Dereinst vor 50 Jahren als Provisorium geplant, setzt das Gebäude der Grund- und Werkrealschule Gurtweil bis heute Akzente in Sachen Architektur. Auch mit Blick auf das Angebot erfreut sich die Schule wachsender Beliebtheit. Daraus resultieren freilich auch Herausforderungen, die dazu führen, dass auf dem Schulareal die derzeit größte Investitionsmaßnahme der Stadt Waldshut-Tiengen umgesetzt wird. Konkret wird für elf Millionen Euro ein Anbau errichtet. Aber der Reihe nach.
Warum muss die Schule erweitert werden?
„Die Raumsituation hat sich in den vergangenen Jahren massiv zugespitzt“, schildert Oberbürgermeister Philipp Frank im Gespräch mit unserer Zeitung. Konkret erfreue sich die Schule eines so großen Zuspruchs, dass der Raumbestand damit schon seit Jahren nicht mehr mithalten könne.
Laut Schulleiter Bernhard Zimmermann hat sich die Schülerzahl in den vergangenen Jahren um ein Drittel von 230 auf 330 erhöht: „Momentan müssen wir Interessenten sogar absagen.“ Unter anderem wegen des großen Zulaufs müsse eine Organisationsstruktur mit ausgegliederten Klassen etwa im alten Rathaus und in Aichen vorgehalten werden, um genügend Platz zu haben, so Zimmermann weiter: „Das ist natürlich für alle Beteiligten sein sehr anstrengendes Unterfangen.“
Nicht zuletzt mache aber auch die gesetzliche Vorgabe, dass Schulen ab 2026 verpflichtend ein Ganztagsangebot anbieten müssen, einen Neubau notwendig – denn natürlich sei dafür unter anderem eine Mensa nötig. „Das Projekt ist also auch zukunftsorientiert, denn wir können die Ganztagsbetreuung bereits ab Ende 2024 anbieten“, so Zimmermann.
Und wie OB Frank ergänzt, seien all diese Faktoren wie auch der von der Schule geäußerte Wunsch, einen attraktiven Lebensraum für die Kinder zu schaffen, auch Grund dafür gewesen, dass sich Stadt und Gemeinderat letztlich für die „große Lösung“ entschieden hätten.
Was soll der Neubau konkret beinhalten?

Optisch knüpfe die vom Lörracher Architekturbüro Moser verantwortete Planung des fünfeckigen Neubaus an die Linienführung des Bestandsgebäudes an, mit seinen sechseckigen, wabenförmigen Abteilungen, erklärt die Erste Beigeordnete Petra Dorfmeister.
Wenn auch keine Kapazitäten für zusätzliche Klassen geschaffen werden, werde der Neubau laut Rektor Zimmermann eine „zeitgemäße Ausrichtung“ der Schule ermöglichen: „Bessere Möglichkeiten zur Inklusion behinderter Schüler und mehr Raum für berufsorientierte Maßnahmen“, das seien zwei wichtige Punkte, die der Neubau gewährleiste: „Aus unserer Sicht ist es ein Quantensprung.“
Neben der Mensa werde das Lehrerzimmer in den dreistöckigen Neubau verlegt – mit Raum für 40 statt wie bisher 20 Lehrkräfte, so Zimmermann. Mehrzweckräume, Computerraum, die Schulverwaltung und Technikräume, dazu zwei Klassenräume für den Inklusionsgerechten Betrieb: All das wird im Neubau vorgesehen. Für den Ganztagesbetrieb sind auch Lerninseln und Ruheräume vorgesehen.
Welche Zielsetzung verfolgt die Stadt?

Geleitet von der Überzeugung, dass eine gut ausgestattete, zukunftsfähig ausgerichtete Schule ein wesentlicher Standortfaktor für eine Kommune sei, wurden in den vergangenen Jahren große Anstrengungen in Schulsanierungen und Modernisierungen gesteckt.
Auch bei der Grund- und Werkrealschule Gurtweil gehe es darum, eine hochkarätige, wohnortnahe Schulbildung anzubieten und zu sichern, betonen alle Beteiligten. Dass es zugleich die einzige Werkrealschule im ganzen Stadtgebiet ist, mache diese Aufgabe nur umso wichtiger, dass Stadtverwaltung und Gemeinderat das Ganze „in großer Einmütigkeit“ auf den Weg gebracht hätten, unterstreiche die Bedeutung, die dieser Aufgabe beigemessen werde, so Philipp Frank.
Konkret werde nun im 50. Jahr ihres Bestehens die „Zersiedelung“ der Gurtweiler Schule zugunsten eines regelrechten Campus‘ aufgegeben, der laut Planung auch noch ein Sportplatz für verschiedenste Sportarten folgen soll. Am Ende steht eine Anlage die gewissermaßen durchgehend Aufenthaltsort und Lebensmittelpunkt für Kinder und Jugendliche sein könne, zeigt sich Bernhard Zimmermann überzeugt.
Und das Thema Klimaschutz sei von Beginn an in den Planungen mitgedacht worden, so Petra Dorfmeister: Eine Photovoltaikanlage auf dem Dach gehört ebenso zum Anbau, wie E-Tankstellen und eine Wärmepumpe. Ein Nahwärmezentrum für Gemeindehalle, Kindergarten und Schule sei ebenfalls vorgesehen.
Was ist bisher passiert?

Nach ersten Gesprächen im Jahr 2019, gab es 2020 den Baubeschluss. Wie Besnik Istrefi, stellvertretender Leiter des Hochbauamts darstellt, wurden eine Machbarkeitsstudie und ein Raumprogramm in Auftrag gegeben, um so viele Fragen wie möglich im Vorfeld zu klären.
Mit einem Budgest von 10,96 Millionen Euro ging es vergangenen Herbst in die Vertrage der ersten Aufträge für das Gebäude. Im Dezember war Baubeginn. Der Antrag zum Bau des Multifunktionssportfelds läuft noch.
Inzwischen ist die Baugrube ausgehoben, die Bodenplatte soll dieser Tage gegossen werden, so Istrefi. „Der Großteil der Aufräge ist bereits vergeben. Bislang liegen wir preislich sogar unter dem Kostenrahmen“, lautet die gute Nachricht. Ob es so bleibt, müsse jedoch abgewartet werden, räumt OB Frank ein. Aktuell gebe es viele Faktoren, die sich auf die Kostenentwicklung auswirken könnten.
Wie sieht der weitere Zeitplan aus?
Die offizielle Grundsteinlegung ist für Montag, 3. April, geplant. Hierzu werde es eine Feier mit Vertretern aus der Politik geben, so Zimmermann. Danach soll es mit den Rohbauarbeiten weitergehen. Abschluss der Bauarbeiten ist für Ende des Jahres 2024 terminiert.