23 Jahre lang berichtete Claus Bingold als freier Mitarbeiter für diese Zeitung. Nun klappt der 76-Jährige endgültig den Laptop zu und hängt den Reporterjob an den Nagel. Mit seiner Frau verlässt der gebürtige Franke diesen Sommer seinen langjährigen Wohnort Waldshut-Tiengen, um gemeinsam den Lebensabend in Offenburg zu verbringen, jener Stadt, aus der Sabine Krug-Bingold stammt.
Viele kennen Claus Bingold als rasenden Reporter, der – ausgerüstet mit Kamera, Schreibblock und Kugelschreiber – von Termin zu Termin sauste, um über das Vereinsgeschehen, Konzerte, Gemeinderatssitzungen, Feste und weitere Anlässe für die Leser von SÜDKURIER und Alb-Bote zu berichten.
Zwei bis drei Termine an einem Abend
Sein Haupteinsatzgebiet war dabei die Gemeinde Weilheim, wo die Familie Bingold auch einige Jahre lebte. „Ich erinnere mich an Zeiten, als ich mit dem damaligen Bürgermeister Roland Arzner an einem Abend zwei bis drei Hauptversammlungen besuchte – ob bei schönem Wetter oder Schneetreiben“, blickt Claus Bingold im Gespräch mit dieser Zeitung zurück.
Nur wenige der zahlreichen Menschen, die er im Laufe seiner Karriere als Berichterstatter traf, kennen jedoch die wechselvolle und spannende Vita von Claus Bingold. 1946 geboren und aufgewachsen in Nürnberg, absolvierte er ab 1963 eine dreijährige Lehre als Koch. „Weil ich keine Lust mehr auf die Schule hatte“, erklärt er knapp.
Ab 1966 schloss der Sohn eines Arztes eine Ausbildung auf der Hotelfachschule in Heidelberg an. Einige Jahre lebte er in der bayerischen Hauptstadt München, mit der er als Franke nicht warm geworden sei. Nachdem er das Abitur nachgeholt hatte, begann er in Heidelberg ein Medizinstudium – jener Stadt am Neckar, an der nicht nur seit Jahrzehnten sein Herz hängt, sondern in der er auch sein Herz verloren hat. In einer Kneipe der Universitätsstadt lernte er Anfang der 1990er-Jahre die Lehramtsstudentin Sabine Krug kennen. „Damals hat man sich noch nicht übers Internet kennengelernt“, sagt Bingold schmunzelnd.
Doch noch einmal zurück in die Sechziger, jenem Jahrzehnt, das ihn nachhaltig geprägt hat. „Ich war schon immer eine linke Socke“, erklärt er und sein markantes rauchiges Lachen ertönt. Einen Vertrag für einen Managerposten in einem Hotel in Südafrika schlug er 1968 aus, weil er die damals auf strikte Rassentrennung setzende Apartheidspolitik des Landes verurteilte. Seine Liebe zu Heidelberg und zur Achtundsechziger-Bewegung drückt Claus Bingold mit seinem Autokennzeichen aus: Auf den Blechschildern prangen die Buchstaben und Ziffern WT-HD 1968.
Von Heidelberg an den Hochrhein
1994 zog das Ehepaar in den Landkreis Waldshut, nachdem Sabine Krug-Bingold eine Stelle als Lehrerin an der Robert-Schuman-Realschule in Waldshut angenommen hatte. Ihr Mann arbeitete zunächst als Lastwagenfahrer für verschiedene Speditionen und als Technikerassistent für ein Dentallabor in Weilheim.
Doch wie landete Claus Bingold eigentlich bei der Zeitung? Die Fotografin Romy Boll, Ehefrau seines Studienfreundes aus Heidelberger Zeiten Thomas Boll, der sich zwischenzeitlich als Arzt in Lauchringen niedergelassen hatte, entwickelte Ende der 1990er-Jahre Filme für die Lokalredaktion in der Waldshuter Bismarckstraße. „Hast Du nicht Lust, für den SÜDKURIER zu schreiben?“, habe Romy Boll ihn damals gefragt.
Gesagt, getan – und so begann 1999 Claus Bingolds Tätigkeit als freier Mitarbeiter. Seinen ersten größeren Bericht schrieb er über den Amtsantritt des damaligen Weilheimer Bürgermeisters Roland Arzner. „Ich hatte zu diesem Zeitpunkt noch keinen eigenen Fotoapparat“, erinnert er sich. Deshalb habe eine Fotografin ihn begleitet. Umgekehrt stand Bingold 2008 als Fotograf der Autorin dieses Berichts in Bonndorf zur Seite, als sie erstmals über eine Bürgermeisterwahl berichtete. „Wir hatten es lustiger“, erinnert er sich lächelnd an das gemeinsame Erlebnis.
Von Rosen bis Strohskulpturen
Viele Male hielt der Mann mit dem grauen Vollbart in Bild und Wort das Rosenfest in Nöggenschwiel, das Holzbildhauersymposium in St. Blasien, den Strohskulpturenwettbewerb in Höchenschwand, den Schwyzertag in Tiengen sowie zahlreiche Hauptversammlungen von Vereinen fest.
„Konzertberichte waren mir in all den Jahren jedoch das Liebste“, sagt der Musikfreund, der auch einige Jahre mit einem Ensemble auf der Theaterbühne stand. Besonders hebt Bingold dabei die Heubacher Hauskonzerte in Weilheim und das Wold-Town-Festival in Waldshut-Tiengen hervor. Der Fasnacht habe er als Nürnberger Protestant hingegen weniger abgewinnen können.
Seine fast 40 Jahre alte Moto Guzzi California 2 gibt der begeisterte Motorradfahrer vor seinem Umzug schweren Herzens aus gesundheitlichen Gründen in neue Hände ab. Seiner Saunaleidenschaft wird Claus Bingold aber ganz gewiss auch am neuen Wohnort in Offenburg nachgehen.