Gute Nachrichten für die Bewohner des Landkreises Waldshut. Die aktuelle Kriminalitätsstatistik weist den Landkreis als einen der sicheren in Baden-Württemberg aus. Anders sieht es bei den Nachbarn aus: Der Landkreis Lörrach ist mit Abstand das Schlusslicht. Hier passieren – gemessen an der Bevölkerungszahl – landesweit die meisten Straftaten.

Das sind für den Hochrhein die Sonnen- und Schattenseiten der Statistik, die die Polizei am Montag bei einem Pressegespräch in Lörrach präsentierte. Freiburgs Polizeipräsident Franz Semling bezeichnete den Landkreis Waldshut als „unseren sichersten Landkreis.“ Das Polizeipräsidium (PP) Freiburg ist zuständig für die Kreise Emmendingen, Breisgau-Hochschwarzwald, Lörrach, Waldshut und die Stadt Freiburg.

Nach der Corona-Delle nehmen Straftaten wieder zu

Insgesamt ist durch die Bank bei den meisten Straftaten ein einheitlicher Trend bemerkbar: Die Zahl der Straftaten stieg im Vergleich zum Vorjahr 2021 an, teils sogar dramatisch. Allerdings: Dieser Anstieg lasse sich erklären, betonten Franz Semling und Arno Englen (Leiter der Kriminalpolizeidirektion).

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Ein Blick auf die Zehn-Jahres-Entwicklung: Hier sanken die Straftaten durchweg kontinuierlich, und nochmals besonders stark in den Pandemie-Jahren (Lock-Down). Mit dem Anstieg in 2022 zeigt sich nun deutlich die Corona-Delle, bei vielen Deliktsfeldern liegen die Fallzahlen jetzt auf dem Niveau von 2019.

Verhaftet: Die Aufklärungsquote im Bereich des Polizeipräsidums Freiburg lag 2022 bei 61 Prozent. Zum Dienstbezirk gehören die ...
Verhaftet: Die Aufklärungsquote im Bereich des Polizeipräsidums Freiburg lag 2022 bei 61 Prozent. Zum Dienstbezirk gehören die Landkreise Waldshut, Lörrach, Breisgau-Hochschwarzwald, Emmendingen und die Stadt Freiburg. (Symbolbild) | Bild: Paul Zinken

Südbaden ist Kriminalitätsspitzenreiter

Zu den konkreten Zahlen: Insgesamt hat Südbaden (PP Freiburg) mit über 68.000 Straftaten die höchste Kriminalitätsrate in Baden-Württemberg. Dieses Niveau liegt in erster Linie am Stadtkreis Freiburg (landesweiter Negativ-Tabellenführer) und eben am Landkreis Lörrach. Der Kreis Emmendingen liegt eher im Mittelfeld, der Landkreis Waldshut sogar darunter.

Kreis WT: Ländliche Region mit vergleichsweise wenig Verbrechen

Der Landkreis Waldshut: Zwischen Wehr und Jestetten bis hinauf nach St. Blasien und Bonndorf wurden im vergangenen Jahr in absoluten Zahlen 6810 Straftaten registriert. Im Vergleich interessant sind jedoch nicht die absoluten Zahlen, sondern die Häufigkeitszahl. Diese setzt die Straftaten ins Verhältnis zur Bevölkerungszahl: also Straftaten pro 100.000 Einwohner.

Diese Häufigkeitszahl liegt im Landkreis WT bei 3977. Zum Vergleich Lörrach: 8477. Dennoch hat auch Waldshut einen Anstieg um 8,5 Prozent. Wobei das Niveau 2022 im Zehn-Jahres-Vergleich im Bereich des Jahres 2018 liegt.

Im Landkreis Waldshut sind im Jahr 2022 6810 Straftaten registriert, im Landkreis Lörrach 19.449. (Symbolbild)
Im Landkreis Waldshut sind im Jahr 2022 6810 Straftaten registriert, im Landkreis Lörrach 19.449. (Symbolbild) | Bild: David Inderlied

Gleichwohl gibt es im Einzelnen durchaus bedenklich Zahlen: Gerade bei Sexualdelikten wie sexuelle Belästigung, Nötigung, Missbrauch und Vergewaltigung sind die Zahlen teils über 100 Prozent angestiegen. So erfasst die Statistik 2022 20 Vergewaltigungen im Kreis Waldshut, 2021 zehn.

Querdenker-Proteste sorgten für starke Belastung

Ebenfalls eine erhebliche Zunahme zeigen die Verstöße gegen das Versammlungsrecht. Dieses Phänomen zieht sich im Übrigen durch ganz Südbaden und hat 2022 viele Polizeikräfte gebunden. Im Landkreis Waldshut waren es laut Semling nur neun Fälle im Jahr 2021, letztes Jahr dagegen 145.

Hintergrund dieser Zunahme seien hauptsächlich Querdenker-Demonstrationen, so die Experten. Einsätze der Polizei waren da unter anderem notwendig bei Auflösung nicht angemeldeter Demonstrationen oder bei Aufeinandertreffen mit Gegen-Demos.

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Nur leicht zugenommen nach der Corona-Delle haben die Diebstahlszahlen. Auch Wohnungseinbrüche ziehen zwar leicht an, bleiben im Landkreis WT aber laut Kripochef Englen auf vergleichsweise niedrigem Pegel.

Mehr Gewalt: Auch im Landkreis Waldshut stiegt die Zahl der Partnergewalt letztes Jahr auf 231 Fälle an (2021: 148). 80 Prozent der ...
Mehr Gewalt: Auch im Landkreis Waldshut stiegt die Zahl der Partnergewalt letztes Jahr auf 231 Fälle an (2021: 148). 80 Prozent der Opfer sind weiblich. (Symbolbild, gestellte Szene) | Bild: Bernd Weißbrod

Die langfristige Entwicklung: Die Zahl der Einbrüche sank von 2016 (114) stetig ab und liegt nach der Corona-Delle (25 Fälle in 2021) bei jetzt 42 Einbrüche, was dem Niveau von 2019 entspricht. Zusammenfassend sagte Polizeipräsident Franz Semling zur Waldshuter Statistik: „Solche Zahlen zeigen wir gerne“.

Die rote Laterne: Landkreis Lörrach mit den meisten Straftaten

Weniger Freude macht hingegen die Kriminalität im Nachbarlandkreis. Die Polizeiexperten bezeichnen ihn als hochbelastet. Lörrach ist mit 8477 Straftaten pro 100.000 Einwohner der traurige Spitzenreiter im gesamten Land Baden-Württemberg.

Selbst in absoluten Zahlen (19.449 Straftaten) wird Lörrach (229.000 Einwohner) nur knapp von vier Kreisen übertroffen, die allesamt aber eine halbe Million Einwohner messen. Den Grund für die Lörracher Zahlen sehen Semling und Englen vor allem in der Grenznähe im Dreiländereck.

Mehr Straftaten durch Flüchtlingszustrom

In der Lörrach-Statistik gab es Steigerungen auf fast allen Deliktsfeldern. Jedoch besonders interessant sind die sogenannten „Straftaten im öffentlichen Raum“: Die sind binnen eines Jahres gestiegen von 6800 auf 10.600. Getragen wird diese Eruption in erster Linie durch Vergehen gegen das Ausländerrecht.

Daneben zählen zu den Straftaten im öffentlichen Raum auch Diebstahl und Rohheitsdelikte (Körperverletzung etc). Diese haben mäßig zugenommen, die Verstöße gegen das Ausländerrecht hingegen von 1289 Fällen (2021) auf 4181 (2022). Polizeipräsident Semling erklärt dies mit der aktuell starken Zunahme des Flüchtlingsstromes. So sind die Deliktszahlen vergleichbar mit denen der Flüchtlingskrise vor sechs bis sieben Jahren.

Warum gerade der Landkreis Lörrach?

Der ist vom Flüchtlingsstrom wegen der Grenze im Dreiländereck weit mehr betroffen als etwa der Landkreis Waldshut, so Semling. Denn die Flüchtlingsroute führe über den Balkan, Österreich und durch die Schweiz ins Dreiländereck.

Bald mehr Polizeikräfte für Südbaden?

Ausblick: Zur Entlastung der Polizeibeamten dürfte die Entscheidung des Landes führen, die Personalstärke zu erhöhen. 800 neue Stellen soll es für die Polizeipräsidien landesweit geben, teilte Semling mit. Er geht davon aus, dass Südbaden mit seinem Polizeipräsidium Freiburg „überproportional“ profitieren dürfte. Denn immerhin hat der Dienstbezirk des Polizeipräsidiums Freiburg die höchste Kriminalitätsrate in ganz Baden-Württemberg.

Wie zusätzliche Kräfte dann auf die einzelnen Landkreise verteilt werden, mochte Semling noch nicht sagen. Nur soviel: Je nach Belastung der dortigen Kollegen. Was heißt das für den Landkreis Waldshut? Der dürfte mit seiner vergleichsweise niedrigen Kriminalität dann wohl kaum von großen Personalzuwächsen gesegnet sein.

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