Was wissen wir am Bodensee schon von Uganda? Was von Togo oder Burundi? Nun, ein wenig ist es durchaus. Gesorgt hat dafür ein Mann, der zu seiner Amtszeit als Intendant des Konstanzer Stadttheaters immer wieder Kooperationen mit afrikanischen Schauspielgruppen gepflegt hat.
Heute befasst sich Christoph Nix vor allem als Autor mit der afrikanischen Lebensrealität, erst vor wenigen Monaten war er aufgrund eines Stipendiums für einen Monat in Südafrika zu Gast. Und aktuell ist der dritte und letzte Band seiner Afrika-Trilogie erschienen: Nach „Muzungu“ (2018) und „Lomé“ (2020), zwei Romanen, die in Uganda beziehungsweise Togo spielten, ist nun Burundi Ort des Geschehens.
„Kongotopia“ spielt in einer von Stammesfehden zerrissenen Gesellschaft, wobei die Konfliktlinie auf eine künstlich geschaffene Trennung zurückgeht. Waren es doch ganz wesentlich erst die deutschen, dann die belgischen Kolonialherren, die eine Unterscheidung zwischen „Tutsi“ und „Hutu“ anhand sozialer Merkmale zementierten (mehr dazu findet sich in Lukas Bärfuss‘ lesenswertem Ruanda-Roman „Hundert Tage“).
Heute prägen Straßenkämpfe den Alltag in diesem Land. Der Staatspräsident Pierre Nduwayo, der als Kind selbst erleben musste, wie sein Vater, ein Hutu, von Tutsi niedergemetzelt wurde, regiert mit harter Hand: „Er war ein Mann Gottes und Gott war ein Mann der Rache.“

In diesem Chaos kommt es zu einem grausamen Mord an drei weißen Ordensschwestern. Nichts Besonderes also angesichts der alltäglichen Gewalt auf den Straßen. Der deutsche Botschafter Paul Strobel aber will der Sache auf den Grund gehen, ein BKA-Beamter namens Volker Götz sowie ein Geistlicher sind ihm dabei behilflich. Schon bald stellt sich heraus: Just auf dem Gelände des Klosters sollen bald Seltene Erden geschürft werden. Eine Tochterfirma von ThyssenKrupp erwartet die ersten Lieferungen.
Wie schon in seinen ersten beiden Romanen erzählt Nix dicht an der Realität: Wer neben der Lektüre ein wenig im Internet recherchiert, sieht bei Pierre Nduwayo frappierende Parallelen zum 2020 verstorbenen Präsidenten Pierre Nkurunziza bis hin zur mutmaßlichen Corona-Infektion inklusive Attentatsgerüchten. Letztere befeuert Nix, indem er einen infizierten Gärtner aus China mal eben in die präsidiale Teetasse spucken lässt.
Lesenswert ist das vor allem wegen solcher Einblicke in einen Staat, der im täglichen Nachrichtengeschäft allzu selten seinen Platz findet, obwohl seine Rohstoffe die Begierden sowohl europäischer als auch chinesischer Akteure erwecken. Anspruchsvoll macht die Lektüre allerdings neben einem rasanten, hart geschnittenen Szenenwechsel vor allem die wahre Flut an Figuren.
Spät erkennt man, dass es sich bei dem beigefügten Lesezeichen nicht etwa um das übliche Werbeprodukt handelt, sondern um eine durchaus hilfreiche Auflistung der einzelnen Charaktere. Wer sich also lesend ins Getümmel dieses Romans stürzen möchte, dem sei dieses Hilfsmittel dringend ans Herz gelegt.