Jeder Tag Verzögerung bei der Fertigstellung des Gesundheitscampus kostet die Stadt Bad Säckingen bares Geld. „Dass man in den Jahren, in denen geplant und gebaut wird, nichts verdient, ist selbsterklärend“, sagte Bürgermeister Alexander Guhl am Montag im Gemeinderat. Noch bis 2025 wird nach der Planung von Stadtkämmerin und Campus-Geschäftsführerin Bettina Huber jene Phase anhalten, in der die Stadt zwar Ausgaben, aber nicht genügen Einnahmen mit dem Projekt hat.
Die Kämmerin hat für ihre Berechnung bewusst ein möglichst negatives Szenario gewählt
Für dieses Jahr erwartet Huber einen Fehlbetrag von 690.000 Euro. Die Stadt als einzige Campus-Gesellschafterin wird die fehlende Summe voraussichtlich im Wege einer Kapitalaufstockung zuschießen. „Das Ergebnis ist eher schlechtgerechnet“, erklärte Huber im Gemeinderat. Sie erwartet am Ende bessere Zahlen, auch für das Folgejahr 2024, für das sie ein negatives Ergebnis von fast 270.000 Euro einplant. Huber: „Ab 2025 rechnen wir dann mit positiven Erträgen, wenn alles gut geht, schon ab 2024.“
Das sind die Kennzahlen 2023 für den Gesundheitscampus
Der Bad Säckinger Gemeinderat stimmte Hubers Wirtschaftsplan 2023 mit breiter Mehrheit zu. Die einzige Gegenstimme kam von Hartmut Fricke (UBL). „Ich stelle den Campus nicht infrage. Ich stelle aber die Frage, ob die Stadt den Zahlmeister spielen muss“, erklärte der ehemalige Leiter des Marienhauses und Geschäftsführer des Alten- und Pflegeheims St. Franziskus. Fricke nannte die Planung von Huber „Wunschdenken“. Die Campus GmbH werde auf längere Sicht nicht kostendeckend arbeiten. „Weil die GmbH das Defizit aus eigener Kraft nicht ausgleichen kann, müssen die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler herhalten.“
Dem widersprach Huber: „Keiner will einen dauerdefizitären Betrieb.“ Die prognostizierten Zahlen seien gewiss nicht ihr Wunschergebnis, doch insgesamt sei die Campus GmbH auf einem guten Weg. Sie betonte nochmals, dass die Zahlen im Wirtschaftsplan sehr konservativ gerechnet seien. „Es ist mein Anspruch, dass am Ende bessere Zahlen rauskommen.“
Bei den Verhandlungen mit möglichen Mietern geht es immer auch um Vertrauen in die Entscheidungen des Gemeinderats
Bürgermeister Guhl erinnerte an seine Prognose, dass der Campus die Stadt nichts kosten werde. „Mit den ursprünglichen Baukosten wäre das auch so gewesen.“ Nun müsse die schwierige Phase überwunden werden. Die Stadt führe derzeit Gespräche mit weiteren möglichen Campus-Mietern. „Dabei geht es immer um ein Thema: Vertrauen.“ Von außen werde beobachtet, ob der Gemeinderat das Projekt hinbekomme.
Fakt ist, und auch der Wirtschaftsplan hält dies fest: Die Campus GmbH wird bis zur Vollauslastung des Hauses finanzielle Unterstützung durch die Stadt benötigen. Der Vollbetrieb soll nach derzeitigen Planungen ab dem zweiten Quartal 2024 erreich werden. Dann will die Stadt aufs Jahr gerechnet mit dem Campus Gesamterlöse in Höhe von 1,6 Millionen Euro erzielen.
Ab 2025 erwartet Huber in ihrem Wirtschaftsplan eine schwarze Null
Dem sollen jährliche Ausgaben in ähnlicher Höhe entgegenstehen: 500.000 bis 540.000 Euro für Betriebsaufwand, 750.000 Euro für Abschreibungen, 340.000 Euro für Zinsaufwendungen. Unter dem Strich erwartet der Wirtschaftsplan ab 2025 eine schwarze Null mit einem minimal positiven Jahresergebnis von unter 20.000 Euro.
„Wir bieten etwas, was überall Mangelware wird: ärztliche Versorgung“, warb Ruth Cremer-Ricken (Grüne) für den Campus. Michael Maier (CDU) wollte wissen, ob mit der Zustimmung jetzt zum Wirtschaftsplan auch automatisch die Zustimmung zu einer späteren Kapitalaufstockung verbunden sei. Dem sei nicht so, antwortete ihm Huber: „Sie stimmen dem Wirtschaftsplan zu, nicht irgendwelchen Kapitalaufstockungen.“
Alles zum Gesundheitscampus. Was bisher geschah:
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