Seit Anfang Dezember steigt wieder Dampf aus dem Kühlturm des Atomkraftwerks Leibstadt direkt gegenüber von Waldshut auf. Die Wiederaufnahme des Betriebs erfolgt gemäß einer Pressemitteilung des Kernkraftwerks schrittweise, die volle Leistung des Reaktors soll in den kommenden Tagen wieder erreicht werden.
Die Ende Mai begonnene Jahreshauptrevision dauerte sechs Monate und stellt somit die längste revisionsbedingte Abschaltung des Kraftwerks dar, wenn man ungeplante Unterbrechungen der 37 Jahre alten Anlage außen vor lässt. „Die jährliche Revision dauert in der Regel nur einen Monat. Die Dauer der Abschaltung ergab sich aus der umfassenden Modernisierungen“, sagt Mediensprecher Thomas Gerlach.
So wurden während des Projekts der Kondensator und das Reaktorumwälzsystem ersetzt. Der Kondensator, der nach seiner mehr als 30-jährigen Betriebsdauer ausgetauscht werden musste, überträgt die Wärme vom inneren Reaktorkreislauf auf den äußeren Kühlkreislauf mit dem Kühlturm.
Modernisiert wurde auch das Umwälzsystem außerhalb des Reaktors, das die Zirkulation des Wassers im Reaktorkern regelt. Statt mit Regelventilen wird die Umwälzung neu mit drehzahlgeregelten Motoren gesteuert. Damit wird laut dem Unternehmen die Steuerung effizienter und das An- und Abfahren der Anlage einfacher. Laut Gerlach kosten die Investitionen das Unternehmen mehr als 200 Millionen Franken.
Eigentlich hätte die Revision bereits Ende Oktober abgeschlossen sein sollen – und musste dann kurzfristig um einen Monat verlängert werden. Gerlach sagte dieser Zeitung damals, dass die Installation von Kleinleitungen im Umwälzsystem mehr Zeit benötige, als einkalkuliert war.
Die Verzögerung wurde teuer für den Schweizer Strommarkt. Die Energiedienstleister, allen voran der Hauptanteilseigner Axpo, verkaufen die Produktion aus den Kraftwerken nämlich weit im Voraus – ein ungeplanter Ausfall wie diese Verzögerung sorgt dafür, dass kurzfristig Ersatzstrom zu aktuellen Marktpreisen beschafft werden muss. Laut einer Berechnung der Neuen Zürcher Zeitung müsste bei den Energiedienstleistern durch die Verzögerung ein Verlust von mehr als 200 Millionen Franken entstanden sein.
Gemäß der Pressemitteilung wurde während der Revision ein Inspektionsprogramm am Reaktordruckgefäß und dessen Einbauten an rund 600 Prüfstellen durchgeführt. An zwei Stellen einer eingebauten Rohrleitung seien dabei Risse gefunden geworden.
„Unsere sicherheitstechnische Bewertung zeigte, dass alle Sicherheitsanforderungen vollumfänglich erfüllt sind. Dies wurde auch vom Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat bestätigt. Wir werden bei der kommenden Revision die Stellen erneut untersuchen und dann entscheiden, welche Maßnahmen längerfristig sinnvoll sind“, so Gerlach.
Eine Studie der Technischen Hochschule Brandenburg kam jüngst zu dem Ergebnis, dass das Kernkraftwerk internationale Sicherheitsstandards nicht mehr erfülle. Die Studie wurde von der atomkritischen Schweizerischen Energiestiftung beauftragt.