Immer wieder hat das Bauvorhaben Klettgau-Carré, dessen Kostenrahmen Investor Claus Schleith mittlerweile auf mindestens 45 Millionen Euro beziffert, in den vergangenen Jahren für Diskussionen in der Bevölkerung und im Gemeinderat gesorgt. Auch hinter den Kulissen harzte es bereits seit Längerem, wie beide Seiten auch im Gespräch mit unserer Zeitung bereits einräumten.
Nun zieht Schleith die Konsequenzen: Das Projekt sei aller negativer Entwicklungen der Rahmenbedingungen zum Trotz baureif – aber gestartet werde frühestens nach der OB-Wahl. Wann genau das sein wird, steht noch nicht fest. Die Termine rund um die Oberbürgermeisterwahl werden voraussichtlich in der nächsten Gemeinderatssitzung am Montag festgelegt.
Als Gründe für seine Entscheidung nennt er unter anderem die „mangelhafte Kooperationsbereitschaft an der Spitze der Stadtverwaltung“. Damit hat das von Beginn an konfliktträchtige und von vielen Herausforderungen begleitete Verhältnis zwischen Stadtverwaltung und Investor einen neuen Höhepunkt erreicht.
Konfliktträchtiges Miteinander seit mehr als sieben Jahren
Seit Vorstellung der ambitionierten Pläne für die Bebauung des 3500 Quadatmeter großen Klettgau-Carrés das bislang als Parkplatz genutzt wird, ist ganz ordentlich der Wurm drin. Schnell taten sich erste formale und verfahrenstechnische Hindernisse auf, es kam zu Verzögerungen, in der Folge wurde das komplette Projekt mehrfach grundlegend umgeplant.
Dafür musste Schleith von Verwaltung und Gemeinderat auch immer wieder sehr deutliche Kritik einstecken. Zuletzt hatten sich auch der CDU-Ortsverband Tiengen im Rahmen eines Ortstermins zu der reichlich unbefriedigenden Verkehrssituation im Kreuzungsbereich Weihermattstraße/Sulzerring beklagt, die nicht zuletzt auf die provisorische Ampel zurückzuführen sei, welche nicht synchron mit der nur wenige Meter entfernten stationären Ampel geschaltet sei, wie die Vorsitzende Nathalie Rindt monierte.
Die häufig vorgebrachte Frage, warum die Stadt nicht von ihrem Vorkaufsrecht für das Gelände Gebrauch gemacht habe, beantwortete OB Frank so: „Stand jetzt haben wir keine Handhabe, etwas zu ändern, so unbefriedigend das ist.“ Der Investor habe Baurecht, dieses gelte bis 2024.
Schleith hält dagegen. Der Verwaltung und Oberbürgermeister Philipp Frank wirft er „mangelndes Entgegenkommen, Prinzipienreiterei und Bürokratismus“ vor, was mit zu den Verzögerungen und mithin zu einer immensen Kostensteigerung beigetragen habe. Dass die Schleith GmbH gerade bei großen Projekten über erhebliche Kompetenzen verfüge, habe sie nicht zuletzt in Tiengen mit dem Bau des neuen Volksbankgebäudes bewiesen – „innerhalb des vorgegebenen Zeitrahmens als auch innerhalb des geplanten Budgets“, wie Schleith gegenüber unserer Zeitung betont.
Abgesehen davon sei es auch der Verdienst der Firma Schleith, dass die Weihermattstraße überhaupt an den Klettgauring angeschlossen sei und damit die Tiengener Innenstadt vom Verkehr entlastet werde, betont der Investor. Denn: Erst durch den Kauf der angrenzenden Liegenschaften sei es möglich gewesen, die Weihermattstraße entsprechend auszubauen.
Was genau ist jetzt der Stein des Anstoßes?
Gab es im Lauf der vergangenen Jahre eine Reihe von Streitpunkten, erweist sich die Auseinandersetzung um die Parkplatzsituation als besonders hartnäckig. Sah die ursprüngliche Planung eine zweigeschossige Tiefgarage in dem nun als Wohn- und Geschäftskomplex konzipierten Klettgau-Carré, kam der Investor nach Bodenuntersuchungen im Jahr 2018 davon ab. Die Geologie lasse dies allenfalls mit immensem finanziellem Aufwand zu realisieren seien. Konkret spricht Schleith von 60.000 Euro Kosten pro Stellplatz.
Der Alternativvorschlag: Reduzierung der Tiefgaragen-Kapazitäten auf 50 öffentliche Stellplätze und stattdessen Bau eines Parkhauses auf einem Grundstück westlich des Klettgau-Carrés, das Schleith bereits vor sechs Jahren gekauft hat: „Mit dem Parkhaus, das eine Kapazität von 170 bis 190 Parkplätzen hätte, könnten rund 150 öffentliche Stellplätze geschaffen werden.“ Gemäß Schleiths Vorstellungen könnten die öffentlichen Stellplätze aus Mitteln der Stadt und des Landessanierungsprogramms finanziert werden.

Dies wertet Schleith als durchaus attraktive Chance für die Einkaufsstadt Tiengen. Zumal: Durch die geplante Marktplatzsanierung gehen dort Parkplätze verloren. Auch der Schlossgarage wurde dringender Sanierungsbedarf attestiert. Es herrsche also auf absehbare Zeit ein Mangel. „Auf unseren Vorschlag haben wir vom Oberbürgermeister nie ein Interesse bekundet bekommen“, bringt Schleith seine Verwundertung auf den Punkt.
Der Gemeinderat hatte sich zuletzt vor fast einem Jahr mit dieser Thematik befasst. Damals hatten die Verantwortlichen der Verwaltung dem Ansinnen des Investors – insbesondere im Hinblick auf eine Stellplatzförderung – deutlich eine Absage erteilt. Seither war zwar immer wieder eine weitere Beratung in Aussicht gestellt worden, diese hat aber nicht stattgefunden.
Schleith: „Andere Kommunen machen es besser“
Die bisherige Zusammenarbeit mit der Stadt Waldshut-Tiengen bezeichnet Claus Schleith insgesamt als überaus mühsames Unterfangen. Da sei er etwa mit der Gemeinde Lauchringen eine deutlich bessere Zusammenarbeit gewöhnt. Dort habe die Firma Schleith zwischen 2018 und 2022 das Wohn- und Gewerbegebiet Riedpark gebaut.
Unter dem zweiteiligen Gebäudekomplex befänden sich 170 Tiefgaragenplätze. „35 davon wurden als öffentliche Stellplätze durch die Gemeinde gewünscht und finanziert“, schildert Schleith. Die Kommune habe dazu einen Eigenanteil von 6000 Euro pro Stellplatz investiert, im Gegenzug aber auch die Landesfördrung von 9000 Euro erhalten – eben genau das, wozu die Stadt Waldshut-Tiengen nicht bereit sei.