Weltweit landet immer mehr Plastik in der Natur. Vor allem in den Meeren schwimmen der schweizerischen Umweltorganisation World Wide Fund For Nature (WWF) zufolge mittlerweile in jedem Quadratkilometer hunderttausende Teile Plastikmüll.
Was man seltener liest: Auch Binnengewässer sind betroffen – und das nicht nur von gut sichtbarem Kunststoffabfall, sondern auch von sogenanntem Mikroplastik. Denn davon gibt es laut einer Studie des Departments Umweltwissenschaft der Universität Basel eine besonders hohe Konzentration im Rhein. Die Belastung bestehe demnach bereits an der Quelle, nehme aber im Flussverlauf konstant zu. Wissenschaftler gehen davon aus, dass jährlich acht bis zehn Tonnen dieser winzigen Kunststoffteile im Oberflächenwasser des Rheins ins Meer gelangen.
Plastik-Problem auch in Bad Säckingen
Raymond Vöstel, Vorsitzender des Fischereivereins Bad Säckingen, kennt das Plastik-Problem. Als Angler ist Vöstel viel am und auf dem Rhein unterwegs – und ärgert sich über jene Menschen, die ihre Abfälle aus Kunststoff am oder im Fluss entsorgen: „Man muss nicht lange am Ufer entlang laufen, schon findet man vermüllte Stellen“, klagt er. "Ein Windstoß, und schon landet der Müll im Wasser."
Das, so fährt Vöstel fort, sei eine zusätzliche Belastung für die Gewässer und die darin lebenden Tiere: „Denn das Ökosystem leidet bereits durch den geringen Wasserpegel und die hohen Wassertemperaturen während des Rekordsommers."
Kunststoffflaschen werden zermahlen
Vöstel weiß aber auch: "Das Problem ist eher das, was wir nicht sehen" – und meint dabei das Mikroplastik im Rhein. Ein Teil dieses Mikroplastiks entsteht im Wasser selbst. Kunststoffe, wie sie beispielsweise in Form von PET-Flaschen in den Fluss gelangen, werden durch Treibgut zerrieben oder auf dem steinigen Flussuntergrund in immer kleinere Teile zermahlen.
Aber auch der Abrieb von Autoreifen, die Fasernsynthetischer Kleidung oder Plastik-Partikel aus Hygiene- und Pflegeproduktion gelangen in die Flüsse. Das Problem: Diese Teilchen verschwinden nicht, sondern werden von den zahlreichen, im Wasser lebenden Organismen aufgenommen – und gelangen so mitunter auch in die Nahrungskette des Menschen. Denn bis beispielsweise eine PET-Falsche endgültig zersetzt ist, dauert es bis zu 450 Jahre. Eine Gefahr für die Umwelt.
"Es ist ernüchternd"
Gemeinsam mit Vereinskollegen sammelt Raymond Vöstel deshalb immer wieder Plastikmüll am Ufer des Rheins. „Nur eine Woche später bietet sich aber oft schon wieder das gleiche Bild“, klagt er – und schiebt hinterher: „Es ist ernüchternd.“
Vöstel befürwortet deshalb den neuesten Schritt Europäischen Union (EU), dem Plastik einmal mehr den Kampf anzusagen: So sollen ab 2021 Wegwerfartikel aus Kunststoffen – darunter Geschirr, Trinkhalme und Wattestäbchen – aus den Regalen der Einkaufsmärkte verbannt und somit verboten werden. Darauf haben sich Unterhändler des Europaparlaments und der EU-Staaten am Mittwochmorgen in Brüssel geeinigt.
„Das ist ein Schritt in die richtige Richtung“, sagt Vöstel. Zudem müssten die die Menschen weiterhin für dieses Thema sensibilisiert werden. „Sonst landet der Abfall weiter in der Natur und in den Flüssen.“

Kraftwerke fischen groben Müll aus Rhein
Immerhin einen Teil dieses Plastikmülls, der heute an der Oberfläche des Rheins treibt, bergen die zahlreichen Wasserkraftwerke entlang des Flusses. Das erklärt Alexander Lennemann, Sprecher des Energiedienstes, der Rheinkraftwerke unter anderem in Laufenburg und Rheinfelden betreibt: „Unsere Rechenreiningungsmaschinen holen das sogenannte Geschwemmsel aus dem Rhein. Das Material wird von einer Fachfirma nach Treibholz und Müll sortiert.“ Anschließend werde der Müll und mit ihm das Plastik fachgerecht entsorgt. Auch beim Rheinkraftwerk Säckingen geht man nach dieser Methode vor, wie Betriebsleiter Jochen Schweighardt auf Nachfrage mitteilt: "Grundsätzlich sind die Wasserkraftwerke am Rhein verpflichtet, das anfallende und dem Rhein entnommene Rechengut einer Verwertung zuzuführen."
Auch beim Kraftwerk in Dogern sammeln sich Tag für Tag Unmengen an Unrat an, wie Schluchseewerk-Sprecher Peter Steinbeck erklärt: „An Zivilisationsmüll entsorgen wir pro Jahr rund 25 Kubikmeter.“ Das entspricht rund 167 Badewannen – gefüllt mit Plastik, aber auch mit anderen Abfällen aus Metall oder Gummi, so Steinbeck.
Mikroplastik fließt weiter
Dennoch sind die technischen Möglichkeiten der Kraftwerksbetreiber an dieser Stelle begrenzt. „Die Rechenreinigungsmaschinen können nur größere Plastikteile aus dem Rhein holen, bei Mikroplastik stoßen sie an ihre Grenzen“, sagt Alexander Lehmann. Das schwimmt somit beinah unaufhaltsam weiter in Richtung Richtung der Meere, wo es sich dann über den ganzen Globus verteilt.
Zahlen und Fakten zu Plastikmüll
- Die Deutschen haben im Jahr 2015 laut dem Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW Köln) 37 Kilogramm Kunststoff-Verpackungsabfall je Einwohner produziert. Damit belegte Deutschland einen der unliebsamen vorderen Plätze in diesem EU-Ranking: Nur in Irland (61 Kilogramm), Luxemburg (52) und Estland (47) fiel mehr Plastikmüll je Einwohner an. Der EU-Durchschnitt lag dem IW zufolge bei 31,1 Kilogramm je Bürger.
- Beim Recycling von Plastikmüll lag Deutschland 2015 EU-weit jedoch ebenfalls im vorderen Bereich, nämlich im ersten Viertel. Mit 49 Prozent konnten nur sechs der insgesamt 28 EU-Staaten eine bessere Quote vorweisen. Hier an der Spitze: Slowenien (63 Prozent), Tschechien (62) und Bulgarien (61).
- Als Mikroplastik bezeichnet man feste, unlösliche synthetische Polymere (Kunststoffe), die kleiner sind als fünf Millimeter. Sie sind einerseits in Kosmetik- und Pflegeprodukten wie Peelings, Shampoos, Duschgels oder Waschmitteln zu finden. Andererseits konnen sie in Form von Fasern aus Kunststoff-Kleidung herausgewaschen werden. Über die tatsächlichen Auswirkungen von Mikroplastik auf den Organismus herrscht derzeit noch Unklarheit. Umweltverbände wie der BUND gehen jedoch davon aus, dass sie schädlich sind und Umweltgifte anziehen.