Markus Baier und Michael Neubert

Kommt es zu einer erneuten Grenzschließung hätte dies für den Hochrhein verheerende Konsequenzen. In diesem Punkt sind sich IHK, Politiker und Vertreter der Gewerbeverbände im Kreis Waldshut einig. Denn schon die erste Grenzschließung im Frühjahr hat für Handel und Gewerbe in der Region nicht nur massive Umsatzeinbrüche mit sich gebracht, es hat auch zu einem Vertrauensverlust bei der Kundschaft geführt und Kundenströme aus den Innenstädten abgezogen. Die Folgen sind bis jetzt spürbar. Daher fordern die Akteure ein Handeln mit Augenmaß, bei dem die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Vordergrund steht.

„Zu dem, was wir gelernt haben, zählt, dass nationale Grenzen nur im äußersten Falle gänzlich geschlossen werden dürfen“, sagt Claudius Marx, Hauptgeschäftsführer der IHK Hochrhein-Bodensee, in der Rückschau auf die Maßnahmen zur Pandemie-Bekämpfung vom Frühjahr.

Wirtschaftlicher Schaden immens

Die Schließung der Grenze habe sich dabei besonders als Fehler erwiesen, denn der wirtschaftliche Schaden in der Grenzregion sei eklatant. Daher sei es zunächst ein gutes Signal, dass die Grenzregion explizit von der Quarantänepflicht gemäß der Corona-Einreisebestimmungen ausgenommen sei. Dass aber durchaus widersprüchliche Informationen zur Einstufung der übrigen Schweizer Regionen bestehen, könne derweil noch zum Problem werden, denn Verunsicherung könne dazu führen, dass die Schweizer Kundschaft nicht mehr nach Deutschland komme, befürchtet Marx.

Die IHK-Organisation setze sich jedenfalls auf allen Ebenen dafür ein, „dass die Schlagbäume oben bleiben“. In Berlin ist der DIHK mit den zuständigen Ministerien im engen Austausch. Vor Ort gebe es einen grenzüberschreitenden Schulterschluss der Wirtschaftsverbände, der nicht zuletzt in Form einer gemeinsamen Erklärung deutscher, Schweizer und französischer Verbände zum Ausdruck kommt.

„Die Schweizer Kunden kommen im Moment nach wie vor gerne zu uns. Aber der eine oder andere entscheidet sich aus Vorsicht vielleicht doch, zu Hause zu bleiben“, sagt Jochen Seipp vom Werbe- und Förderungskreis (W+F) Waldshut. Er verweist auf die 24-Stunden-Regel, die beidseitig gelten. Er meint, dass sich wahrscheinlich nicht viel ändere. Zumindest was den Zulauf aus den Grenzkantonen betrifft.

Verzicht auf vermeidbare Kontakte

Handel und Gewerbe in der Gemeinde Jestetten sind besonders von Schweizer Kunden abghängig. Nach Einschätzung von Bürgermeisterin Ira Sattler beeinflusse die Risikogebietseinstufung den Einkaufstourismus aber nicht wesentlich. „Die einen werden ihre Eigenverantwortung ernst nehmen und ihre Reisetätigkeit reduzieren beziehungsweise auf das unvermeidbare Maß verringern. Die anderen denken vielleicht, dass die Infektionsgefahr im benachbarten Deutschland geringer ist und reisen erst recht über die Grenze zum Einkaufen“, meint sie. Man werde so oder so abwarten müssen.

Auch Landrat Martin Kistler plädiert massiv für die Offenhaltung der Grenzen: „Wir sind als Grenzregion miteinander aufs Engste verflochten, wirtschaftlich, familiär und kulturell.“ Nach seinem Dafürhalten habe das Land Baden-Württemberg dieser Realität mit der Quarantäne-Verordnung der 24-Stunden-Regelung Rechnung getragen, was er sehr begrüße. Von größerer Bedeutung als die geografische Herkunft sei, „dass sich alle verantwortlich verhalten und unnötige Kontakte, aber auch unnötiges Reisen, vermieden werden.“

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Die Informationswege zwischen den Grenzlandkreisen und den Grenzkantonen seien seit Jahren gut ausgebaut und auch in der Pandemie funktioniere der Kontakt über die Grenze hinweg reibungslos, so Kistler.

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„Die Grenze muss offen bleiben“, stellt auch Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter klar. Denn vom Frühjahr und den damaligen Maßnahmen bleibe vor allem das Chaos in Erinnerung, das nach der Grenzschließung entstanden sei.

Ähnliche Fehler gelte es künftig zu vermeiden. Vielmehr müsse das Engagement auf grenzüberschreitende Lösungen abzielen, etwa dass die Corona-Warn-App grenzüberschreitend kompatibel gemacht werde.

In eine ähnliche Richtung zielt eine gemeinsame Mitteilung der beiden CDU-Bundestagsabgeordneten Felix Schreiner (Waldshut) und Andreas Jung (Konstanz). Wirklich effektiv im Kampf gegen Corona seien nicht Schlagbäume, „sondern grenzüberschreitende Abstimmung und gemeinsame Vorsicht.“

Intensiver Austausch, vergleichbare Regeln und die grenzüberschreitende Nachverfolgung von Kontakten seien wichtige Säulen der gemeinsamen Bekämpfung von Corona. Darauf müsse weiter aufgebaut werden. „Grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist eben nicht etwas nur für Sonnentage, sie muss sich auch im Herbststurm beweisen“, betonen die Abgeordneten. Ein Alleingang führe in diesem Fall mit ziemlicher Sicherheit in eine Sackgasse.

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