Nicht nur Speck zum Z‘nüni lässt sich mit dem Schweizer Messer schneiden. Die Vielfalt der integrierten Werkzeuge macht es möglich, sich den Rest der Mahlzeit aus den Zähnen zu pulen, nebenher eine Flasche Bier zu öffnen und sich schlussendlich noch die Fingernägel zu schneiden. Weshalb von diesem Sackmesser, wie die Schweizer es nennen, ja eigentlich nichts Bedrohliches ausgeht
Vielzweckgerät wird zur Waffe
Dass dieses gemütliche Vielzweckgerät mit den roten Griffschalen jedoch auch zu einer lebensbedrohenden Gefahr werden kann, diese schmerzhafte Erfahrung musste im Juli vor 30 Jahren ein praktischer Arzt in Jestetten machen. Der damals 69-Jährige, seit fast drei Jahrzehnten in der Gemeinde praktizierende Mediziner, hielt an diesem Tag wie üblich seine Sprechstunde und ließ kurz nach zehn Uhr morgens den nächsten Patienten vor. Dabei handelte es sich um einen 35-Jährigen, schon seit Längerem in Jestetten wohnenden Mann.

Kurz darauf hörten die beiden Sprechstundenhilfen aus dem Behandlungszimmer lauten Stimmenwechsel. Als eine der Angestellten in das Zimmer trat, sah sie ihren aus mehreren Messerstichen blutenden Chef vor sich, während der Patient aus der Praxis flüchtete. Mit je fünf Stichen in Brust und im Oberarm war der Arzt niedergestreckt worden, wobei ein Stich sechs Zentimeter tief, also mit der ganzen Länge der Klinge, bis in unmittelbare Nähe zum Herz geführt wurde. Mit dem Hubschrauber wurde der Schwerverletzte in die Uniklinik Zürich geflogen.
Zwangseinweisung auf die Reichenau
Bei dem Täter handelte es sich nach den Ermittlungen der Kriminalpolizei um einen psychisch schwer gestörten Mann, der schon mehrfach in stationärer Behandlung gewesen war. Sein Angriff auf den Arzt erfolgte ohne Motiv in einem manisch-psychotischen Zustand. Ihm verordnete Psychopharmaka hatte der 35-Jährige nicht eingenommen. Er wurde in die geschlossene Abteilung der Psychiatrie Reichenau zwangseingewiesen.
Der Arzt erholte sich glücklicherweise schnell von seinen Verletzungen, die bis auf den lebensbedrohenden einen Stich nur oberflächlich waren.