Ein Birkendorfer Urgestein wird am heutigen Samstag 90. Dazu gratulieren vier Söhne mit Familien und sechs Enkelkinder. Wenn er auch inzwischen eine Gehhilfe braucht, sein Gedächtnis ist sehr gut und er erinnert sich an alle Stationen seines Lebens, das von Familie, Arbeit und Schicksalsschlägen geprägt war.
Kindheit und Jugend
Karl Hirzle wuchs als Jüngstes von vier Kindern auf dem elterlichen Bauernhof auf. Bruder Anton fiel 1942 im Krieg, der Vater starb 1946 an Krebs. „Ich wusste früh, dass ich unbedingt Maurer werden will“, so der Jubilar. Bei Schulabschluss 1945 war aber keine Lehrstelle zu finden, da es kein Werkzeug und Baumaterial gab. Dreimal machte sich der junge Karl auf den Weg nach Grafenhausen, um sich bei Franz Gatti zu bewerben, der nur um 7 Uhr morgens anzutreffen war. „Hesch ä Chelle un Werkzüg?“, fragte der Chef. Das hatte Karl von seinem Bruder Anton, der Maurer war. „Dann chasch morn cho“, sagte der Lehrmeister und so wurde Karl Hirzle dank eigener Kelle und Wasserwaage als Lehrling eingestellt.
Weg in die Selbstständigkeit
Täglich gings mit dem Fahrrad von Birkendorf nach Grafenhausen zur Arbeit. Bis 1954 arbeitete Hirzle montags bis samstags zehn Stunden. Mit dem Ersparten konnte er sich an der Technikerschule in Stockach zum Techniker und Werkmeister weiterbilden. 1956 folgte in Konstanz die Meisterprüfung als Maurermeister. Nach zwei Jahren Berufstätigkeit bei Architekt Gatti arbeitete der Jubilar drei Jahre als Polier wieder auf dem Bau. Mit fundierter Ausbildung und Erfahrung gründete er am 1. März 1964 die eigene Baufirma. Ab Firmengründung war Bruder August sein Bauhelfer und Otto Albrecht sein erster Lehrling; beide blieben der Firma bis zur Rente treu.
Viele Häuser wurden von der Firma gebaut. Markante Gebäude im Ort, wie das Haus des Gastes oder die Café-Bäckerei mit Lebensmittelmarkt Fechtig. 1992 übergab Karl Hirzle den Betrieb dem ältesten Sohn Andreas und darf zurecht stolz sein, dass drei seiner Söhne mit qualifizierten Berufen im Bauhandwerk (Bauingenieur, Architekt und Maurermeister) erfolgreich sind. Sohn Tobias arbeitet als Elektro-Ingenieur in Grafenhausen. Karl Hirzle wurde 1946 Mitglied im Fußballclub und war von 1957 bis 1960 Vorsitzender des FC Birkendorf. Er war als Baritonmusikant 45 Jahre Mitglied der Trachtenkapelle und ist Ehrenmitglied beider Vereine. Seit 1950 ist Hirzle Feuerwehrmann und gehört bis heute der Altersabteilung an. Fünf Jahre bis zur Eingemeindung 1975 war er Mitglied des Gemeinderats Birkendorf.
Familie
1958 heiratete Karl Hirzle, die jüngste Tochter vom Gasthaus „Hirschen“, Agnes Rebmann. 1962 zog die Familie ins eigene Haus. Das Ehepaar bekam fünf Söhne. Leider blieben schwere Schicksalsschläge nicht aus. Sohn Mathias starb 1990 mit 29 Jahren nach einem Autounfall. Ehefrau Agnes starb 2014 an Krebs.
Dass die Kraft nachlässt und er Hilfe benötigt, stimmt Karl Hirzle etwas traurig. Maria Czyz aus Polen ist seit dem Tod seiner Frau der gute Geist im Haus und wohnt seit drei Jahren in der Einliegerwohnung.