Herr Rombach, worum geht es allgemein bei dem Format „Politik & Pizza“ des Kinder- und Jugendreferats Waldshut-Tiengen?
Bei „Politik & Pizza“ geht es um den Austausch von Jugendlichen mit politisch aktiven Menschen. Die Jugendlichen sollen lernen, sich einzubringen und merken, dass sie Sachen verändern können, wenn sie das tun. Nebenbei gibt es Pizza für alle Beteiligten. Vor Corona war „Politik & Pizza“ eine Präsenzveranstaltung, zwei gab es zuletzt vor den Kommunalwahlen 2019. Eine in Waldshut, eine in Tiengen. 25 bis 30 Jugendliche hatten teilgenommen, was ein voller Erfolg war. Jetzt stehen Landtagswahlen an, wir wollten deshalb auf jeden Fall wieder was machen, um über Wahlen und Wählen zu informieren und haben aus dem gängigen „Politik & Pizza“ einen Livestream gemacht.
Gaben Sie den Anstoß für „Politik & Pizza“ als Livestream und was waren die Herausforderungen?
Ja, mir kam die Idee, das Format als Livestream laufen zu lassen und meine Kollegen hatten noch weitere Vorschläge, wie das konkret aussehen könnte. Die Herausforderung war, es coronakonform zu machen, unsere zwölf Landtagskandidaten dazu zu bringen, mitzumachen und es sollte durch Gäste lebendig sein. Das ist uns gelungen. Am 4. März, ab 19 Uhr wird „Politik & Pizza“ live aus der Stadthalle Waldshut übertragen und auf unserem YouTube-Kanal „WT Jugend“ zu sehen sein. Bei dem Livestream sind drei Moderatoren und vier bis fünf Jugendliche als Gäste dabei. Unsere Kandidaten für die Landtagswahl werden jeweils in Videos eingespielt, in denen sie die Fragen von Jugendlichen beantworten.
Das klingt nach viel Arbeit im Vorfeld des Livestreams.
Ja, es war schon ein recht großer Aufwand. Wir haben im Vorfeld auf unseren digitalen Plattformen Jugendliche und junge Erwachsene aufgerufen, Fragen zu stellen. Zwölf im Alter von 14 bis 19 Jahren haben sich gemeldet. Rund 20 Fragen haben wir so gesammelt, die wir dann an die Landtagswahl-Kandidaten geschickt haben. Zur Beantwortung der Fragen vor laufender Kamera haben wir die Kandidaten ins Jugendzentrum Tiengen eingeladen. Der ÖDP-Kandidat Kilian Kronimus war der erste, der hier war. Je nach Frage, hatten die Kandidaten zwischen 30 und 60 Sekunden Zeit für eine Antwort. Fast alle haben mitgemacht. Es ist Wahlkampf und ich denke, die Kandidaten wollen die Gelegenheit nutzen, in Kontakt mit Jugendlichen zu kommen. Immerhin sind es etwa 1000 Jugendliche, die in unserem Wahlkreis erstmals bei den Landtagswahlen wählen dürfen. Die Antworten der Kandidaten werden dann wie gesagt, als Video bei der Livestream-Veranstaltung am 4. März eingespielt.
Verraten Sie uns, was die Jugendlichen gefragt haben und wo sie herkommen?
Viele sind aus dem Stadtgebiet, einige auch aus den Nachbargemeinden. Teilweise kennen wir sie aus unseren Einrichtungen. Sie haben unter anderem Fragen zum Klimaschutz gestellt, zu Digitalisierung und Bildung, zur Infrastruktur in der Region und auch persönliche Fragen sind dabei, zum Beispiel, was die Kandidaten motiviert, sich politisch zu betätigen, welche Überzeugungen sie dabei leiten. Die Fragen und ich denke auch die Antworten, sind sehr interessant, es lohnt sich auf jeden Fall, einzuschalten.
Wird der Livestream aufgezeichnet, damit man ihn später anschauen kann?
Ja, die Veranstaltung wird online gestellt. Jeder kann sie im Nachgang auf unserem YouTube-Kanal und unserer Website (www.wtjugend.de) anschauen. Die Fragen und Antworten, die im Livestream aus zeitlichen Gründen nicht vorkommen, können ebenfalls unter den genannten Quellen angeschaut werden.
Was wir noch gar nicht geklärt haben – wo bleibt eigentlich die Pizza?
Alle Jugendlichen, die mitgemacht und Fragen gestellt haben, bekommen einen Gutschein für eine Pizza.
„Politik & Pizza“ ist wegen der Pandemie gezwungenermaßen digital – könnte das ein Konzept für die Zukunft werden?
Wir hätten das Format viel lieber wieder als Präsenzveranstaltung angeboten. Es lebt vom persönlichen Austausch, den digitale Formate grundsätzlich nicht ersetzen können. Aber auf der anderen Seite ist es natürlich so, dass digitale Medien zur Lebenswelt der Jugendlichen gehören und wir müssen sie dort abholen, wo sie stehen. Deshalb ist es durchaus unsere Aufgabe, über digitale Angebote in Kontakt zu ihnen zu kommen und das funktioniert auch.
Was bietet das Kinder- und Jugendreferat Waldshut-Tiengen an digitalen Formaten sonst noch an?
Im Zuge von Corona haben wir einige neue digitale Formate entwickelt, die wir auf Facebook, Instagram, YouTube oder auch Discord anbieten. „We are Talking“ sind Gesprächsrunden zu verschiedenen Themen, sofern möglich, auch verbunden mit einem Liveauftritt von Musikern. Bei unserem „Instagram Takeover“ können sich Jugendliche präsentieren. Sie können dort vor den Zuschauenden singen, tanzen, rappen oder über ihre Hobbys reden. Im „Digitalen Jugendhaus“ können sich Jugendliche austauschen und miteinander spielen, „Stadt, Land, Fluss“ ist zum Beispiel sehr beliebt. Klassische Computerspiele spielen wird dort nicht, das machen die Jugendlichen zu Hause. Seit Januar haben wir mit „We are Talking – Der Podcast“ auch ein rein sprachliches Angebot ohne Bild, in denen auf Vorschlag von Jugendlichen über bestimmte Themen gesprochen wird.
Wie ist es Ihrer Erfahrung nach überhaupt um das politische Interesse der Jugend bestellt?
Die Jugend von heute ist sehr vielfältig. Es gibt durchaus die politisch Interessierten, die sich aktiv einbringen. Und es gibt Jugendliche, die an das Thema Beteiligung herangeführt werden können. Das geschieht zum Beispiel über Angebote in unseren Einrichtungen, dem Jugendzentrum Tiengen und dem Jugendcafé Waldshut. Dort können sie mitbestimmen und gestalten. Ganz egal, ob bei der Gestaltung der Einrichtung oder von Angeboten. Es geht hier um möglichst niederschwellige Angebote, die den Jugendlichen zeigen, dass sie etwas verändern und gestalten können. Es gibt aber auch Jugendliche, die man nicht erreicht, die auch nicht erreicht werden wollen. Es ist unsere Aufgabe, die Vielfalt, Themen und Interessen der Jugend nach außen zu tragen.
Würden Sie sagen, die Jugend ist in den vergangenen Jahren eher wacher und politisch interessierter geworden?
Ja, ich denke, das kann man sagen. Die Jugendlichen suchen sich dabei eher „ihre“ Themen aus, wie den Klimaschutz und die dahinter stehende Bewegung „Fridays for Future“, das Thema Flüchtlinge oder die „Black Lives Matter“ – Bewegung, anstatt sich auf eine große Vielfalt an Themen zu stürzen. Auf kommunalpolitischer Ebene ist zum Beispiel der 8er-Rat in Waldshut-Tiengen zu nennen. Er ist ein Beteiligungsinstrument, mit dem Jugendliche aus 8. Klassen Ideen und Konzepte ausarbeiten können, um die Stadt auch für Jugendliche zukunftssicher gestalten zu können. Wir überarbeiten gerade das Konzept des 8er-Rats, müssen aber immer auch die Entwicklung der Corona-Pandemie im Blick behalten.
Sie sagten, digitale Formate ersetzen persönliche Kontakte nicht – den Jugendlichen fehlt derzeit viel?
Ja, es fehlt zum Beispiel die Vielfalt der Sachen, die sie sonst machen können. Unsere Einrichtungen, das Jugendzentrum in Tiengen und das Jugendcafé in Waldshut, werden ebenfalls vermisst. Manche haben das Gefühl, die Decke fällt ihnen auf den Kopf, oder sie fühlen sich vom Homeschooling überfordert. Was uns Corona derzeit noch an persönlichen Kontakten erlaubt, sind Einzelgespräche mit Jugendlichen. Sie können sich hierfür bei uns im Kinder- und Jugendreferat melden.