Markus Uhlenbrock-Ehnes, Gemeinderat aus Dogern und bis 2004 Mitglied des Kreisrates, musste sich am vergangenen Donnerstag vor dem Amtsgericht Freiburg mit zwei weiteren Angeklagten wegen Nötigung verantworten. Gemeinsam mit mehreren Aktivisten der Gruppe Letzte Generation hatte sich Uhlenbrock-Ehnes, Pächter der Bioland-Gemüsegärtnerei Eulenhof in Dogern, am 22. Dezember 2022 auf der Bismarckallee vor dem Freiburger Hauptbahnhof festgeklebt und damit den Verkehr zum Erliegen gebracht.

Das Amtsgericht Freiburg verurteilte die drei Angeklagten zu Geldstrafen, ob sie gegen das Urteil Berufung einlegen werden, ist noch offen. Die Rechtsbeistände der Angeklagten hatten einen Freispruch gefordert.

Beratung nach dem Urteilsspruch: Markus Uhlenbrock-Ehnes mit Rechtsbeistand Zoë Ruge.
Beratung nach dem Urteilsspruch: Markus Uhlenbrock-Ehnes mit Rechtsbeistand Zoë Ruge. | Bild: Alexander Jaser

Staatsanwältin Schiefler: „Sie nehmen andere in Geiselhaft“

Ziel der Aktion sei es gewesen, so Staatsanwältin Schiefler in ihrer Verlesung der Anklageschrift, „Maßnahmen der Bundesregierung gegen den Klimawandel zu erzwingen.“ Durch die nicht angemeldete Versammlung seien „Autofahrer zum Anhalten gezwungen worden und der Verkehr vollständig zum Erliegen gekommen.“ Im Ergebnis mussten die Aktivisten durch Rettungskräfte der Berufsfeuerwehr Freiburg von der Straße gelöst und durch die Polizei „von der Fahrbahn getragen werden“, so Schiefler weiter.

Die rechtliche Bewertung der Aktion der Aktivisten durch Staatsanwältin Schiefler in ihrem Schlussplädoyer war eindeutig: „Der Schutz der Versammlungsfreiheit durch das Grundgesetz deckt den Zweck der Handlung nicht ab, daher ist ihr Verhalten verwerflich. Sie haben Gewalt ausgeübt gegen willkürlich ausgewählte Opfer, damit die Bundesregierung so handelt, wie sie es wollen.“ Das sei Grundgesetz, so Schiefler: „Sie nehmen andere in Geiselhaft, aber sie haben kein Widerstandsrecht, um andere für ihre Zwecke zu missbrauchen. Diese Form des Protestes ist strafbar.“

Bei der Forderung des Strafmaßes von 30 Tagessätzen zu 50 Euro zeigte sie allerdings Verständnis für Markus Uhlenbrock-Ehnes, „da er in seinem Leben schon viele Aktivitäten versucht hat und daher auch frustriert ist.“

Richterin hat Verständnis: „Es gab kein Wille, eine gefährliche Situation zu schaffen“

Richterin Bucher hielt den drei Angeklagten ihr Bewusstsein für die mit der Aktion verbundenen Gefahren zugute und betonte in ihrem Urteilsspruch ausdrücklich, es sei „kein Wille vorhanden gewesen, eine gefährliche Situation zu schaffen.“ Das Strafmaß für Markus Uhlenbrock-Ehnes lautete auf 60 Tagessätze zu 10 Euro wegen Nötigung.

Zwar sei, so Richterin Bucher in ihrer Urteilsbegründung, der „altruistische Zweck der Handlung moralisch anzuerkennen“, doch könne „ziviler Ungehorsam rechtlich nicht zur Begründung der Tat anerkannt werden.“ Vielmehr handele es sich um eine „Instrumentalisierung“ der Autofahrer, so die Richterin weiter, „deren Opferpflicht nicht hingenommen werden muss. Straftaten können auch nicht für einen richtigen Zweck gebilligt werden.“

Zahlreiche Zuschauer verfolgten die Verhandlung vor dem Amtsgericht Freiburg.
Zahlreiche Zuschauer verfolgten die Verhandlung vor dem Amtsgericht Freiburg. | Bild: Alexander Jaser

Angeklagter entschuldigt sich bei Autofahrern

Für Markus Uhlenbrock-Ehnes, der sich in seinem Schlusswort vor Gericht ausdrücklich bei den Autofahrern entschuldigte, ist die persönliche Zukunft trotz des Urteils klar: „Als jahrzehntelang tätiger Biolandwirt kann ich nicht länger zusehen. Wir sind die letzten, die den unumkehrbaren Kollaps des Systems noch verhindern können.“ Für ihn, erklärte er zum Richtertisch gewandt, sei „ziviler Ungehorsam notwendig, dabei bin ich weder radikal noch kriminell, sondern ein verzweifelter Bürger.“

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Markus Uhlenbrock-Ehnes will als Biolandwirt in Dogern aufhören

Sein Entschluss, die Bioland-Gemüsegärtnerei Eulenhof abzugeben, sei daher schon vor der Gerichtsverhandlung vom vergangenen Donnerstag gefallen: „Ich gebe den Hof auf, da ich nun Vollzeit in den Aktivismus gehe und bin froh darüber, dass wir einen Nachfolger gefunden haben.“ Nach 17 Jahren als Pächter des Eulenhofs sei dies für ihn eine „Herz- und Kopfentscheidung“: „In wenigen Tagen wird mein nächstes Enkelkind geboren und aufgrund meines Alters habe ich nur noch einen begrenzten Handlungsspielraum und gehe davon aus, dass der Weg des zivilen Ungehorsams der effektivste Weg ist um etwas zu verändern.“

Seit Jahrzehnten in der Region ehrenamtlich tätig

Seit Jahrzehnten ist der 61-jährige Markus Uhlenbrock-Ehnes in Dogern ehrenamtlich tätig, hat „schon immer einen großen Idealismus verspürt“ und sich daher in vielen Bereichen engagiert. Sei es in der Politik, dem Tier- und Naturschutz oder zuletzt bei der Flüchtlingshilfe – „Was ich in den letzten 45 Jahren gemacht habe, war nicht so schlecht, aber es ist an seine Grenzen gestoßen.“ Mit einem „Weiter so“ komme man nicht aus der Klimakrise.“ Tief beeindruckt vom Engagement Gretha Thunbergs habe er daher vor einem Jahr in Konstanz erstmals an einem Protesttraining der Letzten Generation teilgenommen und sich schließlich an der Aktion vom 22. Dezember 2022 auf der Bismarckallee in Freiburg beteiligt.

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