Nachdem das Schlüchttal ab 22. März 2021 erst wegen der Bauarbeiten am Abwassersammler und wegen Felssicherungsarbeiten bis 2. April 2023 gesperrt war, kam es nach zwei Abstürzen von großen Felsenbrocken am 29. April erneut zu einer mehrmonatigen Sperrung. Diese soll bis Herbst 2023 andauern.

Das wildromatische Tal ist zum Sicherheitsrisiko für Verkehrsteilnehmer geworden. Umleitungen gehen über Berg und Tal. Was bedeutet die Sperrung dieser wichtigen Verbindungsstraße für die Bevölkerung und Unternehmen im Oberen Schlüchttal?

Auswirkungen auf Unternehmen

Holzwerkchef Marius Braun sieht die Sperrung des Schlüchttals mit Sorge. Sie verursache mühsame Umwege für Lastwagen und Kunden. Oft sind es ortsunkundige Fahrzeugführer, die nach Navi über das Steinatal bis zur Stockenmühle geleitet werden, von wo die schmale kurvige Straße nach Ühlingen führt.

Holzwerkchef Marius Braun hofft, dass die Felssicherung zügig vorangeht. Die L157 sei für das Obere Schlüchttal eine wichtige ...
Holzwerkchef Marius Braun hofft, dass die Felssicherung zügig vorangeht. Die L157 sei für das Obere Schlüchttal eine wichtige Lebensader, so Braun. | Bild: Ursula Ortlieb

Dies bedeute für Lastwagenfahrer eine Tortur. Bei Gegenverkehr gebe es Probleme, aneinander vorbeizukommen. Richtung Gurtweil fahren Lastwagen von Birkendorf aus mit Hackschnitzellieferungen für Gutex derzeit über das Steinatal -Untermettingen nach Tiengen und danach zurück Richtung Schlüchttal. Zeit und Kraftstoff bleiben auf der Strecke.

Große Lastwagen erreichen das Holzwerk auf Umwegen und für solche auf ungeeigneten Straßen. Oft sind es ortsunkundige Fahrer, die nach ...
Große Lastwagen erreichen das Holzwerk auf Umwegen und für solche auf ungeeigneten Straßen. Oft sind es ortsunkundige Fahrer, die nach dem Navi fahren, andere wissen sich besser zu helfen. | Bild: Ursula Ortlieb

„Einsparungen von CO2 für das Klima gehen so nicht. Die Sperrung sollte schnellstmöglich aufgehoben werden“, betont Marius Braun und ergänzt: ‚Für unseren Betrieb bedeutet das Schlüchttal eine Lebensader.‘ Er hat Befürchtungen, ein zweites Albtal zu erleben. Denn dort ist seit dem 26. Mai 2015, also seit über acht Jahren, ist die Albtalstraße (L 154) zwischen dem Gasthaus Hohenfels (Gemeinde Albbruck) und Tiefenstein (Gemeinde Görwihl) wegen Felssturzgefahr gesperrt.

Auswirkungen auf die Ortsteile

Zrück ins Schlüchttal: Berau werde dieses Mal weniger beeinträchtigt, als durch die Sperrung im vergangenen Jahr, da die Strecke von Witznau in den Ortsteil frei ist, bestätigt Ortsvorsteher Moritz Böhler auf Nachfrage. Die Berauer Gastronomie sei daher wohl nicht betroffen.

Der Umleitungsverkehr störe kaum. Da auch die Straße von Schönenbach nach Seebrugg gesperrt ist, fahren viele über Höchenschwand. Solche, die über die Heidenmühle fahren, müssen starkes Gefälle und Anstieg meistern.

Auswirkungen auf die Gastronomie

Anders verhält es sich in Birkendorf. Kehren Motorradfahrer aus der Schweiz und vom Hochrhein gerne im Gasthaus „Post“ ein, bleiben diese seit der Sperrung ganz aus. Möglicherweise weichen sie auf das Steinatal aus, vermutet Juniorchef Rainer Fechtig.

Die Abzweigung Riedersteg. Pendler fahren über die Berghausstraße über Aichen oder Krenkingen an den Hochrhein.
Die Abzweigung Riedersteg. Pendler fahren über die Berghausstraße über Aichen oder Krenkingen an den Hochrhein. | Bild: Ursula Ortlieb

Auch Schweizer Gäste kommen seltener. Die berichtet auch „Kreuz“-Wirt Stefan Gromann aus Riedern. Er höre von seinen Stammgästen vom Hochrhein und der Schweiz, dass sie erst wieder kommen, wenn frei sei. Umwege nehmen viele wegen Ortsunkenntnis nicht in Kauf. Besonders störe der vermehrte Bus- und Autoverkehr. Es scheine, als müssten diese Zeit aufholen und fahren am Gasthaus mit erhöhter Geschwindigkeit vorbei. Das sei gefährlich, weil Kinder morgens und mittags unterwegs zum Kindergarten sind.

Auswirkungen durch den Lärm

Die Umleitung auf die L 159 ins Steinatal bringe bedingt durch erhöhtes Verkehrsaufkommen mehr Lärmbelastungen und Unfälle, teilt Ortsvorsteher Daniel Schliffke mit. In Untermettingen beklage man seit Jahren, dass das Steinatal Anwohner Lärmbelastung durch Motorradfahrer ausgesetzt sind.

Die Schlüchttalsperrung habe dieses Problem verschärft. Wie Schliffke berichtet, sei er mit Bürgermeister Tobias Gantert bereits vorher in Gesprächen mit Behörden und Landratsamt auf der Suche nach Lösungen gewesen, wie Geschwindigkeitsbegrenzungen oder anderen Möglichkeiten. Am runden Tisch im Landratsamt soll das Thema in Kürze erneut besprochen werden.

Auswirkungen für die Einwohner

Bei der Gewerbeschau am 9. Juli habe sich wieder herausgestellt, wie wichtig die L 157 für das Gewerbe und die Einwohner von Ühlingen Birkendorf sei, so Ortsvorsteher Klaus Müller. Die Berghausstraße sei durch Pendler, die am Hochrhein arbeiten, stärker belastet als sonst.

Auf Nachfrage fahren viele Berufstätige über Krenkingen-Detzeln oder Berghausstraße über Aichen zu ihren Arbeitsplätzen. Die Landstraße 157 – Schlüchttal ist seit 1881 die direkte Verbindung nach Waldshut-Tiengen und in die Schweiz, sowie auch umgekehrt.

Auswirkungen auf die Gemeinde

Laut Bürgermeister Tobias Gantert sei die Sperrung des Schlüchttals nach Begutachtung von Experten notwendig gewesen. Er sei dankbar, dass sich die Straßenbauverwaltung umgehend an die Behebung der Problemstellen gemacht habe. Vorbereitung und Durchführung der Arbeiten benötigen Zeit.

Aufgrund der Verkehrsbedeutung der L157 ist die Sperrung für die Gemeinde Ühlingen-Birkendorf mit Beschwernissen verbunden. Insbesondere für den Schwerlastverkehr sind weite Umwege in Kauf zu nehmen. „Von daher sind wir natürlich sehr froh darüber, wenn die akute Gefährdung zeitnah beseitigt wird und zusätzlich weitere Bereiche vorbeugend gesichert werden“, so der Bürgermeister in seiner Stellungnahme.

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