Gudrun Deinzer

In höchstem Maße symbolträchtig, witzig, raffiniert inszeniert und gut gespielt war das Theater der Gündelwanger Landfrauen am Samstag in der Bonndorfer Stadthalle. „An der Arche um Acht“ von Ulrich Hub gab als Theaterstück eine freundliche Mischung aus kindlich naiver Leichtigkeit und menschlich philosophischem Tiefgang her.

Dass aber die Flucht in der Arche für jeweils nur ein Paar einer Gattung vor der von Gott gesandten Sintflut ausgerechnet im, vom Asylkreis organisierten Bürgertreff aufgeführt wurde, war eines der Kabinettstückchen der Truppe, die Michael Scharfs Regie gehorchte. 150 Zuschauer (bei der ersten Aufführung), alteingesessene und hier gestrandete Menschen, die teils selbst in Booten vor Krieg und Not geflohen waren, ließen sich darauf ein, ihren Partner mittels Tier-Memory-Karten zu suchen. Nur mit ihrem Karten-Partner kamen sie im zweiten Akt in den unheimlichen, aber rettenden Bauch der Arche, in diesem Fall in den Keller der Stadthalle. Ein an Symbolkraft kaum zu überbietender weiterer Kunstgriff der Inszenierung.

Noch vorwiegend heiter war die Welt für die drei Pinguine (Jutta Keßler, Sindy Zimmermann und Silvia Maier) in der Arktis, dem freundlichen Foyer der Stadthalle, gewesen. Lediglich die Langeweile, ewiges Eis und Schnee, brachte den kleinsten Pinguin aus dem Lot. Gott habe sich bei der Umgebung nicht sehr viel einfallen lassen, meinte er. Auch mit der schlampigen Erschaffung der Pinguine, war er nicht einverstanden: „Wir sind Vögel und stinken nach Fisch und wir haben Flügel und können nicht fliegen.“

Das Entsetzen über solche Ungeheuerlichkeiten spielten die beiden großen Pinguine ebenso überzeugend, wie der kleine seinen Trotz: „Ihr habt Euch das nur ausgedacht, um mir Angst einzujagen. Ich brauche keinen Gott.“ Die Taube, herrlich wichtig über den Dingen schwebend und entsprechend überspannt, überbringt die Botschaft des angesäuerten Gottes, über die dräuende Sintflut und Arche-Tickets für jeweils zwei einer Gattung.

Nach einem inneren Kampf gegen den Stolz, auserwählt zu sein, und die Angst, gegen Gottes Regeln zu verstoßen, gewinnen schließlich Freundschaft und Mitgefühl die Oberhand und der dritte Pinguin wird in die Arche geschmuggelt. Die Taube kommt erst auf hoher See hinter den Betrug, obwohl sie zu gern den Schmeicheleien des Pinguins im Koffer, der sich als Gott ausgibt, glauben mag: „Nachdem ich alle Tiere geschaffen hatte, sagte ich mir, zum Schluss will ich ein Geschöpf machen, das alle anderen Wesen übertrifft, ein Geschöpf, das mir ähnlich ist. Und heraus gekommen ist eine weiße Taube.“

Gebanntes Fiebern auf den Ausgang der Geschichte lag in den Augen aller Zuschauer, egal welchen Alters und egal welcher Religionszugehörigkeit. Als Land in Sicht war und die Taube endlich verstanden hatte, dass sie ganz alleine ist, gab es eine Verbrüderung. Der überzählige Pinguin nahm die bis dahin einsame Taube mit an Land. „Gott steckt ein bisschen in allen von uns“, resümierte ein Pinguin. Tief im Inneren wisse man schon, was richtig und was falsch sei. Das gemeinsame Schlusslied, „Denn ein guter Freund lässt dich nicht allein“, erfüllte als satter Chor den Bauch der Arche und nahm dem düsteren Keller damit seinen Schrecken. Den donnernden Applaus des Publikums und sogar Zugabe-Rufe, hatte sich diese Schauspieltruppe voll und ganz verdient.