Ende 2027 soll die elektrifizierte Hochrheinbahn in Betrieb gehen. Zwischen Basel und Erzingen sollen dann mehr, bequemere, schnellere, schadstoffärmere und leisere Züge verkehren. Kein Wunder, dass am Hochrhein das 330-Millionen-Euro-Projekt (in Preisen von 2021) allermeistens im Grundsatz begrüßt wird.
Kommunen, private Einsprecher und Behörden warfen eingeladen
Aber es gibt auch Sorgen deswegen, vor allem wegen erwarteter Beeinträchtigungen während der zweijährigen Bauphase, wie sich am Mittwoch in der Flößerhalle des Bad Säckinger Stadtteils Wallbach zeigte.

Dorthin hatte das Regierungspräsidium Freiburg die betroffenen Kommunen, private Einsprecher, Behörden und andere Träger öffentlicher Belange eingeladen.
Der Abschnitt umfasst 27 Kilometer Bahn in sechs Gemeinden
Gemeinsam mit der DB Netz AG sollten sie im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens das Vorgehen beim dritten von vier Abschnitten des Projekts erörtern. Er reicht von der Landkreisgrenze Waldshut im Westen bis zur Stadtgrenze von Waldshut-Tiengen in Osten und verläuft 27 Kilometer lang über Wehr, Bad Säckingen, Murg, Laufenburg, Albbruck und Dogern.
Wehr und Laufenburg fordern zusätzlichen IRE-Halt
Weil die elektrischen Züge schneller fahren als die im Augenblick verwendeten dieselbetriebenen, ist nicht nur eine engere Taktung möglich sondern auch der Bau eines zusätzlichen Bahnhalts. Er soll in Wallbach entstehen. Der IRE kann einen zusätzlichen Stopp einlegen. Hier meldete der Wehrer Bürgermeister Michael Thater Ansprüche an: „Die viertgrößte Stadt an dieser Strecke erwartet einen IRE-Halt!“
Doch auch Laufenburg streckt den Finger. „Wir fordern nach wie vor den IRE-Halt und sehen uns auch als idealen Standort an“, erklärte Bürgermeister Ulrich Krieger.

Im Fokus des Erörterungstermins standen Lärm, Staub und Erschütterungen, die von den 2025 bis 2027 vorgesehenen Bauarbeiten ausgehen könnten. Dass es der Laufenburger Bürgermeister war, der unterstützt von einem Verwaltungsjuristen und einem Gutachter besonders hartnäckig nachfragte, hat Gründe. In Laufenburg sind die bautechnisch und topographisch anspruchsvollsten Aufgaben des Bahnprojekts zu meistern. Deshalb wird in hier besonders lange gebaut, und die Arbeiten wirken sich besonders stark auf die Anwohner aus.
40 Monate lang wird zwischen Brennet und Dogern abschnittsweise gebaut
Etwa 40 Monate lang soll zwischen der Grenze zum Landkreis Lörrach und der Dogerner Gemeindegrenze zu Waldshut-Tiengen abschnittsweise an der Bahnstrecke gebaut werden. Mit der Errichtung der Oberleitungsanlagen, dem Um- beziehungsweise im Falle Wallbachs Neubau der Haltestationen sowie weiteren Arbeiten wird im Westen begonnen und im Osten abgeschlossen.
Im Laufenburger Rappensteintunnel müssen die Gleise 60 Zentimeter tiefergelegt werden, um die Oberleitung einbauen zu können.
Für ein Jahr lang wird die Strecke zwischen Rheinfelden und Albbruck gespert
„Wir sind derzeit stabil im Zeitplan. Nichtsdestotrotz müssen wir uns ein bisschen sputen“, sagte Ronald Heil, der Projektleiter der DB Netze. Alle Baumaßnahmen sollen möglichst in Zugpausen oder Teilsperrungen während verkehrsarmer Zeiten erfolgen. Für die Baumaßnahmen im Rappensteintunnel ist eine zwölfmonatige Totalsperrung zwischen Rheinfelden und Albbruck vorgesehen.
Das Konzept der DB Netze sieht auch Nachtarbeit vor. Vor allem während der Rammarbeiten für die Gründungen der Oberleitungen erwarten die Gutachter der DB Netze entlang der Bahnlinie nachts zwischen 20 Uhr abends und 7 Uhr morgens zum Teil beträchtliche Überschreitungen der in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift (AVV) Baulärm für Wohngebiete genannten Immissionswerte.
Laufenburgs Bürgermeister will wissen: „Geht es nicht ohne Nachtarbeit?“
„Wie viele Tage arbeiten sie nachts? Geht es nicht ohne Nachtarbeit? Und wenn nein: warum?“, wollte der Laufenburger Bürgermeister wissen. Der Rechtsbeistand der Stadt bestand auf der Verlegung besonders lärmintensiver Arbeiten auf den Tag und der Errichtung von Schallschutzbauten.
Nächtliche Arbeiten seien zum Teil unvermeidbar, hielt DB Netze-Bauleiter Heil entgegen. Denn nur bei Nachtschichten könne zügig ohne ohne Zugverkehr gearbeitet werden. Dies diene nicht zuletzt der Verkürzung der Bauzeit und sei deshalb letztlich auch im Sinne der Anwohner.
Kopfzerbrechen bereitet in Laufenburg auch die Nutzung öffentlicher Verkehrsflächen für die Baustellenvorbereitung. Um eine möglichst reibungslose Abwicklung der Busverkehre am Ostbahnhof zu ermöglichen, regte Bürgermeister Krieger an, dass die DB Netze Baumaterial statt auf dem Parkplatz des Bahnhofs auf einer Ackerfläche am Bahnübergang Himmelreich lagern solle.
Wenn der Kindergarten verlegt wird, könnte die Bahn das Freigelände für die Baustelle nutzen
Für die Brunnenmatt schlug Krieger die Verlegung des im ehemaligen Feuerwehrhaus untergebrachten Kindergartens Eulennest vor. Dann wären die umfangreichen Freiflächen vor dem Gebäude für die Baustellenvorbereitung frei. Allerdings müsse die DB Netze einen Teil der Kosten – die Rede war von bis zu 1,3 Millionen Euro – für die Verlegung des Kindergartens tragen. Projektleiter Heil sagte zu, beide Vorschläge zu prüfen.
Probleme macht auch die Nutzung der Bahnhofstraße am Westbahnhof zur Bauvorbereitung. Sie wird als Rettungsweg und als Zugang der schweren Müllfahrzeuge in die Altstadt benötigt, auch der Hochrhein-Radweg verläuft auf ihr.

Auch 29 Einwendungen von Privatleuten gegen die Pläne der DB Netze gibt es. Einige davon wurden in Wallbach mündlich vorgetragen, um Auskunft von der Projektträgerin zu erhalten. Hier ging es um Dinge wie den Wertverlust von Obstbäumen in Rhina, den Sichtschutz für ein privates Gelände am zukünftigen Bahnhalt Wallbach oder den denkmalgeschützten ehemaligen Bahnhof in der Laufenburger Altstadt.
Hat die Elektrifizierung mehr Güterverkehr zur Folge? Die DB Netz verneint
Angesprochen wurde auch die Frage, ob die Elektrifizierung nicht eine stärkere Nutzung der Hochrheinstrecke für den Güterverkehr zur Folge haben werde. Stephan Padberg, der für das Regierungspräsidium die Erörterung leitete, nutzte dies, diese Frage grundsätzlich klären zu lassen. „Aus heutiger Sicht spricht nichts dafür, dass mehr Güterverkehr zu erwarten ist“, sagte dazu für die DB Netz AG Günther Lohr.
Das Regierungspräsidium sammelt die bei der Erörterung vorgetragenen Argumente und Gegenargumente und leitet sie zusammen mit seiner Stellungnahme an das Eisenbahnbundesamt weiter. Dieses wird bis Ende 2023 den Planrechtsbeschluss treffen.
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