In Fernsehserien sind sich Ankläger und Verteidiger oft spinnefeind, doch in Konstanz schreiben sie gemeinsam juristische Fachbücher. Das ist viel weniger kurios als der Laie annehmen mag. Denn a) stellt sich der Alltag in den meisten Berufen ganz anders dar als auf der Mattscheibe (man denke nur an die im Film stets nervenden und schmuddeligen Journalisten), und b) geht es in dem neuen dicken Wälzer vom Bodensee um das Jugendstrafrecht. Das zielt bekanntlich nicht auf die Bestrafung, sondern die Erziehung ab. Und im besten Falle sind alle beteiligten Seiten bestrebt, daran mitzuwirken.

Christoph Nix, streitbarer Strafverteidiger, Theatermann und Romanautor und gerade 69 geworden, hinterlässt mit dem neuen Praxiskommentar zum Jugendgerichtsgesetz den nächsten Fußabdruck in seinem ursprünglichen Metier. Gemeinsam mit seinen Mitautoren hofft er, dass es ein lange sichtbarer sein wird. Der Jurist und Hochschullehrer hatte 1993 bereits einen Kurzkommentar zum Jugendrecht herausgegeben – und hielt es für an der Zeit, nachzulegen.

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Er wandte sich an Simon Pschorr, damals Jugendrichter am Amtsgericht Villingen-Schwenningen, und fragte ihn, ob man das nicht gemeinsam machen wolle. Pschorr wollte und sah sich schließlich in der Rolle des Koordinators und sanften Mahners wieder.

Er war es, der während des Projektes die Fäden zusammen- und den Überblick behielt – auch über die gesetzten Abgabefristen. „Am Ende haben wir fast vier Jahre an diesem Kommentar gearbeitet“, sagt der 31-Jährige, mittlerweile Staatsanwalt und Lehrkraft an der Uni Konstanz, bei der Vorstellung des 700-Seiten-Werkes (Verlag W. Kohlhammer, 92 Euro, Erstauflage 600 Stück).

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Wir, das sind neben den beiden Herausgebern die Konstanzer Rechtsanwälte Andreas Hennemann und Vera Eberz, Lena Gmelin, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Uni Konstanz, sowie Ruben Franzen, Jugendrichter im sächsischen Eilenburg. Sie alle hatten das Anliegen, dass es ein echtes Handbuch wird – brauchbar nicht nur für Richter, Staatsanwälte, Verteidiger und Jura-Studenten, sondern auch Sozialarbeiter, Jugendamtsmitarbeiter, Justizvollzugsbeamte und nicht zuletzt Polizisten, die es oft als erste nach den Opfern mit jugendlichen Straftätern zu tun bekommen. Lena Gmelin ist überzeugt, dass sie das geschafft haben: „Im Studium wäre das mein Lehrbuch der Wahl gewesen.“

Eine Besonderheit liegt laut Simon Pschorr darin, dass die rechtlichen Regelungen in dem neuen Kommentar nicht wie üblich „der Reihe nach“, sondern geordnet nach Themenkomplexen behandelt werden. Mit gestalteten Übersichten wird zudem ein schneller Überblick über bestimmte Aspekte ermöglicht, etwa zur Einschätzung der jugendlichen Reife. Nun steht nur noch das Urteil der Praxis aus.