Wie viel ist die Investition in eigene Kinder wert, wenn es um die Beiträge zu den gesetzlichen Sozialversicherungen geht? Dazu urteilte nun das Bundesverfassungsgericht: Bei mehreren Kindern sollen die Beiträge zur Pflegeversicherung angepasst werden, im Fall von Kranken- und Rentenversicherung sei aber die Politik gefragt. Diese – hier zugegebenermaßen sehr knapp wiedergegebene – Entscheidung, sorgte nach Veröffentlichung am 25. Mai für lange Gesichter bei Familie Günther in Gurtweil. „Wir sind abgeblitzt“, bringt es Hanna Günther auf den Punkt.

Für Familie Günther eine besonders enttäuschende Entscheidung, denn seit Jahren setzt sich die Familie als Klagefamilie sich zusammen mit anderen Familien für die Beitragsgerechtigkeit in den Sozialversicherungssystemen ein. Sie finden, dass die Zahl der Kinder beim Beitrag zur gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung berücksichtigt werden müsse – kinderreiche Eltern also weniger zahlen sollten.

Zum Hintergrund

Seit 2005 klagen sich Familien durch alle Instanzen. 2015 hat sich auch Familie Günther diesen Klagen angeschlossen.

Immer wieder von Neuem haben sich die Familien dafür stark gemacht, dass der generative Beitrag, den Familien durch die Kindererziehung zusätzlich zum Geldbeitrag für die Sozialsysteme leisten, auf der Beitragsseite berücksichtigt wird.

Ein wichtiges Argument: Gerade in der Rentenfrage werde die Frage der Beitragsgerechtigkeit auch zur Frauenfrage, beziehungsweise zur Mütterfrage. Denn Frauen seien es in der Regel, die auch heute noch beruflich für die Kindererziehung zurückstehen würden, Arbeitszeit reduzieren und weniger einzahlen.

Eine Ohrfeige für Mütter

Nun ist das Urteil da. Allerdings: Das Bundesverfassungsgericht sieht zwar auch eine Benachteiligung schon ab dem zweiten Kind, hat aber nach Ansicht der Klagenden nun keinen wesentlichen Schritt für einen gerechten Umbau der Sozialversicherungssysteme getan, argumentiert die Familie Günther.

„Eine Ohrfeige für Mütter zum Vatertag“, so benannte Thorsten Kingreen, einer der Prozessbevollmächtigten, das aktuelle Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Außerdem findet Hanna Günther: „Es ist fragwürdig, dass es in Fragen von solcher Tragweite nicht mal eine mündliche Verhandlung gab.“ Jeder Reformgedanke werde so im Keim erstickt, so ihre Sorge.

Enttäuschung bei Familie Günther

Zum Abschluss des Gesprächs resümiert das Ehepaar: „Wir haben dort gewonnen, wo man auch hätte darauf verzichten können, aber wir haben dort verloren, wo man aus unserer Sicht ganz dringend etwas ändern müsste. Dieses Potenzial ist nun auf Jahre blockiert.“

Hanna Günther ergänzt mit dem Hinweis auf den taumelnden Generationenvertrag: „Uns allen läuft kostbare Zeit davon. Deshalb bin ich von dem Urteil so enttäuscht.“