Immer mehr Betrieben mangelt es an Auszubildenden. Deutschlandweit bleiben Lehrstellen unbesetzt, den Unternehmen fehlt der Nachwuchs. 448 665 neue Ausbildungsverträge wurden laut dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft im Jahr 2017 abgeschlossen – 2007 waren es noch 500 787. Wie das Statistische Landesamt Baden-Württemberg informiert, unterschrieben im Bundesland mit im letzten Jahr 74 066 Azubis fast 7000 weniger als noch zehn Jahre zuvor.
2018 sinkt die Zahl der Ausbildungsverträge
Von 2016 auf 2017 hatte die Handwerkskammer (HWK) Konstanz im Kreis Waldshut noch einen Anstieg der Zahl neuer Auszubildendenverträge um fast vier Prozent verzeichnet, 2018 sank diese Zahl jedoch erneut von 437 auf 389 Verträgen. Besonders problematisch sieht es in der Region bei Handwerksberufen wie Fliesenleger, Zimmerer, Maler und Schreiner aus.
Rückgänge bei den Bewerberzahlen
Wie real das Problem für die Unternehmen aus den Kreisgemeinden ist, zeigte sich am Berufsinformationstag in den Gewerblichen Schulen Waldshut. Auch, wenn viele von ihnen schlussendlich alle offenen Ausbildungsstellen besetzen können, berichten die meisten von Rückgängen bei den Bewerberzahlen.

Besonders schwer ist es, wenn Lehrstellen gänzlich unbesetzt bleiben – wie etwa beim Gasthaus Rhein-Perle am Waldshuter Campingplatz. Eine Restaurantfachkraft und einen Koch könnten in dem Lokal jedes Jahr eine neue Ausbildung beginnen, vorausgesetzt, es würden sich Bewerber finden. „Es waren Interessenten da“, berichtet Inhaberin Sonja Bier. „Aber als es konkret wurde, wurde wieder abgesagt.“ Nicht immer schon bestand dieses Problem. Erst in den vergangenen Jahren bemerkt sie einen Trend nach unten, was die Anzahl an potenziellen Auszubildenden angeht.

Nicht immer liegen die Probleme, Ausbildungsplätze zu besetzen, allerdings ausschließlich an einem Mangel an Bewerbern. Pius Rebmann, Ausbildungsmeister bei den Aluminium-Werken Wutöschingen (AWW) gibt zu bedenken, dass auch Können und Schulabschlüsse eine wichtige Rolle spielen. „Grundkenntnisse und Notendurchschnitt müssen passen.“ Gleichzeitig bemerkt auch er die schrumpfenden Bewerberzahlen. Den Grund hierfür vermutet Rebmann bei den veränderten Zukunftsplänen: Immer mehr Schulabsolventen würden ein Studium und damit einen höheren Abschluss anstreben.
Während unter anderem die Schluchseewerk AG diesem Phänomen mit Angeboten für duale Studienplätze entgegenzuwirken versucht, müssen andere Unternehmen sich auf andere Weise behelfen. Da auch in sozialen Berufen die Auszubildenden vermehrt fern bleiben, muss beispielweise das Altenpflegeheim St. Josef in Tiengen auf ausländische Fachkräfte zurückgreifen.

Vor allem die Bezahlung in sozialen Berufen sei ein Problem, beklagt Berthold Jung von der Gemeinnützigen Physiotherapieschule Bad Säckingen. Für ihre Ausbildung müssten die Schüler dort selbst aufkommen, weil die staatliche Finanzierung nicht ausreiche. Und auch danach sei der Verdienst zu niedrig. „Die Bezahlung müsste eigentlich an die Verantwortung angepasst werden.“
Die Schweiz lockt Fachkräfte
Geld ist auch der Grund, weshalb das Deutsche Rote Kreuz (DRK) in Waldshut mit Fachkräftemangel zu kämpfen hat. Wie Ausbildungsleiter Thomas Streit berichtet, mangele es zwar nicht an Auszubildenden. Durch eine Abwanderung der ausgelernten Fachkräfte in die Schweiz, wo bessere Löhne zu erwarten seien, komme es aber dennoch zu betrieblichen Engpässen. Dazu ist die Ausbildung zum Notfallsanitäter eine beliebte Überbrückungsmöglichkeit für angehende Medizinstudenten, die noch auf keinen Universitätsplatz zugelassen wurden. „Wir sind froh, dass wir die Leute für drei Jahre haben“, meint der Auszubildende Lukas Erdmann. „Aber wenn dann nur zwei übrig bleiben, ist das schwierig.“