Der Landkreis Waldshut befindet sich in unmittelbarer Nähe zweier Schweizer Atomkraftwerke (Leibstadt und Beznau) sowie in mittlerer Entfernung zum französischen Kraftwerk Fessenheim. Welche Auswirkungen ein Störfall in einer der Anlagen haben könnte und welche Maßnahmen zur Verfügung stehen, darüber informierte das Landratsamt jüngst in einer Infoveranstaltung. Viele der gut 200 Teilnehmer – unter ihnen zahlreiche Kreisräte und Bürgermeister der Region – äußerten im sich Anschluss besorgt.

Über mögliche Störfalle von Kernenergieanlagen und ihre möglichen Auswirkungen informierte Matthias Zähringer vom Bundesamt für Strahlenschutz in Freiburg. Seine Aufgabe ist es, sämtliche Szenarien – so unwahrscheinlich sie auch sein mögen – durchzurechnen und mögliche Auswirkungen aufzuzeigen.
Ziel sei es, so auch auf den größten anzunehmenden Unfall vorbereitet zu sein. Je nach erwarteter Strahlendosis reichten die Maßnahmen vom Verbleib in Gebäuden, über die Einnahme von Jodtabletten bis hin zur Evakuierung. Dass solche Maßnahmen immer einen Kompromiss darstellen, betonte Zähringer ebenso, wie die geringe Wahrscheinlichkeit eines Extremszenarios.
Maßnahmen im Extremfall
Jede Maßnahmenstrategie richte sich nach der jeweiligen Art und Schwere des Störfalls, aber auch nach der Windrichtung, der Verkehrssituation und logistischen Fragen, wie zum Beispiel der Verfügbarkeit von Bussen und Fahrern im Falle einer notwendigen Evakuierung. Welche dieser Maßnahmen wie und wann durchgeführt würden, ist Teil der Planungen des Amtes für Katastrophenschutz beim Regierungspräsidium Freiburg.
Referatsleiterin Tina Schlick erklärte die Planungsarbeit in Sachen Evakuierungszonen und -wegen sowie die Zusammenarbeit mit deutschen und Schweizer Stellen. Wie ein entsprechender Experten-Stab im Landratsamt arbeiten würde, beschrieb Petra Hall vom Landratsamt Waldshut. Sie erklärte die Zusammenarbeit mit den Schweizer Behörden, unter anderem im Rahmen der alle zwei Jahre stattfindenden Gesamtübung bzw. in der deutsch-dchweizerischen Kommission.
Besuchern sind Planungen zu unkonkret
Neben mehreren Fragen äußerten viele der Teilnehmer auch ihren Unmut über die aus ihrer Sicht zu unkonkreten Planungen sowie über den Betrieb von Kernkraftwerken im Allgemeinen. Viele befürchten auch aufgrund der Straßenverkehrslage in der Region ein Chaos und warfen den Experten vor, hierfür keine Antworten parat zu haben.
Dass detaillierte Pläne für verschiedene Szenarien vorliegen, entgegnete Tina Schlick. Diese seien aber von der jeweiligen Situation abhängig. Darüber hinaus könne man nur mit der vorhandenen Infrastruktur planen. „Wir schicken niemanden in den Stau, wenn er im Haus sicherer ist“, sagte Schlick. Petra Hall: „Wir brauchen im Ernstfall auch Ihre Mithilfe.“
Planen, was geplant werden kann
Abschließend fand Landrat Martin Kistler mahnende Worte: „Eine Katastrophe bleibt eine Katastrophe und die hat auch nicht beherrschbare Elemente. Aber was wir planen können, das wird auch geplant.“ Kistler mahnte zur Sensibilisierung gegenüber der mittlerweile im Wohlstand ungewohnten Krise. „Wer glaubt, der Staat könne immer alles richten, der täuscht“, sagte Martin Kistler. Der Bürger habe auch eine Holschuld, was Informationen und Vorkehrungen für einen Katastrophenfall betrifft.
Das sagen die Besucher
Peter Wassmer, 68, Ingenieur aus Eschbach: „Ich fühle mich gerade nicht sicher. Beznau ist mit 50 Jahren schon sehr lange in Betrieb. Vorgesorgt habe ich persönlich nicht, denn ich bin ein optimistischer Mensch.“

Marion Frei, 41, Bürgermeisterin von Dettighofen: „Ich fühle mich grundsätzlich nicht bedroht, da wir Notfallpläne haben. Aber es ist wichtig, dass wir nachhaken und uns des Risikos bewusst sind.“

Matthias Münnich, 59, Physiker aus Waldshut: „Ich fühle mich nicht bedroht, weil die Wahrscheinlichkeit für einen extremen Störfall sehr klein ist. Trotzdem weiß ich, was im Fall des Falles zu tun wäre.“

Vorkehrungen für Notfall
Die Experten empfehlen vor allem die Beachtung des Rundfunks und Lautsprecherdurchsagen. Darüber hinaus könne man sich auch über die Warn-App „Nina“ informieren. Der Notfallratgeber „Notfallschutz“ auf der Homepage des Regierungspräsidiums soll demnächst aktualisiert werden. Bis jetzt ist die alte Version von 2012 gültig.