Klaus Teufel weiß schon genau, wie er den 23. Juli 2023 verbringt. An diesem Tag findet die OB-Wahl in Waldshut-Tiengen statt. „Wenn ich dann nicht schon Briefwahl gemacht habe, gehe ich wählen“, sagt er. Auf jeden Fall wird er zum ersten Mal seit Jahrzehnten an einem Wahlsonntag ganz Privatmensch sein.
Insgesamt 31 Wahlen hat Klaus Teufel als Mitarbeiter der Stadtverwaltung im Laufe der vergangenen Jahrzehnte organisiert und betreut. Hinzu kamen besondere Ereignisse wie die Volksabstimmung 2011 zum Bahnprojekt Stuttgart 21 und der Bürgerentscheid über den Erhalt des Waldshuter Freibads 2018. Im Vorfeld der Bundestagswahl 2017 betitelte diese Zeitung Teufel in einem Bericht treffend als „Der Herr der Wahlen“.
Berufswunsch Banker
Ende April geht der 64-Jährige nun nach 47 Jahren und neun Monaten Dienstzeit bei der Stadtverwaltung in den Ruhestand. Hier begann er 1975 seine Ausbildung. „Mein Berufswunsch war eigentlich Banker“, erzählt er. Doch weil er zur Generation der sogenannten Babyboomer gehöre, habe er damals keinen Ausbildungsplatz in der Finanzbranche bekommen.
Im zweiten Anlauf ergatterte der junge Klaus Teufel einen Ausbildungsplatz im Waldshuter Rathaus. Dass ihm die Büroarbeit liegt, habe er jedoch viel früher entdeckt. „Als kleines Kind habe ich mit meinem älteren Bruder Büro gespielt“, berichtet er schmunzelnd. Später habe er im Räumungsverkauf eines Geschäfts für Bürobedarf für zehn Pfennige Stempel und Quittungsblöcke gekauft. „Mein Bruder und ich haben uns gegenseitig Rechnungen geschrieben“, erinnert sich Klaus Teufel.
Auf die Ausbildung zum Beamten im mittleren Dienst folgten in den 1980ern ein Studium an der Fachhochschule für Verwaltung in Kehl und der Aufstieg in den gehobenen Dienst. Von Anfang an arbeitete Klaus Teufel im Hauptamt. Hier war er unter anderem für die Organisation, die EDV sowie die Bereiche Feuerwehr/Katastrophenschutz und Förderung der Landwirtschaft zuständig.
Zuletzt war der Verwaltungsexperte verantwortlich für die Geschäftsstelle Gemeinderat, für Wahlen, die Versicherungen der Stadtverwaltung und für Teile der Öffentlichkeitsarbeit. Auf die Frage, an welche Wahl er sich besonders gut erinnert, nennt Teufel ein Grenzänderungsverfahren. Die Stadt Waldshut-Tiengen hatte 2017 ein bebautes Grundstück bei der Lauffenmühle an die Gemeinde Lauchringen abgegeben und dafür ein anderes Gelände erhalten.
Kaffee und Kuchen im Wahllokal
Das Kuriose daran: Die einzigen Wahlberechtigten waren die beiden Bewohner des Grundstücks. Für sie wurde eigens ein Wahllokal im Rathaus Tiengen eingerichtet. „Wir haben Kuchen besorgt und zusammen Kaffee getrunken“, berichtet Klaus Teufel von der ungewöhnlichen Abstimmung.
Besonders in Erinnerung geblieben sei ihm auch die Kommunalwahl 2014. Damals erzielten die beiden CDU-Kandidaten Johannes Flaig und Gerd Jacobshagen die gleiche Stimmenzahl. Dreimal zählte der Wahlausschuss nach. „Die Zahl hat sich zwar verändert, aber blieb für beide Kandidaten gleich“, berichtet Teufel. Schlussendlich kickte der Tiengener Flaig den Waldshuter Jacobshagen aus dem Gemeinderat, da sein Name auf dem alphabetisch geordneten Stimmzettel weiter vorn stand.
Als erinnerungswürdig nennt Teufel auch die Kommunalwahl 1994, als erstmals zeitgleich die Europawahl abgehalten wurde. „Das war eine Materialschlacht“, sagt er über die vielen verschiedenen Stimmzettel. Besonders seien für ihn auch der erste und bislang einzige Bürgerentscheid in Waldshut-Tiengen und die beiden Corona-Wahlen gewesen.
„Die Geschäftsstelle Gemeinderat hat mir den meisten Spaß gemacht“, sagt der scheidende Rathausmitarbeiter über seine Lieblingstätigkeit. „An keiner Stelle in der Verwaltung kriegt man so viel mit, was in der Stadt läuft“, fügt er als Erklärung hinzu.
Viel Freude bereitet habe ihm auch das Organisieren von Besichtigungsfahrten für den Gemeinderat und die Stadtverwaltung. Vor allem bei den Besuchen in den beiden Partnerstädten habe er herzliche Begegnungen erlebt. „Dabei sind auch Freundschaften entstanden“, erzählt er.
Die Anfänge der EDV
Im Laufe seines Arbeitslebens hat Klaus Teufel auch hautnah den technischen Wandel bei der Stadtverwaltung miterlebt. „Als ich 1975 anfing, war noch nichts groß mit EDV.“ Er berichtet im Gespräch von Lochkarten, mechanischen Schreibmaschinen und den Vorläufern der heutigen PCs mit Festplatten von gerade einmal 30 Megabyte. Und Telefonistinnen verbanden früher die Gesprächspartner. „Ein Telefonat nach Tiengen war ein Ferngespräch und musste extra angemeldet werden, damit über die damals existierenden Vorwahlen 8 beziehungsweise 9 gleich mehrere Telefonate zwischen den Rathäusern als Ortsgespräch abgewickelt werden konnten“, erzählt er schmunzelnd.
Im Waldshuter Rathaus lernte Klaus Teufel seine Frau kennen, die im Bürgerbüro arbeitet. Für sie, die gemeinsamen erwachsenen Kinder und die Enkelin wird er künftig mehr Zeit haben. Bekannt ist der Neupensionär auch als Gesicht der Stadtmusik Waldshut, deren Mitglied er seit 52 Jahren ist. Im Orchester, das er seit 43 Jahren als Vizedirigent musikalisch leitet, spielte er schon Querflöte und Saxophon und bis heute Fagott und Piccoloflöte. „Das ist mein größtes Hobby und das wird es auch bleiben“, betont er.
„Genauso wie ich ein leidenschaftlicher Stadtmusiker bin, war ich früher ein leidenschaftlicher Feuerwehrmann“, erzählt der Waldshuter. 27 Jahre war er aktiv dabei, zuletzt als stellvertretender Zugführer. Unter anderem weil die Probentermine häufig mit den Gemeinderatssitzungen zusammenfielen, habe er dieses Ehrenamt schweren Herzens aufgegeben.

Im Ruhestand will er sich verstärkt der Familie und seinem Haus widmen. „Und das Stadtgeschehen aus der Ferne, aus einem anderen Blickwinkel, betrachten“, sagt er. Vielleicht nimmt er auch ein altes Hobby wieder auf, das ebenfalls der Arbeit zum Opfer gefallen war: die Zucht von Bonsais. Der Beweis für seinen grünen Daumen steht noch in seinem Büro im Rathaus: Eine der Pflanzen wächst und gedeiht seit seiner Rückkehr von der Fachhochschule im Jahr 1985.