Vor dem Kur- und Sporthaus in Häusern wehte der Wind am Freitagvormittag so kräftig, dass fleißige Helfer noch schnell die zerzauste Fahne des Landkreises in Ordnung bringen mussten, ehe Ministerpräsident Winfried Kretschmann vorfuhr.
Die Pandemie und ihre Folgen
Was ihn beim anschließenden Gespräch mit Abgeordneten, Bürgermeistern, Kreisräten und Landrat Martin Kistler erwartete, war indes eher ein laues Lüftchen.
Oder anders ausgedrückt: Ein höflicher, aber bestimmter Gedankenaustausch. Dabei ging es vor allem um die finanziellen Folgen der Corona-Pandemie für die Kommunen, die dramatische Lage des Waldes und das Verhältnis zur Schweiz.
Der Besuch, der mit einer Besichtigung des Holzbauunternehmens Kaiser in Bernau begann (Kretschmann: „Ich bin schlichtweg begeistert.“), war ursprünglich für den März dieses Jahres vorgesehen, damals coronabedingt aber abgesagt worden.

Die Corona-Pandemie verhinderte am Freitag auch das sonst bei solchen Anlässen übliche Gespräch des Ministerpräsidenten mit Bürgern.
Stellvertretend für sie ergriffen die von ihnen gewählten Volksvertreter das Wort. Wie es sich gehört, oft beginnend mit einem Lob an die Adresse des Gastes aus Stuttgart. Auf den Fuß folgte dann aber deutlich vorgetragen, wo der Schuh drückt. Zu aller vorderst galt das Augenmerk den kommunalen Finanzen. Denn je länger die Krise anhält, desto stärker brechen die Einnahmen der Kommunen weg.
Die vielleicht erhoffte, bei nüchterner Betrachtung der Lage aber nicht erwartete Wundertüte hatte der Ministerpräsident nicht im Kofferraum seiner Hybrid-Limousine mitgebracht. Erst wenn im September das Ergebnis der außerordentlichen Steuerschätzung vorliege, könne man verbindliche Aussagen treffen.

Winfried Kretschmann stellte eines aber schon einmal klar: „Alle Ebenen müssen jetzt Kosten tragen.“ Oder: „Einen 100-prozentigen Lastenausgleich wird es nicht geben.“ Was die Städte und Gemeinden konkret erwarten dürfen, müsse in der gemeinsamen Finanzkommission von Land und Kommunen ausgehandelt werden. Er versprach gleichwohl schnelle Übergangslösungen.
Etwas konkreter könnte es in der kommenden Woche für die 1800 Privatwaldbesitzer im Landkreis Waldshut und die insgesamt 19.000 im gesamten Land werden. Kretschmann: „Wir legen die Förderkulisse neu auf.“ Soll heißen, es wird wohl mehr Geld geben. Nicht mit Geld, dafür mit Worten und auch ein wenig Druck will sich der Ministerpräsident für zwei weitere Sorgenkinder der Menschen im Landkreis einsetzen. Bei einer endgültigen Lösung im Fluglärmstreit mit der Schweiz – am liebsten mit einem Staatsvertrag – und der Wahrung der deutschen Interessen bei der Schweizer Suche nach einem Endlager für Atommüll.
Zu Beginn des Treffens in Häusern hatte Landrat Martin Kistler die vielen positiven Seiten und die Vorzüge des Landkreises gepriesen, aber auch klar formuliert, wo er sich Hilfe und Unterstützung aus Stuttgart erwartet und erhofft. Rückblickend auf die vergangenen Wochen sagte Kistler, dass Probleme und Pandemien zwischen Wehr und Jestetten nur mit den Nachbarn lösbar seien: „Es muss alles grenzüberschreitend gedacht und getan werden.“ Passend dazu schenkte er Winfried Kretschmann eine Karikatur des Schweizers Silvan Wegmann.

Nach dem regen Meinungsaustausch trug sich Winfried Kretschmann noch in die goldenen Bücher der Gemeinde Häusern und des Landkreises ein. Die vom früheren Sternkoch Winfried Zumkeller vom benachbarten Restaurant „Kamino“ zurbereitete Nudelsuppe verschmähte der Ministerpräsident aus Zeitgründen.
Und abends in den Dom
Von Häusern ging es weiter nach Freiburg, ehe der Tross mit Mitarbeitern und Bodyguards wieder Kurs auf den Südschwarzwald nahm. Gänzlich unpolitisch besuchte Kretschmann noch den Dom St. Blasien.