Was weiß ChatGPT über Villingen-Schwenningen? Wie schlau oder nützlich die Künstliche Intelligenz des Unternehmens Open AI ist, ist höchst umstritten. Die Qualität der Antworten des Chatbots schwanken deutlich.
Dennoch sorgen sich Lehrer, dass Schüler alle ihre Hausarbeiten bald nur noch von der Software verfassen lassen. Künstler fürchten gar um ihre berufliche Zukunft. Die gesellschaftlichen Auswirkungen von permanenten KI-generierten Fehlinformationen sind derzeit völlig unklar. Aber schlägt sich das Programm im Dialog zu lokalen Themen?
Eine Nutzerkonto für einen Test ist schnell angelegt.
Die KI wirft alles in einen Topf
Ein interessanter Punkt nach 50 Jahren Städte-Ehe ist natürlich: „Was ist der Unterschied zwischen Villingen und Schwenningen?“ ChatGPT verkündet, dass Villingen-Schwenningen eine Doppelstadt im Südwesten Deutschlands in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg ist. Soweit so gut.
„Villingen war eine freie Reichsstadt und später Teil des Herzogtums Württemberg.“ Nun ja, letzteres lediglich im Jahr 1805. Dafür soll Schwenningen zeitweise zum Kurfürstentum Baden gehört haben. Stimmt – im Fall von Schwenningen auf dem Heuberg jedenfalls. „Villingen hat beispielsweise eine historische Altstadt mit einer Stadtmauer und einem Turm.“ Einer?
So dichtet ChatGPT in Mundart
Probieren wir es mit Kunst statt Fakten. ChatGPT soll ein vierzeiliges Gedicht im Villinger Dialekt schreiben:
Oh, des Villinger Dialekt isch e Gschmäckle,
Me lacht, meschwaetzt, meluegt sich ällezwäckle.
Mer macht e Witz, es Lächle kommt gleiuf d‘Lippe,
Doch wer des schwätze will, der braucht ä bissleÜbige.
Bärbel Brüderle kommt das eigenartig vor. Die Leiterin der Regionalgruppe A Brige un Breg der Muettersproch-Gsellschaft kennt sich aus mit Mundart. Ihr erschließen sich „Gschmäckle“ und „zwäckle“ nicht. Zwei Zeilen dichtet sie gleich selbst um:
„Mer macht e Witz, e Lächlegoht übers Gsiiecht,
aber so z schwätze, halt noweng Üebung briicht!“

Und dann liefert sie gleich noch eine etwas freiere Fassung:
De Villinger Dialekt isch scho weng kowäs,
nit so gäbig (gefällig), halt ehnder räß.
Eineweg ka mer demit Späßle mache, un über mengge Usdruck lache!
Brüderles Fazit fällt eher vieldeutig aus: „Der ChatGPT isch sicher e guete Sach, jedefalls wo mers ka bruche.“
Das gefällt dem Chatbot an VS
Wo es doch so spaßig zugeht in der Stadt: „Warum soll ich in Villingen-Schwenningen leben?“ Da kennt ChatGPT viele gute Gründe: Lage, Kultur, Arbeitsmöglichkeiten, Bildung, Infrastruktur und Lebensqualität.
Die KI schwärmt von malerischer Landschaft am Rande des Schwarzwalds, unterschlägt aber die Baar. Sie preist Franziskanermuseum und Uhrenindustriemuseum an, allerdings auch das nicht-existente Festspielhaus. Der Chatbot lobt die gute Infrastruktur, speziell den nahegelegenen Flughafen – was Ansichtssache ist.
VS biete eine hohe Lebensqualität mit einer guten Mischung aus Stadt- und Landleben. „Die Stadt hat eine freundliche Gemeinschaft, gute Gesundheitsversorgung und eine hohe Sicherheit.‘ Da mag viel Wahres dran sein, aber es klingt doch nach Plattitüden aus der Werbebroschüre einer beliebigen Stadt.
Das Oberzentrum als Promi-Magnet
Haben sich angesichts des beschriebenen Paradieses auch bekannte Promis in der Stadt niedergelassen? O ja! „Einer der bekanntesten ist der ehemalige deutsche Bundespräsident Theodor Heuss, der in Villingen geboren wurde und in Schwenningen aufwuchs“, glaubt ChatGPT zu wissen.
Nur um sich beim Nachhaken zwei Stunden später zu korrigieren: „Theodor Heuss wurde am 31. Januar 1884 in Brackenheim in Württemberg geboren.“

Das Beispiel Harald Schmidt zeigt dann, wie das Programm womöglich auf seine Irrtümer kommt. Es kennt zwar jede Menge Presseartikel, kann offenbar nicht unterscheiden zwischen dem prominenten Harald Schmidt, der VS in einer Kolumne erwähnt, und dem ortsansässigen Harald Schmidt, über den geschrieben wird.
Wünsch-dir-was der Arbeitgeber
Bei der Frage nach den größten Firmen vor Ort, wirkt das Ergebnis größtenteils zusammenfantasiert. Platz eins hat für ChatGPT jedenfalls Bosch mit 4500 Mitarbeitern. Weit von der Realität entfernt. Ebenso die Behauptung, dass Helios Klinikum, B Braun Melsungen, Roto Frank, Deichmann, das Rote Kreuz und ThyssenKrupp in die Top-Ten gehören.

Allerdings ist die Frage auch reichlich unfair. Eine solche Liste können weder IHK noch Wirtschaftsförderung VS (Wifög) herausgeben. Datenschutz. Kein Wunder also, dass sich ChatGPT daran die Zähne ausgebissen hat.
Susanne Orlowski von der Wirtschaftsförderung muss beim Anblick der KI-Liste jedenfalls herzhaft lachen. „Unsere Stärke ist der Mittelstand in Eigentümerhand“, sagt sie. „Das macht auch unsere Stabilität aus.“ Gerade bei Konzernen sei es schwer festzustellen, wie viele Angestellte es vor Ort tatsächlich gebe.
Größter Arbeitgeber in VS dürfte übrigens die Stadtverwaltung sein, laut Selbstbeschreibung mit 1700 Beschäftigten. Ebenfalls zu den Großen mit über 1000 Mitarbeitern gehören das Klinikum und Continental.
Fazit: Der Chatbot ist ein Lügenbold
Und wie hat sich ChatGPT jetzt geschlagen? Was generell auffällt. Entweder kommen die immer gleichen Informationen umformuliert erneut als Antwort oder es werden ständig wechselnde, falsche Angaben gemacht.
Der KI-Chat versteht jedoch verblüffend genau, was die Nutzer wissen wollen. Bei Wissenslücken zieht sich die Software aber gerne mal mit offensichtlich erfundenen Antworten aus der Affäre. Erschreckend menschlich. Um Gefühle und Wertungen in Sachen Doppelstadt und zum Verhältnis von V zu S drückt sich ChatGPT aber gänzlich. Das ist dann schon wieder eher weise.