Das Krankenhaus Stühlingen steht vor dem Aus. Was mehr oder weniger deutlich seit längerer Zeit in der Stadt als Gerücht kursierte, scheint nun Realität zu werden. Hintergrund ist die finanziell angespannte Situation des Betreibers, dem Gesundheitsverbund des Landkreises Konstanz. Die Konstanz-Singener Betreiber wollen das kleine Spital dringend loswerden. Bürgermeister Joachim Burger erläutert seinen Standpunkt und wie das Krankenhaus gerettet werden könnte.
Herr Burger, wie sieht die Strategie in Sachen Loreto-Krankenhaus der Stadt aus?
Unsere Strategie ist die Sicherung der Einrichtung in der bestehenden Struktur. Die Stadt ist im Austausch mit Mitarbeitern und ihrer Vertretung. Ein wichtiger Teilaspekt war die Teilnahme an der Mitarbeiterversammlung. Dort haben wir Informationen aus dem Gutachten erhalten, die es uns ermöglichen, ein eigenes Bild über die Zahlen, Daten und Fakten zu machen. Daraus leiten sich weitere mögliche Handlungsstränge ab.

Weiterhin ist es von uns zeitnah gewünscht, mit den Akteuren des Gesundheitsverbundes des Landkreises Konstanz, Aufsichtsrat und Geschäftsführung, in einen konstruktiven Austausch zu kommen. Dabei geht es um die folgenden Fragestellungen: Wie kann eine zukünftige Weiterführung mit oder ohne den Gesundheitsverbund aussehen? Wie kann sich die Stadt Stühlingen in diesen Prozess einbringen? Und wie kann sich der Landkreis Waldshut einbringen?
Was hat für Sie dabei Priorität?
Wir artikulieren ganz deutlich, dass wir weder die ambulante noch stationäre Versorgung, den Notarztstandort, das Medizinische Versorgungszentrum sowie die Rettungswache für Stühlingen und die umliegenden Kommunen für verzichtbar halten. Unsere Bürger brauchen eine gute und leistungsfähige Versorgung vor Ort.
Wie soll der Einsatz um den Standort vonstattengehen?
Die Stadtverwaltung will sich in die hoffentlich bald stattfindenden Gespräche sachlich und zielorientiert einbringen. Es ist wichtig, Möglichkeiten des Weiterbestehens zu erarbeiten und die Lösungen auf stabile Beine zu stellen. Wir möchten Teil der Lösung sein. Diese Gespräche müssen schnell stattfinden, sonst werden wir wichtige Akteure wie Ärzte und Pflegekräfte verlieren. Diese sind aber eine Grundvoraussetzung für Zukunftslösungen. Wer glaubt, diese wichtigen Akteure warten auf uns und einen langwierigen Fortführungsprozess, geht von falschen Annahmen aus. Es ist nicht mehr fünf vor Zwölf, sondern ganz schnell fünf nach Zwölf.
Sind Aktionen geplant?
Der Freundeskreis Loreto wird ein Schreiben an die Fraktionsvorsitzenden des Kreistages auf den Weg bringen. Dies wurde in der Vorstandssitzung besprochen.
Wie wird bei den Entscheidungsträgern für Verständnis geworben?
Es fällt uns als Betroffene schwer, Verständnis für das für das Krankenhaus Stühlingen im Raum stehende Szenario aufzubringen. In den letzten Tagen wurde ein gutes Beispiel für die Situation genannt. Man stelle sich vor, man hat einen guten Gebrauchtwagen verkauft. In den Jahren hat es der neue Eigentümer versäumt, Kundendienst und TÜV zu machen und in das Fahrzeug zu investieren. Aufgrund dieser Nachlässigkeiten erleidet das Fahrzeug einen Motorschaden. Mit diesem Schaden stellt man das Auto dem früheren Eigentümer vor die Tür und sagt „schau, was du damit noch anfangen kannst, wir haben keine Verwendung mehr.“
Wurde lange Zeit von der Portalfunktion des Loreto Krankenhauses für die Kliniken im Raum Konstanz und Singen gesprochen, wird diese Funktion als eher unbedeutend artikuliert. Gerade in Corona-Zeiten hat sich aufgetan, wie wichtig Ausweichmöglichkeiten und eine intakte Infrastruktur sein können. Stühlingen hat dabei für Entlastung gesorgt und auch Patienten aus dem Einzugsgebiet des Gesundheitsverbundes Konstanz aufgenommen. Über die fehlende Kommunikation im Vorfeld und bis heute, hätten wir uns ein anderes Vorgehen gewünscht.
Auf welcher Ebene wird jetzt geredet?
Bisher finden Gespräche, laut unserem Kenntnisstand, auf Ebene der Landkreise statt. Ob bereits Gespräche zwischen den Geschäftsführern des Gesundheitsverbundes und dem Klinikum Hochrhein stattfinden oder stattgefunden haben, entzieht sich unserer Kenntnis. Aber auch hier spielt der Zeitfaktor für das Fortbestehen eine wichtige Rolle. Auch zu Gesprächen in den Gremien der beiden Landkreise können wir keine Aussage treffen.
Wir können uns nur erhoffen, dass im Kreistag des Landkreises Waldshut der Nordosten nicht aus dem Blick einer ambulanten und stationären Versorgung fällt. Nach dem Bau des Klinikums in Albbruck, dem Gesundheitscampus in Bad Säckingen und der Nähe zum neuen Krankenhaus in Lörrach wäre der Westen des Landkreises in Zukunft deutlich besser aufgestellt. Wir eröffnen hier keine Neiddebatte, weisen aber auch daraufhin, dass die Menschen im Nordosten auch eine zukunftsfähige Versorgung für sich in Anspruch nehmen dürfen.
Wie sind überhaupt die Erfolgsaussichten?
Hier stellt sich die Frage, wie man Erfolg definiert und mit welcher Struktur man sich zufriedengeben kann oder muss? Ein Erfolg kann sein, wenn ein Teil der Strukturen für Stühlingen und die Umgebung erhalten bleibt und wir nicht alle paar Jahre Angst haben müssen, diese Strukturen zu verlieren. Wichtig ist aber, dass wir den vielen Mitarbeitern eine sichere Perspektive aufzeigen. Aufgrund der Tatsache, dass viele Akteure mit unterschiedlichen Interessen mitwirken, kann der Erfolg des einen, der Misserfolg des anderen sein.
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