In vielen Punkten bezüglich der Elektrifizierung der Hochrheinbahn lichtet sich allmählich der Nebel, einige Fragen sind aber noch nicht abschließend geklärt. Klar ist allerdings: Für die Stadt Waldshut-Tiengen bieten sich mit dem Jahrhundertprojekt erhebliche Chancen, denn das Angebot im Bereich Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) gewinnt laut Planung deutlich an Attraktivität.

Doch das hat auch seinen Preis – und der könnte in den nächsten Jahren noch steigen. Auch müsste die Stadt nach derzeitigem Planungsstand auch die ein oder andere Kröte schlucken, wie Rechts- und Ordnungsamtsleiter Ralph Albrecht jetzt dem Gemeinderat darstellte. Es werde aber an Lösungen der Probleme gearbeitet.

Wie viel muss die Stadt für die Elektrifizierung bezahlen?

Stand 2021 werden die Gesamtkosten der Elektrifizierung auf 330 Millionen Euro beziffert. Dabei wird der Bund bis zu 90 Prozent der Kosten der Elektrifizierungsmaßnahmen übernehmen sowie bis zu 75 Prozent der Ausbaumaßnahmen. Auch eine Planungspauschale wird gewährt. Alles in allem summiert sich das auf etwa 267 Millionen Euro.

Die verbleibenden Kosten teilen sich die deutschen und Schweizer Beteiligten an dem Projekt, so Albrecht weiter. Der Landkreis Waldshut und die Anlieger-Kommunen an der Hochrheinbahn hätten sich nun auf eine Verteilung der Kosten geeinigt. Dieser sieht eine Pauschale von 75 Euro pro Bürger vor.

Im Fall der Großen Kreisstadt mit ihren 24.000 Einwohnern beliefen sich die Kosten somit auf 1,8 Millionen Euro. Davon müssten 1,2 Millionen für die Neuerrichtung der Fußgänger- und Fahrradbrücke in Gurtweil direkt an die Bahn gezahlt werden, so Albrecht.

Weitere knapp 700.000 Euro werden für den neuen Bahnhaltepunkt Waldshut-West nahe des Landratsamts fällig. So müsse die Stadt also 2,5 Millionen Euro einkalkulieren, die im nächsten Haushalt, sowie in der mittelfristigen Finanzplanung bereits berücksichtigt seien, schildert Albrecht.

Jedoch: Der tatsächliche Beitrag der Stadt könnte am Ende noch deutlich höher ausfallen. Eine definitive Aussage lasse sich erst am Ende treffen, wenn sämtliche Bau- und Materialkosten vorliegen.

Aufzug oder Rampe – noch ist das letzte Wort nicht gesprochen

Die barrierefreie Anbindung der Gleise zwei und drei ist eines der Streitthemen zwischen Stadt und der Deutschen Bahn, bei denen auch der Erörterungstermin im November noch keine Lösung gebracht habe, so Ralph Albrecht.

Konkret favorisiert die Bahn einen Aufzug zur Problembehebung, verweist dabei unter anderem auf die leichte Umsetzbarkeit aber auch auf die vorgeschriebenen Maße für den Bau einer Rampe, die sich am Bahnhof Waldshut nicht realisieren ließen.

Derweil liege seit Anfang Februar ein neuer Vorschlag des früheren Stadtrates Gerd Jacobshagen vor, der eine neue Gleisanordnung vorsieht, so Albrecht weiter. Konkret gehe es um die Verlegung des dritten Gleises in Richtung Norden: „Damit würde am Mittelbahnsteig ausreichend Platz geschaffen, um doch eine Rampe realisieren zu können.“ Der Vorschlag sei inzwischen zur Prüfung bei der Anhörungsbehörde vorgelegt worden.

Denn damit könnte auch gleichzeitig ein zweites Problem gelöst werden, das die Stadt umtreibt, so Albrecht weiter.

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Fußgänger- und Fahrradunterführung soll offen gehalten werden

Konkret könnte nämlich mit der neuen Gleisanordnung auch ein Platzproblem gelöst werden – was im Idealfall zum Erhalt der Unterführung ins Ziegelfeld beitragen könnte. Laut derzeitiger Planung will die Bahn diese Unterführung entfernen.

Wie Oberbürgermeister Philipp Frank hinzufügte, ist die Grundlage für diesen Ansatz ein Kreuzungsvertrag zwischen Stadt und Bahn aus dem Jahr 2010, der eine Verlagerung des Radverkehrs auf die Kolpingbrücke vorsieht. Dies laufe aber den städtischen Planungen zum Ausbau des Radwegenetzes entgegen, so Frank.

Bereits beim Erörterungstermin habe die Bahn als Alternative den Bau einer neuen Eisenbahnüberführung in den Raum gestellt. Da dies aber für die Stadt Investitionskosten von über sieben Millionen Euro bedeuten würde, arbeite man seitens der Verwaltung an einem Erhalt des Status Quo.

Interessenkonflikt beim früheren Lonza-Gleis

Der dritte strittige Punkt betrifft das stillgelegte Lonza-Gleis. Dieses möchte die Stadt als Lückenschluss für den Radweg zwischen Zoll und Bahnhof Waldshut nutzen. Die Bahn wiederum hatte diesen Bereich als Ausgleichsfläche vorgesehen.

Beim Erörterungstermin habe sich aber bereits gezeigt, dass eine Lösung des Problems relativ einfach möglich wäre, so Albrecht. Denn im Grunde müsse die Stadt einfach eine alternative Ausgleichsfläche zur Verfügung stellen. Auch eine inzwischen erfolgte Vorabstimmung mit der Naturschutzbehörde stimme zuversichtlich, betont Albrecht.

Gemeinderat nicht in allen Punkten einig

Das der Jacobshagen‘sche Alternativvorschlag für die Stadt aus mehrerlei Gründen die beste Lösung sein könnte, dessen zeigte sich vor allem Philipp Studinger (CDU) überzeugt: „Das ist eine ernstzunehmende Alternative, die es weiterzuverfolgen gilt.“

Derweil kritisierte Harald Würtenberger (FW), dass die Stadt mit ihren Einwendungen reichlich spät dran sei: „Wir fangen an zu diskutieren, während umliegende Gemeinden schon konkrete Beschlüsse fassen.“

Petra Thyen (Grüne) sieht sich derweil einmal mehr bestätigt: „Die Zusammenarbeit mit der Bahn gestaltet sich sehr mühsam.“ Es sei einfach nicht zu verstehen, dass ein Projektträger die Interessen und Vorschläge der Akteure vor Ort nicht in gebührendem Maß ernst nehme.

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