit ihrer Entscheidung, aus der Kirche auszutreten. Ein Rückzug von ihrer Kandidatur sei so kurzfristig nicht möglich gewesen. „Ich habe meine Wahl nicht angenommen und war traurig darüber, meine Wähler zu enttäuschen“, erzählt Höhl.

Für die Institution Kirche, der sie den Rücken gekehrt hat, findet sie deutliche Worte: „Der Vatikan ist eine Männermachtzentrale.“ Pater Fuhrmann räumt ein, dass die hierarchischen Strukturen der katholischen Kirche dafür gesorgt hätten, Macht aufzubauen. „Ich finde es wichtig, dass sich weniger die Institution weiterentwickelt, sondern vielmehr die Gemeinden und diese mehr Freiheiten bekommen“, sagt der Geistliche.

Karin Höhl habe die Glaubensgemeinschaft auch verlassen, um sich nicht länger „wie eine Insolvenzverschlepperin“ zu fühlen. Denn Karin Höhl und Gertrud Bernauer-Eckert sind der Meinung: „Mit unserem ehrenamtlichen Engagement haben wir dazu beigetragen, das marode System der Kirche aufrechtzuerhalten.“

Ulrika Schirmaier hat für sich eine andere Konsequenz aus dem Papst-Schreiben und der damit verbundenen Enttäuschung gezogen: „Ich will noch nicht austreten.“ Sie vertritt die Meinung, dass es wichtig sei, „in der Kirche zu bleiben und dass Veränderungen aus der Kirche heraus möglich sind“.

Schirmaier verweist dabei auch auf einige Bischöfe, die die drei Frauen in ihrem Anliegen unterstützt hätten. „Ich habe große Hoffnung, dass da noch was geht und unser Anliegen nach Rom getragen wird“, sagt sie.

„Ich will noch nicht aus der katholischen Kirche austreten.“
Ulrika Schirmaier
Ulrika Schirmaier
Ulrika Schirmaier | Bild: Juliane Schlichter

Zuversicht findet die hauptberufliche Verwaltungsangestellte unter anderem in einer Aussage des neuen Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz: In einem Interview hatte Georg Bätzing vor gut einem Monat erklärt: „Das Diakonat für Frauen halte ich für sehr legitim.“

„Ich finde euren Schritt mutig“, sagt Ulrika Schirmaier an Karin Höhl und Gertrud Bernauer-Eckert gerichtet. Sie selbst fühle sich nicht bereit, die Kirche zu verlassen, denn diese sei für sie „ein Stück Heimat und meine Wurzeln“, die sie verlieren würde.

An der Zusammenarbeit der drei Frauen im Kampf für die Gleichberechtigung von Frauen in der katholischen Kirche werde sich nichts ändern. „Wir stehen dahinter und werden weiterhin zu den Veranstaltungen gehen und Ulrika unterstützen“, betont Karin Höhl.

Aktionsgruppe will Gebete nach Corona fortsetzen

Mit ihrer gemeinsam ins Leben gerufenen Aktionsgruppe „Kirche-Frauen-Zukunft“ planen sie, die wegen der Corona-Pandemie unterbrochene Gebete für Gleichberechtigung fortzusetzen, die bis zur Unterbrechung an verschiedenen Orten in der Seelsorgeeinheit stattfanden.

Karin Höhl ist es wichtig, zu betonen, dass „mein Kirchenaustritt nicht bedeutet, dass ich vom Glauben abgefallen bin“. Genau wie Gertrud Bernauer-Eckert sei sie nun auf der Suche nach einer „neuen geistigen Heimat“. Während Erstere sich „am ehesten bei den Altkatholiken aufgehoben fühlt“, sieht Höhl ihre Zukunft in einer evangelischen Kirchengemeinde. „Corona erschwert allerdings die Kontaktaufnahme“, berichtet Bernauer-Eckert.

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