„2015 war ein Scheißjahr!“ Soweit der Originalton von Kabarettist Florian Schroeder (36). Zum neunten Mal hatten er und sein Kollege Volkmar Staub (62) zu ihrem alljährlichen „Jahresrückblick“ ins Ali-Theater Tiengen eingeladen. Und auch das ist bereits Tradition: Der ehemalige Kinosaal war ausverkauft und die Erwartungshaltung groß. Man hat schnell das Gefühl: Sie sind noch aggressiver, giftiger und polemischer geworden. Und – das ist neu – sie streiten und beschimpfen sich gelegentlich.
Für die Polit-Kabarettisten mit Kultstatus gab es im Jahr 2015 nur drei Themen: Flüchtlinge, Flüchtlinge, Flüchtlinge. Und da gehen auch ihre Meinungen auseinander: Für Volkmar Staub verdient Kanzlerin Angela Merkel höchsten Respekt, Florian Schroeder dagegen sieht Widersprüche und Probleme. Und beide sind sich einig: „Wir Kabarettisten sind nicht hier, um Antworten zu geben, sondern um Fragen zu stellen.“ Doch natürlich äußern sie hemmungslos eigene Ansichten und Feindbilder. Bei Schroeder sind das bevorzugt Horst Seehofer, Angela Merkel, Markus Söder oder Günther Oettinger. Die imitiert und karikiert er gekonnt, ereifert sich und schäumt gelegentlich vor Wut. Makaber dann sein Beitrag zur Demographie und sein „Bumsen gegen Flüchtlinge“.
Staub dagegen gibt sich deutlich behäbiger: Immer wieder bricht der Alt-68er hervor, wenn er zur Gitarre greift oder – gelernt ist gelernt – mit dem Mikrophon rockt. Das kommt an! Während er 2014 zum Thema SPD nur kommentarlos mit den Augen rollte, bringt er jetzt in seiner geliebten Rolle als Winnetou mit nacktem Oberkörper seine Botschaft bedeutungsschwer herüber: „Werdet wieder links und frei, geht in die Opposition!“
Der Abend besteht aus Parodien, Spielszenen und Wortduellen. Außer den Flüchtlingen thematisieren sie respektlos Griechenland (köstlich eine improvisierte Tragikkomödie), den VW-Skandal, Vorratsdatenspeicherung oder Klimakonferenz. Schauspielerische Höhepunkte dann eine Begegnung zwischen den Päpsten Franziskus und Benedikt sowie die „Nachtgespräche am Kamin“ zwischen Moderator Urs-Maria Van-der-Laber (Staub) und dem Pegida-Aktivisten Lausitzer (Schroeder). Skurriler geht nicht!