Das geplante Zentralkrankenhaus für den Landkreis Waldshut soll in Albbruck gebaut werden. Das hat der Kreistag mit überwältigender Mehrheit beschlossen. Doch der Weg dorthin war nicht einfach. Er war steinig und die Atmosphäre oft vergiftet.

Viele Themen, mit denen sich der Waldshuter Kreistag beschäftigt, betreffen in der Regel zwar viele Bürger des Landkreises, sind jedoch oft sehr technokratisch und erfordern in der Regel viel Fachwissen, um mitreden und mit-entscheiden zu können. Ganz anders sieht es beim Thema Gesundheit aus. Das geht jeden Kreisbewohner an – von der Wiege bis zur Bahre. Und, es ist ein hochemotionales Thema. Und ein Thema, das für jeden Stammtisch, für jedes Schwätzchen am Gartenzaun und für jedes Gespräch in der Mittagspause gut ist. Kurzum, es ist ein Thema, bei dem jeder – oft aus eigener Erfahrung – mitreden kann und will.

Das könnte Sie auch interessieren

Blutdruck schnellt nach oben

Und das haben in den vergangenen Jahren ganz viele Menschen aus dem Landkreis getan, als es um die stationäre Gesundheitsversorgung zwischen Wehr und Jestetten ging. Der Blutdruck der Protagonisten stieg oft in bedenkliche Höhen, Sachargumente waren nicht immer gefragt. Von jenem Tag an, als aus einer nicht öffentlicher Sitzung des Kreistages durchsickerte, dass es im Landkreis künftig nur noch ein Zentralkrankenhaus geben soll, war die Arena für nicht immer zielführende und oft verletztende Schlagabtausche eröffnet.

Das könnte Sie auch interessieren

Spätestens, als sich endgültig abzeichnete, dass das Krankenhaus in Bad Säckingen geschlossen werden soll, stieg bei vielen Menschen, vor allem im westlichen Teil des Landkreises, der Blutdruck in schwindelerregende Höhen. Die politische Diskussion über die Frage, wie die Gesundheitsversorgung im Kreis künftig aussehen soll, wurde ganz schnell mit so harten Bandagen geführt, dass persönliche Verletzungen und Verunglimpfungen nicht ausblieben und ganz schnell ein Riss durch den Landkreis ging. Der Kampf West gegen Ost war eröffnet. Die Stimmen, die damals den Anschluss der westlichen Kreisgemeinden an den Landkreis Lörrach forderten, sind glücklicherweise schnell wieder verstummt.

Der neue Sitzungssaal im Landratsamt Waldshut wurde nach einer rund 1,9 Millionen Euro teuren Sanierung am 7. März 2018 eingeweiht.
Der neue Sitzungssaal im Landratsamt Waldshut wurde nach einer rund 1,9 Millionen Euro teuren Sanierung am 7. März 2018 eingeweiht. | Bild: Julian Kares

Entscheidung mit Weitsicht

Und jetzt? Inzwischen scheinen sich die Wogen ein wenig geglättet zu haben, der Blutdruck hat sich wieder auf Werte eingependelt, die keine medizinische Indikation erfordern und, das ist das Beste daran, es wurde eine wegweisende Entscheidung getroffen, die Hoffnung macht. Fast einstimmig hat der Waldshuter Kreistag in dieser Woche beschlossen, dass das geplante Zentralkrankenhaus für den Landkreis in Albbruck gebaut werden soll. Wenn es auch einzelne kritische Stimmen gab, so sind sowohl der Beschluss an sich, wie auch der Standort gute Signale für die Menschen am Hochrhein und im Südschwarzwald.

Das könnte Sie auch interessieren

Die Grundstücks-Kommission, die die notwendige Vorarbeit geleistet hat, war paritätisch besetzt. Drei Mitglieder kamen aus dem Westen, drei aus dem Osten des Landkreises. Sie trafen ihre Entscheidung aufgrund von Fakten und nicht von Emotionen. Und sie fällten ihr Votum für Albbruck einstimmig. Und noch etwas ist wichtig: Albbruck ist kein politischer Kompromiss. Er ist vielmehr alternativlos, da alle anderen Mitbewerber deutlich schlechter abschnitten. Diese Vorarbeit machte es dem Kreistag leicht, fast geschlossen für den Standort am Albbrucker Rheinufer zu stimmen. Auf Grundlage von Sachargumenten. Auch die Kritiker argumentierten sachlich und mit Fakten.

Der Diskurs muss sein

Das ist gut so und macht Hoffnung. Politischer Diskurs und der politische Streit dürfen nicht nur sein, sie müssen sogar sein. Nur so zeigt sich, dass die gewählten Volksvertreter sich tatsächlich mit einem Thema beschäftigen und die möglichen Auswirkungen ihrer Entscheidung auf die Bürger auch wirklich abwägen. Und wenn dies bei einem so emotionalen Thema wie der Gesundheitsversorgung so sachlich vonstatten geht, wie am Mittwoch im Sitzungssaal des Landratsamts, dann ist dies ein gutes Zeichen.

Sowohl für das Gremium selbst, als auch – und das ist letztlich noch wichtiger – für die Menschen der Region. Gleich von einer Sternstunde des Kreistages zu sprechen, wäre vermutlich ein wenig weit hergeholt. Aber die Sitzung hat gezeigt, dass es Kreisverwaltung, Landrat und Kreisräten ernst ist, die stationäre Gesundheitsversorgung für den Landkreis so zu organisieren, das möglichst viele Bürger sagen können: Ja, die Pläne sind gut.

Das könnte Sie auch interessieren

Kreistag kittet Risse

Und zwei weitere Punkte sind auch noch gut. Der Kreistag hat gezeigt, dass er – wieder – in der Lage ist, auch politisch schwierige Entscheidungen zu treffen, ohne viele Bürger gegen sich aufzubringen. Und er hat einen Beschluss gefasst, der gut ist, nicht nur die Wogen endgültig zu glätten, sondern auch dazu taugt, den entstandenen Riss sukzessive wieder zu kitten und den Landkreis wieder zu einen.

Die Wunde, die die Schließung des Bad Säckinger Krankenhauses gerissen hat, ist noch nicht verheilt. Aber der Heilungsprozess hat durch das Votum für den Klinik-Standort Albbruck einen entscheidenden positiven Schub bekommen. Und wenn dann zudem noch der Gesundheits-Campus zu einem Bad Säckinger Erfolgsmodell wird, dürfte die Heilung noch schneller gelingen.

Das könnte Sie auch interessieren
Rückmeldung an den Autor geben