Roland Gerd

Unter dem Begriff Challenge, aus dem Englischen mit Herausforderung zu übersetzen, hat sich in den sozialen Netzwerken ein Massen-Phänomen breit gemacht. Teil des Spiels ist es, weitere Mitwirkende zum Nachmachen einer bestimmten Aufgabe zu „nominieren“, so der Szene-Jargon. Schon legendär ist die weltweite Aktion, bei der sich die Teilnehmer mit einem Kübel Eiswasser übergossen haben. Bei Nachfolgekampagnen ist das Niveau nicht selten unterschritten und der Leichtsinns-Faktor bisweilen so gesteigert worden, dass schon über Tragödien berichtet werden musste. Wer Näheres wissen will, kann im Internet mit den Suchwörtern „gefährliche Challenges“ drastische Beispiele mit Risiken für Leib und Leben finden.

Das könnte Sie auch interessieren

Andere Varianten sind nicht lebensgefährlich, dafür aber mit einer hohen Kompromittierungs-Rate ausgestattet. Zu Fasnacht kursierte das Spektakel „Saufbild sonst Kasten“, das von der Stuttgarter Zeitung so zusammengefasst wurde: „Immer mehr User posten Suff-Bilder auf Plattform“. Die Spielregel: Wer trotz Einladung nicht mitmacht und ein Foto von sich beim Alkoholkonsum ins Netz stellt, muss einen Kasten Bier ausgeben. Von einem 17-jährigen Schüler aus Waldshut-Tiengen wurde eine Persönlichkeit zur Teilnahme aufgefordert, die sich normalerweise über Nominierungen freut: Bundestagsabgeordneter Felix Schreiner (35), der zuletzt im Juli 2020 von der CDU als Wahlkreiskandidat aufgestellt wurde. Auf Anfrage bestätigte der Politiker, dass er die Challenge-Offerte zur Kenntnis genommen, von einem Mitwirken aber abgesehen habe. Das ist nachvollziehbar, denn Mandatsträger wollen nicht unbedingt mit Trinkgelagen in Verbindung gebracht werden. Kein Verständnis zeigt unterdessen der Absender der Einladung: Von Schreiner, den er auch schon persönlich kennen und schätzen gelernt habe, fühlt er sich jetzt „ignoriert“, klagt er in einer Beschwerde-Mail und fügt an, dass die Angelegenheit „schon unter uns Jugendlichen Wellen geschlagen“ habe. Das klingt ganz nach einer neuerlichen Herausforderung für den Abgeordneten. Als Arbeitstitel schlagen wir „Jungwähler-Challenge“ vor.

Das könnte Sie auch interessieren