„Erschreckend“ seien die vielen Fälle, kommentierte Gabriele Schäuble von den Freien Wählern die Zahlen, die dem Laufenburger Gemeinderat kürzlich präsentiert wurden. Damit war sie im Rat nicht allein. Tatsächlich lassen die Zahlen, die Schulsozialarbeiterin Chiara Jelk dem Gremium präsentierte, aufhorchen: acht Fälle von körperlicher Gewalt, drei Kindeswohlgefährdungen und drei Fälle sexuellen Missbrauchs, um nur einen Ausschnitt der Statistik zu nennen, die im Ratssaal an die Wand gebeamt wurde.

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Seit Januar ist Jelk als Nachfolgerin von Laura Hauber an der Hans-Thoma-Schule in Laufenburg und der Hebelschule in Rhina und Luttingen tätig. Im ersten halben Jahr haben sich 131 Schüler an Jelk gewandt. Darunter auch Kinder und Jugendliche, die von Missbrauch und körperlicher Gewalt erzählten. In einem Fall von Kindeswohlgefährdung machte Jelk ein Meldung ans Jugendamt, wie sie im Gemeinderat ausführte. Warum nur in einem Fall? „Bei den beiden anderen Fällen, die von Schülern angesprochen wurden, war das Jugendamt bereits verständigt worden“, sagt Jelk auf Nachfrage.

Doch was ist mit den drei Missbrauchsfällen, warum hat Jelk dort keine Meldung beim Jugendamt gemacht?

„Da die Missbräuche nicht im häuslichen Umfeld, sondern im weiteren Umfeld stattgefunden haben, habe ich die Eltern informiert“, erklärt die Schulsozialarbeiterin. Hätte ein Elternteil den Missbrauch begangen, wäre es anders gewesen. Dann hätte Jelk eine Meldung beim Jugendamt gemacht, wie sie es bei der einen Kindeswohlgefährdung tat. „Dann bin ich von meiner Schweigepflicht entbunden. Bevor ich eine Meldung machen kann, brauche ich aber die Einschätzung einer psychologischen Fachkraft.“

Schulsozialarbeiterin Chiara Jelk.
Schulsozialarbeiterin Chiara Jelk. | Bild: Kanele, Susanne

Und was ist mit den Fällen von Vernachlässigung, seelischer und körperlicher Gewalt?

Hier relativiert Jelk die nackten Zahlen etwas. In der Sozialarbeit werde auch dann von körperlicher Gewalt gesprochen, wenn noch keine Kindeswohlgefährdung vorliege. „Etwa wenn ein Kind einmal einen Klaps auf den Hinterkopf bekommt. Da geht es vor allem darum, den Kindern zu zeigen, dass auch einmal schon zu viel ist und sie sich das nicht gefallen lassen müssen.“

Und Vernachlässigung liege etwa vor, wenn ein Kind nur eine warme Mahlzeit pro Tag erhalte oder ihm niemand bei den Hausaufgaben helfe. „Da suche ich das Gespräch mit den Eltern, um mit ihnen zu schauen, wie sie die Bedürfnisse ihres Kindes besser berücksichtigen können.“

Allerdings geht Jelk davon aus, dass sie bisher nur die Spitze des Eisbergs gesehen hat

„Die Dunkelziffer sowohl bei körperlicher und seelischer Gewalt als auch bei Missbrauch dürfte höher liegen“, so die Schulsozialarbeiterin. So hätten einzelne Schüler bis zu sechs Monate gebraucht, bis sie sich überwinden konnten, mit ihr zu sprechen. „Im Vergleich zu größeren Städten haben wir immer noch wenige Fälle, aber die Probleme sind auch im ländlichen Raum angekommen.“ Deshalb sei es nicht nur wichtig, die Kinder zu stärken, sondern auch die Lehrer zu sensibilisieren.

„Wichtig wäre im Landkreis eine Beratungsstelle für sexualisierte Gewalt, an die sich Lehrer und Sozialarbeiter wenden können.“ Bisher werde auf entsprechende Stellen in anderen Kreisen ausgewichen. „Aber die sagen uns auch, dass sie die Kapazitäten schlicht nicht mehr haben.“