Der zweite Corona-Lockdown hat die Gastronomie erneut schwer getroffen. In Ühlingen-Birkendorf hat diese Zeitung bei vier Gastronomie-Betrieben nachgefragt, wie sie die Krise bewältigen. Das Fazit: Zwar konnte mit einem starken Sommer die erste Schließungsphase etwas kompensiert werden, aber der Stillstand an Ostern, Weihnachten und Neujahr sei nicht aufzuholen. Jetzt drücken fehlende Planungssicherheit und Sorge um Betrieb und Personal bei den Betroffenen auf die Stimmung. Staatliche Zuschüsse flossen im Januar für November und Dezember. Zwei der befragten Gastronomen bieten am Wochenende Essen außer Haus an, für zwei wäre es ein zusätzliches Minusgeschäft.
Vermisst wird von den befragten Gastronomen eine klare Perspektive. Aufwendiger Hygieneschutz habe Wirkung gezeigt, da bei den vier Betrieben weder bei Gästen noch bei Mitarbeitern Infektionen aufgetreten seien. Jetzt stünden Arbeitsplätze und Existenzen auf dem Spiel. Mit Renovierungen, Überarbeitung der Homepage, Reinigung der Häuser und Arbeiten, die sonst noch etwas hätten warten können, überbrückte man bisher die Zeit der Schließung. Gut gerüstet möchte man durchstarten. Doch die Ungewissheit zerrt an den Nerven.
Essen außer Haus inklusive Geschirrabholung und Spüldienst als besonderen Service bietet der Landgasthof Rössle in Berau. Wegwerfgeschirr ist tabu. Auf der Speisekarte stehen auch Fleischgerichte aus eigener extensiver Landwirtschaft mit Schweineaufzucht und Mutterkuhhaltung. Bestellungen erfolgen am Vortag, die Abholung wird zur Stau- und Kontaktvermeidung zeitlich getaktet. „Es läuft gut, ist aber ein Tropfen auf den heißen Stein. Wir bleiben dadurch mit unseren Stammgästen in Kontakt und können unsere Mitarbeiter abwechselnd beschäftigen, die wir nicht verlieren möchten“ so Dirk Tröndle, der den Betrieb zusammen mit seiner Frau Andrea Tröndle führt. Voll- und Teilzeitbeschäftigte seien nach der Urlaubsabgeltung in Kurzarbeit. In dem Hotel mit Restaurant gibt es in der Summe zehn Vollzeitstellen. Alle Beschäftigten drängen darauf, wieder zu arbeiten. Sohn Jonas, Tochter Luisa und weitere Familienmitglieder helfen nach Möglichkeit und Bedarf mit. Der Fachverband Dehoga habe sich in der Krise als starker Partner in Beratung und Betreuung erwiesen.
Das Restaurant Waldschenke mit Campingplatz in Birkendorf liegt zwei Kilometer außerhalb. Das Campingareal ist 21.000 Quadratmeter groß. Ein Außer-Haus-Verkauf von Essen mache aufgrund der Lage und des Personalaufwands keinen Sinn, so die Inhaber Hartmut Kaiser und Wolfgang Matt, die den Betrieb 1980 gründeten. Sechs feste Mitarbeiter sind in Kurzarbeit. Zwei Aushilfen gehören außerdem zum Team.

Auf dem Campingplatz sind keinerlei touristische Übernachtungen erlaubt. Dauercamper dürfen sich tagsüber kurzfristig auf dem Gelände aufhalten. Deshalb und wegen des Gasflaschenverkaufs, Reinigungsarbeiten und Schneeräumen auf dem Campingplatz sei die Anwesenheit der Inhaber notwendig. „Wir leben jetzt von den Resourcen“, so Kaiser. Die Schließung der Gastronomie sehen die beiden Inhaber kritisch, da nach ihrer Auffassung von der Gastronomie mit den strengen Auflagen keine Infektionsgefahr ausgehe.
„Der Lockdown macht uns finanziell und mental zu schaffen“, erzählen Stefanie und Stefan Gromann vom Gasthaus Kreuz in Riedern am Wald, die den gewohnten täglichen Geschäftsbetrieb vermissen. Das Gasthaus wurde nach einem großen Brand vor 20 Jahren neu aufgebaut und sei nicht schuldenfrei. Die Einnahmen fehlen, und die Mitarbeiter müssen mit weniger Geld auskommen. „Ich mache mir schon Gedanken, wie es weiter geht“, so Gromann. Dennoch haben die beiden Verständnis für die Schließung, da man sehe, dass die Infektionszahlen sinken. „Es ist wohl notwendig“, so Gromann, der seinen zwölf-Stunden-Arbeitstag vermisse und jetzt Zeit zum Grübeln habe. Er bietet Menüs und Hausgemachtes in Gläsern zum Mitnehmen an.

Zum Betrieb gehört eine eigene Landwirtschaft mit Schweine-, Gänse-, Hühner- und Kaninchenaufzucht. „Wir freuen uns über die Solidarität unserer Stammgäste und sind dafür sehr dankbar“, so die Wirtin. Bei schönem Wetter kamen sie sogar aus Lörrach und Albbruck ins Kreuz, um Bestellungen abzuholen. Manche packten am Waldrand oder auf der Wiese Campingtisch und -stühle aus und genossen das Mittagessen in der Natur. „Wenn man alles rechnet, ist kaum Gewinn zu erzielen, aber wir bleiben mit allen in Verbindung“, so der Kreuzwirt. Sechs gut eingearbeitete feste Mitarbeiter und abwechselnd 15 Aushilfen beschäftigt er. „Wie wird es weitergehen?“, sei die große Frage. Bitter seien die vielen Absagen von sämtlichen Hochzeiten, Geburtstagen und Kommunions- und Konfirmationsfeiern im Jahr 2020 und jetzt wieder für 2021.
Mit 120 Betten, 200 Restaurant-Sitzplätzen und 30 Mitarbeitern ist das Hotel und Restaurant Sonnenhof-Sonnhalde in Birkendorf der größte Gastronomiebetrieb der Gemeinde. Bis einschließlich Dezember wurden 56 Prozent der Angestellten weiterbeschäftigt, die jetzt in Kurzarbeit sind. „Ob wir das Personal halten können, ist ungewiss“, erklären Christel Liebwein und Juniorchef Maurice Blatter von der Inhaberfamilie. Im vergangenen Jahr seien 320.000 Euro in Renovierungen und in eine Wellness-Erweiterung investiert worden von insgesamt 2,2 Millionen Euro in den letzten zehn Jahren. Der auf Oktober erweiterte Wellnessbereich sei begeistert von den Gästen angenommen worden. Dann kam der zweite Lockdown. Kredite und Belastungen laufen jedoch weiter. Nach Auffassung der Hotelier-Familie ist die Schließung ungerecht und willkürlich, da man mit größtem Aufwand erfolgreich Hygieneschutz umgesetzt habe und Kontaktverfolgung der Gäste gewährleistet sei. Die staatliche Unterstützung laufe schleppend. Die Unterstützung müsse zeitnah ausgezahlt werden, zumal sie nicht einmal die Fixkosten decken könne.

„Wir wollen öffnen, unser Personal beschäftigen und den Betrieb erhalten. Andernfalls wissen wir nicht, wie wir unsere Existenz weiter gewährleistet sehen sollen“, so die Familie Blatter-Liebwein. Christel Liebwein meint: „Es ist für uns nicht nachvollziehbar, warum die Gastronomie seit sechseinhalb Monaten in einem harten Lockdown ist, während Alten- und Pflegeheime nicht stärker geschützt werden obwohl bekannt ist, das hier die Hotspots sind und 82 Prozent der Sterbefälle hieraus resultieren. Des weiteren ist nicht zu verstehen, warum im Öffentlichen Personennahverkehr immer noch unzureichende Hygienemaßnahmen vorhanden sind. Außerdem sind immer noch zuwenig FFP-2-Masken vorhanden, und es finden nach wie vor noch zuwenig Corono-Schnelltests statt.“