Neue Glocken der Liebfrauenkirche: Der Einbau wird zum logistischen und finanziellen Kraftakt
Es ist ein Jahrhundertereignis: In Innsbruck werden 2023 die drei neuen Glocken für die katholische Pfarrkirche in Waldshut gegossen. Bauleiter Edgar Lasarzick berichtet über das Sanierungsprojekt.
Der Turm der katholischen Pfarrkirche Waldshut, hier mit Pfarrer Ulrich Sickinger (links) und Architekt und Bauleiter Edgar Lasarzick, erhält kommendes Jahr drei neue Glocken.
| Bild: Roland Gerard
Voraussichtlich zum letzten Mal wird das kommende Weihnachtsfest vom historischen Geläut der katholischen Pfarrkirche Liebfrauen Waldshut in seinem bisherigen Klangbild begleitet. Nach dem gegenwärtigen Zeitplan sollen die drei neuen zusätzlichen Glocken im Juni angeliefert werden.
Nach Abschluss des Gesamtprojekts, voraussichtlich ab Ende September 2023, soll das tägliche Läuten dann wieder zum akustischen Stadtbild gehören. Weil das historische alte Geläut fragil ist und als sanierungsbedürftig befunden wurde, erklingt es seit fünf Jahren nur noch in Ausnahmefällen, etwa an Feiertagen.
Die drei neuen Glocken sollen die bestehenden Klangkörper ergänzen, deren ältestes Exemplar aus dem Jahr 1351 stammt. Die neue Glockenstube entsteht in einem bislang ungenutzten Raum des Kirchturms auf 17 Meter Höhe über dem Boden.
Hintergrund zur Glockensanierung
Der Einbau wird zu einem logistischen Großprojekt an dem sakralen Gebäude nahe dem Oberen Tor. Wie Architekt und Bauleiter Edgar Lasarzick, Inhaber des Architekturstudios Formgewand in Stühlingen, im Gespräch mit dieser Zeitung erklärte, wird am Kirchturm zunächst ein Gerüst erstellt.
Ein Mauerdurchbruch im Bereich des auf dieser Aufnahme zu sehenden Rundbogens wird erforderlich, um die drei neuen Glocken an ihren Platz im Turm der Waldshuter Pfarrkirche zu bringen. Pfarrer Ulrich Sickinger und Architekt Edgar Lasarzick (von links) stehen in dem Raum, der unterhalb des vorhandenen historischen Geläut als zweite Glockenstube dienen wird.
| Bild: Roland Gerard
Kirchturmwand muss aufgebrochen werden
Weil die bis zu drei Tonnen wiegenden Glocken zu groß und zu schwer sind, um sie durch das Gebäudeinnere an ihren künftigen Platz zu bringen, muss in die Kirchturmwand auf Höhe des Geläuts eine Öffnung gebrochen werden. Sie ist auf die Maße der größten der drei Glocken abgestimmt, die ohne Klöppel 1,70 Meter hoch ist und einen genauso großen maximalen Durchmesser aufweist.
Das Mauerwerk ist an der geplanten Einlassstelle 49 Zentimeter dick. Mit Hilfe eines Autokrans sollen die einzelnen Glocken in die Höhe gehoben und danach über eine Schienenvorrichtung an ihren künftigen Platz geschoben werden.
Morsches Gebälk, befallen vom Hausschwamm, wird auf dieser Aufnahme im Dachstuhl der katholischen Pfarrkirche Waldshut angeleuchtet. Wegen des holzzerstörenden Pilzes wurden zusätzliche Sanierungsarbeiten erforderlich.
| Bild: Roland Gerard
Das soll nach derzeitiger Planung ab dem 17. Juli 2023 geschehen. Doch bis die neuen Glocken dann erklingen können, sind noch aufwändige Einbaumaßnahmen nötig, von der Herrichtung der Glockenstube mit dem Gestell aus Eichenholz über die Aufhängung der tonnenschweren Klangkörper bis zur Installation und Inbetriebsetzung des elektrischen Läutwerks.
Außerdem müssen wegen der neuen Glockenstube die Zugänge der einzelnen Kirchturmebenen geändert werden. Architekt Lasarzick über die Gesamtmaßnahme: „Es ist ein sehr aufwändiger Planungsprozess.“
Ein Gerüst steht in der Pfarrkirche Liebfrauen Waldshut. Wegen Befall mit Hausschwamm müssen das Deckengebälk und Teile des Dachstuhls saniert werden.
| Bild: Roland Gerard
Glocken werden in Innsbruck gegossen
Zum 22. September 2023 soll alles fertig sein. Doch zunächst müssen die neuen Glocken erst einmal gegossen werden. Dies soll kommendes Frühjahr bei dem Traditionsunternehmen Grassmayr in Innsbruck stattfinden, das im Jahr 1599 gegründet wurde.
Nach Auskunft von Pfarrer Ulrich Sickinger wird ein Bus aus Waldshut in die österreichische Stadt in Tirol fahren, damit interessierte Gläubige das Ereignis miterleben können. Anfang Juni sollen die Glocken nach Waldshut angeliefert und danach auf dem Platz vor der Kirche geweiht werden.
Sechs historische Glocken, diese stammt aus dem Jahr 1523 und wurde von Gießer Nicolaus Oberacker aus Konstanz angefertigt, hängen im Turm der katholischen Pfarrkirche Waldshut. Das an der Unterseite zu sehende Klebeband stammt von technischen Analysen im Zuge des Sanierungsprojekts.
| Bild: Architekturstudio Formgewand
Vor dem Hintergrund, dass die bestehenden Glocken zwischen den Jahren 1351 und 1705 angefertigt wurden und bis heute ihren Dienst tun, wird deutlich: Die Ergänzung um die drei neuen Klangkörper kann als Jahrhundertereignis eingeordnet werden. Pfarrer Ulrich Sickinger sagt im Gespräch: „Es ist etwas Historisches, was da passiert.“