Seinen heutigen 70. Geburtstag hat sich Gerhard Grether wohl anders vorgestellt. Obwohl er, wie er am Telefon verrät, seine Geburtstage nie großartig feiert. Vielmehr wurmt ihn, dass er wegen der Corona-Pandemie seine Boxschüler und Vereinskollegen nicht sehen darf.
Boxen ist sein Leben
Auch bei seinem Boxring Klettgau ruht der Trainingsbetrieb. Zu Hause auf dem Sofa zu sitzen, ist für einen wie Gerhard Grether nahezu undenkbar. Denn: „Boxen ist mein Leben“, wie er unlängst bei seiner Ernennung zum Ehrenvorsitzenden rief.
Bleibt ihm heute, im kleinen Kreis seiner Familie über sein Leben mit dem Boxsport zu sinnieren. Und da gibt es eine Menge Geschichten, die der heute 70-Jährige erzählen könnte. Seine Vita ist zu lang, um all‘ seine Erfolge und Aktivitäten zu nennen.
Bei Arnold und Horst Schendel
1965 begann seine Boxerzeit, zehn Jahre nach der Gründung des Boxrings Klettgau. Arnold und Horst Schendel waren damals seine Ziehväter. Grether legte eine steile Amateursport-Karriere hin. Er schaffte es bis in die Bundesliga, wurde deutscher Militärmeister. Punktum: In den 1970er-Jahren heimste er zahlreiche Titel im Mittel-, Halbschwer- und Schwergewicht ein.
Länderkampf in Hennef
Er gibt sich bescheiden: „Das brauchst Du doch gar nicht alles schreiben.“ Nach seinen Höhepunkten befragt, pickt er sich dann doch noch etwas heraus. „Damals in meiner Bundesligazeit in Worms wurde ich zu einem Länderkampf in Hennef eingeladen.“ Und: 1975 sei die Boxstaffel des Boxrings, damals mit Edwin Schlatter, in Bayern bei 1880 München zu Gast gewesen.
Der Champ liegt schon am Boden
Grether erzählt, wie er um ein Haar den Amateur-Europameister von 1969 und olympischen Bronzemedaillengewinner 1968, Günther Meier, besiegt hätte. „Es war im Festzelt, beim – wie heißt das große Fest da? – ach ja Oktoberfest. Meier war in der zweiten Runde schon am Boden, ich war aber am Auge verletzt. Der Kampf wurde deshalb in der dritten Runde abgebrochen“, erzählt der Jubilar, „es wäre knapp geworden.“
Nach dem Ende seiner Aktivzeit war noch lange nicht Schluss. Der Boxsport und sein Verein ist bis heute ein Teil seines Lebens geblieben. Als Trainer gibt er nach wie vor sein Wissen und seine Erfahrung an seine Boxschüler weiter. Einer war sein Thomas, der fast ebenso erfolgreich wie sein Vater war.
Seine „Talentschmiede“ ist beliebt, Anlaufpunkt für viele junge Boxer. „Im Moment ist ja nix. Aber normal kommen 35, 40, fast 50 Leute ins Training“, sagt er. Grether steht fast an jedem Tag in der Halle. Dazu kommt seine Tätigkeit als Vorsitzender. „20 bis 25 Stunden fordert mich der Verein schon“, rechnet er.

Und dann klingt sie wieder durch, seine Bescheidenheit und Gelassenheit. Er beginnt wie immer mit den Worten: „Du weißt ja ...“ Er spricht weiter: „Es liegt mir am Herzen. Man muss irgendwas machen.“ Er weiß, dass er sich bei allem auf sein Vorstandsteam und seine fleißigen Helfer verlassen kann. „Alleine kann ich so einen Verein nicht führen.“
Seit 50 Jahren verheiratet
Und da ist noch seine Frau Hildegard, die er 1969 bei einem Boxkampf in Bad Säckingen kennengelernt hat. Er lacht und sagt, während seine Frau im Hintergrund sitzt und mithört: „Sie hat bedient. Ein Blick, und es hat gefunkt.“ Seine „Hilde“ hat ihn immer unterstützt und tut es bis heute. „Anders geht es nicht.“ Erst kürzlich feierten die beiden ihre Goldene Hochzeit.

Grether wird nachdenklich: „Ja. Die Boxveranstaltungen beim Schwyzertag und bei der Chilbi waren schon klasse.“ Boxveranstaltung gab es immer in seiner Ära. „Heute habe alles abgebaut. Du siehst es ja.“ Solche Veranstaltungen würden immer seltener. Aber einer wie Grether, der „Mister Boxring“, der Kämpfer, Organisator und Entertainer, lässt sich nicht entmutigen.
Wie lange noch? Er klopft auf Holz. „Toi, toi, toi – es geht alles noch.“ In fünf Jahren feiert der Verein das 70-Jährige. „Wenn‘s geht, möchte ich das noch durchziehen. Es könnte mein großes Abschiedsfest werden.“ Dann ist Grether 75. Und wie sagt er doch immer so schön? „Du weißt ja.“