Friedbert Zapf

„Ist es nicht eine große Plag, siebzig Leichen in einem Grab!“ Leider hat Edmund Schenk in seiner Chronik von Grafenhausen nicht erwähnt, wo er dieses Zitat gefunden hat. „So klagte man damals“, schreibt Schenk. Damals, das ist das Jahr 1687, als in Grafenhausen die Pest wütete und 70 Menschen hinwegraffte.

Hoch ansteckende Krankheit

Die Pest ist eine hoch ansteckende Infektionskrankheit, und in Zeiten von Corona ist man plötzlich auch für historische Seuchen sensibilisiert. Die Pest trat als Beulen- oder Lungenpest auf, und die Ansteckung von Mensch zu Mensch erfolgte – wie beim Coronavirus – durch Tröpfcheninfektion.

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Bei der Lungenpest zeigten sich zunächst grippeähnliche Symptome, dann ein Husten mit schwarz-blutigem Auswurf, und nach zwei bis fünf Tagen trat der Tod ein. Schon damals wusste man um die Ansteckungsgefahr und isolierte die Pestkranken. Die Infizierten waren dem Tod geweiht, es gab kein Mittel gegen das Pestbakterium. Bäder in Essigwasser oder die Einnahme eines Absudes von Pestwurz waren verzweifelte Versuche. Es half nur noch, zu beten. Der heilige Sebastian und der heilige Rochus waren die wichtigsten Nothelfer gegen die Pest.

Die Pestwellen

Die erste große Pestepidemie im Mittelalter soll 40 Prozent der Bevölkerung in Europa hinweggerafft haben. Während des Dreißigjährigen Krieges starben bei weiteren Pestwellen auch im Südschwarzwald sehr viele Menschen, einige Siedlungen wurden aufgegeben. Im April 1634 marodierten französische und schwedische Soldateska in der Gegend um Grafenhausen; in Amertsfeld, Mettenberg und Seewangen wurden Höfe überfallen. Ob die Söldner auch die Pest einschleppten, ist nicht verbürgt. Wohl aber haben Soldaten die Pest im Jahr 1687 nach Grafenhausen gebracht. Edmund Schenk schreibt: „Französische Truppen schleppten 1687 in unserer Gegend die Pest ein, die grausam unter der Bevölkerung wütete.“ Zwar herrschte in diesem Jahr einmal nicht Krieg im Schwarzwald, aber der Durchzug von Truppen ist nicht ausgeschlossen. Eher auszuschließen ist aber, dass es Franzosen waren, die kamen erst einige Jahre später.

Bestattet im Massengrab

Die Pest von 1687 forderte in Grafenhausen 70 Tote. Man bestattete sie in einem Massengrab an der Friedhofsmauer. Vermutlich bedeckte man die Leichen aus Hygienegründen mit gelöschtem Kalk. Das war so üblich. Beim Ausheben der Grundmauern für die neue Kirche in Unadingen hat man zum Beispiel ein Massengrab mit zahlreichen Skeletten angeschnitten, die mit Löschkalk überdeckt waren.

Peststein erinnert an Ereignis

Ein Gedenkstein in der Friedhofsmauer von Grafenhausen – der sogenannte Peststein – erinnert an das Pestereignis von 1687. Markant ist der Totenschädel, der auf einem schön herausgearbeiteten Medaillon sitzt, das wohl ein Herz darstellt. Über dem Schädel ragt ein Kreuz. Um den gesamten Stein verläuft ein Schriftfries.

Leider ist der Sandstein so verwittert, dass sich die Inschrift nicht mehr oder nur in Teilen entziffern lässt. Über dem Kreuzbalken ist die Jahreszahl 1687 eingehauen, schön zu sehen ist noch die Zahl „87“. Oben lässt sich nur noch das Wort „Unser“ erahnen, rechts unten „Peter Bader„. Ganz unten, auf dem Kopf stehend, heißt es sehr wahrscheinlich „Vater unser“.