Woher bloß die Blumen nehmen? Weit und breit ist es schlecht um die Blumenblüten in den Gärten bestellt. Dabei werden sie für den Winzerfestumzug am Sonntag dringend gebraucht. Sommer, Sonne, Hitze und vor allem die große Trockenheit setzten der Natur mächtig zu, der Klimawandel ist in diesem Jahr in den sonst gut mit Blumen bestückten Gärten deutlich anzusehen.
Farbe, Pinsel und Papierservietten
Die Erzinger Wagenbauer, die in all den Jahren zuvor ihrer großen Motivwagen, üppig mit Blumen in allen Farben und Formen schmücken konnten, Jahr für Jahr alle Gärten in der Umgebung abgegrast und fast schon geplündert haben, um an die begehrte Blütenpracht zu kommen, müssen vermehrt zu Farbe und Pinsel und vor allem auf bunte Papierservietten zurückgreifen.
Die Regale in hiesigen Supermärkten dürften mittlerweile nur noch über ein recht überschaubares Servietten-Sortiment verfügen.
So bleibt nichts anderes übrig, als stundenlang die bunten Servietten auseinanderzuzupfen und sorgfältig zu Blüten zu falten. Ein Blick in die Erzinger Bauernscheunen, in denen die Wagenbauer zugange sind, bestätigt dies.
So auch in der alten Pfarrscheune, in der traditionsgemäß die Katholische Junge Gemeinde (KJG) bastelt und werkelt. Sie sind bei den Wagenbauern bei weitem die größte Truppe, sie können auf die meisten Helfer zurückgreifen. In den vergangenen beiden Wochen treffen sie sich Abend für Abend und basteln und Werkeln in der Pfarrschür.

„Wir habe bestimmt tausende Papierblüten gefaltet“, sagt ein junges Mädchen, das mit ihren Kolleginnen bis in den späten Abend hinein zupft und faltet, derweil ihre männlichen Kollegen noch mit dem Wagenaufbau beschäftigt sind.
Nicht anders sieht es beim Wolfsgrubenteam aus, auch dort sitzen Männer und Frauen recht gemütlich beisammen und falten, was das Zeug hält. Sie sind ein Freundes- und Nachbarschaftskreis, der sich schon seit 22 Jahren mit einem Wagen am Winzerfest beteiligt, und immer in der Scheune des Genossenschaftswinzers Martin Stoll den Wagen baut.
Dieser ist an diesem Abend in etwas verdrießlicher Stimmung. Ob es am kühlen, regnerischen Wetter liegt? „Wir haben jetzt einfach beschlossen, dass das Wetter beim Fest und am Umzug schön sein wird“, versucht seine Nachbarin, ihn aufzumuntern. Jeweils zwei Wochen vor dem Fest startet die Wolfsgrube-Truppe. „Da ist bei uns ein festgeschriebenes Gesetz, ein jährliches Ritual, das wir nicht missen mögen“, betont Willi Indlekofer.
Nicht weit entfernt sind die Mitglieder des Vereines Kulturraum Klettgau in der Scheune der Netzhammers zugange. Dort wird gerade gemalt und gepinselt und aus zusammengeknüllten Zeitungen Tauben geformt, mit Klebeband zusammengeklebt und angemalt. Zwei Frauen kommen mit magerer Blumenausbeute zurück.
Trotzdem die Stimmung ist bestens. Für den großen Lacher des Abends sorgte ein Kulturraum-Mitstreiter, der mithelfen wollte, sich aber in der Scheune irrte und stundenlang, ohne dass er dies bemerkte, bei der „Konkurrenz“, der KJG, in der Pfarrschür Blumen faltete. „Es sei ihm verziehen, denn nur der gute Wille zählt“, erklären seine Kolleginnen lauthals lachend.
Mit dabei ist Regina Mahler, die von sich selbst sagt, dass sie nicht besonders mit handwerklichen Künsten gesegnet sei, aber der Spaß an der Sache sei für sie ausschlaggebend. „Und es ist immer wieder spannend, zu sehen, wie aus einem wilden Ideen-Mix, was großartiges entsteht.“