Friedlich plätschert der Stadtbach seit Jahr und Tag durchs Tiengener Städtle. In der Hauptstraße ist der Miniaturfluss jetzt im Winter abgedeckt. Auf den Holzbohlen stehen die von Kindern geschmückten Christbäume, die für weihnachtliche Stimmung in der Altstadt sorgen. Im Sommer sucht so mancher Hund in dem schmalen Gewässer eine Abkühlung.

Doch neben Wasser transportiert der Tiengener Stadtbach noch etwas anderes: Kalk – und dies nicht zu knapp. Laut Tiefbauamtsleiter Theo Merz spült der Talbach, von dem der Stadtbach abgeleitet wird, extrem kalkiges Wasser in den Kanal. Geologisch besteht die Gegend um Tiengen überwiegend aus Kalkstein.

Pro Jahr drei Millimeter Ablagerungen

Das kalkhaltige Wasser bringt Probleme mit sich: „Pro Jahr bauen sich an den Wänden der Rohre drei Millimeter Ablagerungen auf“, erklärte Merz bei einem Rundgang durch Tiengen auf Einladung des CDU-Ortsverbands. Auf dem Programm standen Projekte des Tiefbauamts, die bereits begonnen haben oder in den Startlöchern stehen.

Der Stadtbach verläuft auch durch die Tiengener Hauptstraße. Aktuell ist er mit Holzbohlen abgedeckt.
Der Stadtbach verläuft auch durch die Tiengener Hauptstraße. Aktuell ist er mit Holzbohlen abgedeckt. | Bild: Juliane Schlichter

Eines dieser Projekte ist der Stadtbach, der in weiten Teilen der Innenstadt unterirdisch verläuft. Dessen Wasser wird vom Talbach abgeleitet, der südlich des Ortsteils Aichen entspringt, fließt über die Peter-Thumb-Straße in die Hauptstraße und in die Berliner Straße, bis es schließlich im Bereich des Kaltenbachs in die Wutach mündet.

Laut Theo Merz teilt sich der Stadtbach im Bereich der Innenstadt in drei große Stränge auf. Über eine weitere Abzweigung treibt der Stadtbach auch das Wasserrad der historischen Tiengener Öhlmühle in der Fahrgasse an.

„Der Stadtbach gehört schon immer zu Tiengen“, berichtete Merz den Teilnehmern des abendlichen Rundgangs. Natalie Rindt, Vorsitzende des CDU-Ortsverbands Tiengen, freute sich, darunter neben interessierten Bürgern auch Vertreter anderer Fraktionen des Gemeinderats zu sehen. Der genaue Verlauf des Gewässers sei früher ausschließlich „mündlich übertragen“ worden, erklärte der Tiefbauamtsleiter, der seit sechs Jahren für die Große Kreisstadt arbeitet.

Kamera fährt Rohre ab

Erst vor zwei Jahren sei der Stadtbach ins sogenannte Grundkataster aufgenommen worden. „Wir sind ihn dafür mit einer Kamera abgefahren“, fügte Theo Merz hinzu. Bei dieser Untersuchung seien auch die starken Kalkablagerungen entdeckt worden.

In der Zubergasse fließt derzeit kein Wasser.
In der Zubergasse fließt derzeit kein Wasser. | Bild: Juliane Schlichter

Und wie lässt sich der Kalk, der jedes Jahr die Rohre um drei Millimeter verengt, entfernen? „Mit Spülungen kommen Sie nicht weit“, betonte Theo Merz, denn der „Kalk ist wie Beton und klebt an den Wänden“. Ein Spezialunternehmen sei den Ablagerungen mit einer Hochdruckfräse zu Leibe gerückt. „80.000 Euro haben wir dieses Jahr in den Stadtbach investiert“, erklärte der Tiefbauamtsleiter. 2023 sollen weitere Arbeiten folgen.

Unterschiedlicher Durchmesser der Rohre

Die Grünen-Stadträtin Claudia Linke erkundigte sich bei Theo Merz nach der Dicke der Stränge. Der Durchmesser sei unterschiedlich, antwortete er. „Die Spannweite reicht von 50 Zentimetern bis aufrecht gehen“, fügte er hinzu.

Claudia Linke bat außerdem darum, bei der nächsten Inspektion dabei zu sein. „Wenn der Kamerawagen kommt, sagen Sie Bescheid. Wir wollen gern dabei sein“, sagte sie im Namen ihrer Gemeinderatskollegen.

Kleine Wasserkraftwerke als Vorschlag

Der Tiengener Bürger und Geschäftsmann Michael Schüz schlug vor, zu prüfen, ob man an Bächen der Umgebung kleine Wasserkraftwerke zur Stromgewinnung errichten könnte. „Das Thema nehmen wir mit zu den Stadtwerken“, versprach Oberbürgermeister Philipp Frank.

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