Wenn Stephan Ebner seine Bilder am Laptop zeigt, leuchten seine Augen. Oft hat er zu den Fotografien auch Namen und die eine oder andere Anekdote parat. Woher diese Leidenschaft für Darstellung aus vergangenen Zeiten kommt, hat der pensionierte Elektro-Ingenieur schnell erklärt.
„Alles fing vor vier, fünf Jahren mit einem Album meiner Mutter und Aufnahmen von Opa Preiser an.“ Der Großvater war in den 1920-er Jahren im Radsportverein Wutöschingen engagiert, gehörte sogar zu den Gründungsmitgliedern, wie Ebner berichtet. Sein Opa lichtete Familienmotive ebenso ab, wie Umzüge und Korso-Fahrten.
Die Leidenschaft des Nachfahren war geweckt. Sorgfältig scannte er die Aufnahmen ein. An manchen hatte der Zahn der Zeit deutliche Spuren hinterlassen. Mit einem professionellen Bildbearbeitungsprogramm „reparierte“ er Beschädigungen.
„Diese Bilder dürfen auf keinen Fall verloren gehen und müssen archiviert werden.“Stephan Ebner
1000 Bilder zeigen Menschen, Straßen und Gebäude
Den Stamm seiner etwa 1000 Bilder umfassenden Sammlung mit Fotografien von Menschen, Straßen und Gebäuden aus der Gemeinde bildeten weitere Familienbilder aus der Verwandtschaft.
„Ich wollte aber mehr darüber wissen, wie unser Dorf früher ausgesehen hat.“ In Herbert Preiser und Markus Messmer fand er Gleichgesinnte, die ihm teils geschichtsträchtige Bilder aus ihrer Sammlung zur Verfügung stellten. Die bereits existierenden Bildbände und Chroniken der Gemeinde waren ihm bei seinen Recherchen eine große Hilfe.
Er durfte sogar ins Archiv im Wutöschinger Rathaus, dort hat er weitere Bilder entdeckt – allerdings oft in schlechter Qualität. „Es ist mein Anspruch, solche Bilder zu retten und so zu bearbeiten, dass die Qualität stimmt.“ Also wurden Kratzer, Staub, Knicke oder Pixelfehler mit hohem Aufwand beseitigt. „Manchmal saß ich einen halben Tag am PC, bis ein Bild restauriert war.“
Bei seinen Nachforschungen hat er manche Rarität entdeckt. Er fand zudem Unterstützung vom Augustiner-Museum in Freiburg. Von dort bekam er Fotografien „in bester Qualität“ zugeschickt, die er nicht mehr bearbeiten musste. Ein besonderes Foto eines Bildes vom Stühlinger Landschaftsmaler Johann Marton Morat bekam er von Herbert Preiser.
Er will die Geschichte seiner Heimatgemeinde erzählen
Am Donnerstag gab es dann ein „kleines Wunder“, wie Ebner anmerkte. Albert Hausy hatte ein gerahmtes Bild des Künstlers mitgebracht, das Schwerzen zeigt. Ob es wirklich ein Originalbild ist, muss noch geprüft werden. Stephan Ebner geht es um die Geschichte, Straßenzüge und Gebäude seiner Heimatgemeinde.

„Die ältesten Aufnahmen entstanden um 1900“, erzählt er und sagt weiter: „Man muss sich auskennen, um die Bilder ein- und Orten zuzuordnen, das ist nicht immer einfach.“ Klar ist es beim ersten Auto im Ort, das von einem Geschäftsmann gefahren wurde. Manchmal lud er Bekannte zu einer Sonntagsspazierfahrt ein, erzählt Ebner.
Mit dem wachsenden Archiv stellte sich die Frage, wie er seine Sammlung der Öffentlichkeit zugänglich machen kann. „Lange habe ich nach einer Plattform gesucht und schließlich auch gefunden, um meine Bilder interessierten Leuten zugänglich zu machen“, erzählt er. Er habe bei der Gestaltung der Webseite „auf einem leeren Blatt“ angefangen, die restaurierten „Schätze“ hochgeladen, und sie teilweise mit Anmerkungen oder Anekdoten versehen. Momentan sind es 250 Bilder, die Stephan Ebner auf diese Weise einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat.
Er will seine Bilder jetzt regelmäßig zeigen
In Zusammenarbeit mit der Volkshochschule Wutöschingen soll es nun regelmäßige Treffs in der Mediothek geben. Zum Auftakt waren am Donnerstagabend 86 Senioren gekommen. Ebner zeigte unter dem Titel „100 Jahre – 100 Bilder“ einem begeisterten Publikum eine Auswahl seiner Sammlung.
Interessierte können nun bei den Folge-Treffen ihre Bilder und Erinnerungen mitbringen. Beate Süß hatte vor der Pandemie die Initiative zu dieser Erzählzeit „Weisch no?“ begonnen, nun wurde sie wieder ins Leben gerufen. Diesmal heißt es unter der Regie der Leiterin der Volkshochschule Annette Loll: „Wie‘s früher einmal war“. Die Initiatoren hoffen, dass diese Erzählzeit zu einer Plattform für Geschichten und Erinnerungen aus dem Dorf wird.
Das sagen die Besucher zur Zeitreise
- Ella Meier (87) „Das Thema hat mich interessiert und ich weiß noch viel, wie es früher einmal war. Der Abend heute war super!“

- Monika Ebner (82) „Es hat mir sehr gut gefallen, einige Bilder, die gezeigt wurden, waren aus meinem Familienalbum. Der Abend weckte Erinnerungen, die fast vergessen waren.“

- Klaus Büche (77) „Es ist toll, dass es sowas gibt. Ich war schon bei der ersten Auflage dabei, da kamen fünf sechs Leute. So viele wie heute waren noch nie da. In der Pandemie war die Sache eingeschlafen. Ich habe bei Bürgermeister Eble dafür eingesetzt, dass diese Treffen wieder ins Rollen kommen.“

- Herbert Preiser (81) „Was ich an Bildern hatte, habe ich Stefan Ebner gegeben. Mein Bruder Albin hatte früher Passbilder für die Leute im Dorf gemacht. Heuten habe ich viele Bilder gesehen, die ich nicht gekannt habe. Es wäre schön, wenn das auch jüngere Menschen mal sehen würden.“

- Peter Blumauer (75) „Ich bin hier aufgewachsen, wohne aber jetzt in Ravensburg. Stefan Ebner hat mich eingeladen und ich bin gerne gekommen. Wir hatten Kontakt, weil ich vor einem Jahr für ein Klassentreffen alte Bilder zusammengestellt hatte. Das war eine großartige Veranstaltung, jetzt müssen zu den Bildern noch Geschichten kommen. Dafür gibt es viel Potenzial.“
