Herr Roloff, wie kamen Sie grundsätzlich zum Thema Bahnhöfe?
Seit etwa acht Jahren fahre ich regelmäßig mit dem Zug von Waldshut nach Freiburg und zurück. Und hierbei habe ich viele Eindrücke aufgenommen. Dazu las ich in einer Schweizer Zeitung über die Probleme bei Zugfahrten in Deutschland, Probleme, die mich oft selbst trafen: Verspätungen, verpasste Anschlüsse, defekte Züge, Zugausfälle, untaugliche Informationen, dürftiger Service, dreckige Bahnhöfe und zu wenig Personal. Doch mir geht es vor allem um den Bahnhof Waldshut.
Und wie sieht es mit diesem Bahnhof aus?
Nun, der Waldshuter Bahnhof ist aus Kundensicht in einem sehr unbefriedigenden Zustand, er wirkt äußerst vernachlässigt. Insofern ist der Handlungsbedarf sehr hoch. Der Bahnhof muss endlich aus dem Dornröschenschlaf geweckt und zu einem zukunftsfähigen Gebäude ausgebaut werden.

Sind das nicht Versäumnisse der Vergangenheit?
Ja, selbst Experten der Deutschen Bahn sind sich einig, dass der nötige Ausbau des Schienennetzes und der Bahnhöfe längst hätte angepackt werden müssen.
Bund und Bahn wollen ja, dass die Fahrgastzahlen im Nah- und Fernverkehr sich bis 2030 verdoppeln.
Geht es Ihnen nur um das Bahnhofsgebäude in Waldshut?
Nein, das wäre zu kurz gedacht. Das Bahnhofgebäude muss im Zusammenhang mit barrierefreiem Zugang zu den Gleisen (Rampen statt Aufzug) in Verbindung mit dem Busbahnhof und dem Bahnhofsvorplatz gesehen werden.
Sie deuteten eben an, eine Rampe anstatt eines Aufzugs vorzusehen.
Die Planer begehen aus meiner Sicht einen schwerwiegenden Fehler mit dem geplanten Aufzug als Zugang zum Bahnsteig 2/3. Bei einer Kosten-Nutzungsbetrachtung auf Jahre hinaus ist eine Rampe viel kostengünstiger. Aufzüge sind sehr störanfällig, sind dem Vandalismus ausgesetzt. So mussten zum Beispiel im Jahre 2020 bundesweit 3236 Notbefreiungen aus den Aufzügen durch Feuerwehr und Rotes Kreuz vorgenommen werden. Mein Fazit: Es dürfen im Bahnhof Waldshut keine Aufzüge eingebaut werden!
Welche Bedeutung hat der Bahnhof für Waldshut aus Ihrer Sicht?
Bahnhöfe sind mehr als nur Drehscheiben für den öffentlichen Verkehr. Sie sind Visitenkarten einer Stadt und Aushängeschild für den umweltfreundlichen und sicheren Verkehrsträger Schiene. Andere Städte, zum Beispiel Coburg oder Cottbus, wurden für ihre Bahnhöfe von der „Allianz pro Schiene“ ausgezeichnet. Dies sollte auch für Waldshut als Blaupause angestrebt werden, um den Bahnhof zu einem Zukunftsbahnhof zu gestalten.
Wie sollte der Zukunftsbahnhof Waldshut aussehen?
Er sollte eine perfekte Verbindung von hoher Aufenthaltsqualität mit modernen Mobilitätsangeboten bereithalten. Ein DB-Reisezentrum gehört ebenso dazu wie helle, saubere Wartebereiche in modernem Design, ein Café und barrierefreie Toiletten. Er könnte zu einem Imageträger für die Stadt werden, der für die Reisenden und Stadtbesucher aktuelle Kundeninformationen und moderne Serviceleistungen anbietet.
Gibt es noch weitere Kriterien für einen Zukunftsbahnhof?
Zu einem Bahnhof des 21. Jahrhunderts gehören auch Park-and-Ride-Parkplätze, moderne Fahrradabstellplätze, ein Car-Sharing-Angebot, Rufbusse und vieles mehr.
Wurden Sie mit Ihrem Anliegen bereits politisch aktiv?
Ja, ich habe bereits viele Kontakte zur Stadt, zu den Gemeinderatsfraktionen, zur Deutschen Bahn und zu den politischen Mandatsträgern aufgenommen. Aber überwiegend erhielt ich abwehrende Auskünfte. Man wolle erst die Elektrifizierung abwarten, man habe keine personellen und finanziellen Ressourcen. Dabei könnte meines Erachtens eine kleine Experten- oder Initiativgruppe in einem ersten Schritt klären, ob der Bahnhof unter Umständen durch die DB auch zum Verkauf ansteht. Bisher hat die Bahn bereits 80 Prozent ihrer Bahnhöfe verkauft.
Ich meine, dass die Kreisstadt die Initiative und eine Vorbildfunktion eventuell mit einem Investor ergreifen müsste. Ich weiß, es gibt keine einfachen Lösungen, aber alle Lösungen setzen zügige und mutige Realisierungsschritte voraus. Diese Chance muss genutzt werden, es ist dann „unser Waldshuter Bahnhof“. Und es gilt der alte Spruch von Laotse: „Fürchte dich nicht vor Veränderungen – eher vor dem Stillstand.“