Yoga? Om? Ist das nicht eher so ein Frauending und echte Kerle gehen ins Fitness-Center? Nicht in diesem außergewöhnlichen Kurs im Stühlinger Stadtteil Lausheim.
Im kleinen Dörfchen Lausheim mit seinen etwa 260 Einwohnern haben sich 19 Männer für einen Yoga-Kurs bei Andrea Kohlpaintner-Scherble angemeldet. „Mit fünf, sechs habe ich gerechnet. Als sich so viele gemeldet haben, war ich perplex. Vor dem ersten Kursabend bin ich schon ein bisschen nervös“, gib die Yoga-Lehrerin zu.

Als die Männer an diesem Donnerstagabend mit ihren Matten unter dem Arm in der umgebauten Scheune des „Kirchbauernhofs“ eintrudeln, blicken sich manche unsicher um, andere feixen oder machen schon mal eine Übung, die sie zu kennen glauben.
„Wir müssen erst die Basis aufbauen“, erklärt die Yoga-Lehrerin geduldig und plötzlich hören ihr alle aufmerksam zu. Die gebürtige Bayerin aus Rosenheim kommt mit ihrer aufgeschlossenen Art gut an, die Männer sind nun konzentriert bei der Sache. „Alle haben sich darauf eingelassen, sie wollen auch keine Osterpause“, zeigt sich Andrea Kohlpaintner-Scherble beeindruckt vom Willen und Ehrgeiz der Gruppe.
An der Volkshochschule Wutöschingen leitet sie schon seit einigen Jahren Kurse für XXL-Frauen, Frühaufsteher (Early-Birds), Berufstätige und Senioren. Nur zwei Männer machen dabei mit. Als einer zum ersten Mal als Berufstätiger auftauchte, war er im ersten Moment ziemlich verunsichert, weil er nur Frauen sah.
„Er wurde gut in der Gruppe aufgenommen und ist glücklich damit. Ein 80-Jähriger ist bei der Seniorengruppe unter lauter Frauen der einzige Mann!“, erzählt sie und macht deutlich: „Für ein Fitness-Center wäre ich die falsche Yoga-Lehrerin.“
Therapeutischer Ansatz im Vordergrund
Ihr Weg ist ein anderer – für die medizinische Fachangestellte im Ruhestand, steht der therapeutische Ansatz im Vordergrund. Sie will möglichst vielen Menschen diese Kombination aus Entspannung und körperlichen Übungen näherbringen. „Es macht Spaß zu sehen, wie beweglich die Leute werden und welche Fortschritte sie machen!“
Als sie von Männern aus dem Dorf angesprochen wurde, war sie zunächst skeptisch, später aber offen dafür, einen Kurs ausschließlich für Männer anzubieten. „Außergewöhnliche Sachen zu machen, sind mein Ding“, sagt sie und ist davon überzeugt, dass sich gerade Männer in der zur Yoga-Halle umgebauten Scheune mit ihrem „Industrie-Look“ wohlfühlen.
Darum machen die Männer jetzt Yoga
Alle Teilnehmer haben Gründe, es mal mit dieser besonderen Art von Übungen und Entspannung zu versuchen. Andreas Duttlinger (34) aus Weizen sucht nach einem Bandscheibenvorfall einen Weg etwas für sich zu tun.

„Als mir ein Kollege aus Lausheim von diesem Kurs erzählte, hielt ich das für eine gute Idee und war sofort dabei.“ Er hätte übrigens keine Probleme damit, wenn es kein reiner Männer-Kurs wäre.
Bei Tobias Selb (41) aus Lausheim war es eine Atemschutzübung der Feuerwehr, die im deutlich vor Augen führte: „Ich bin nicht mehr so beweglich wie früher – Du solltest zum Yoga gehen.“

Die Initialzündung für die Anmeldung kam allerdings an Fasnacht eher aus einer Bierlaune heraus: „Wir machen was bei Andrea, in einer Gruppe geht‘s halt einfacher. Dann hat sich das in einer WhatsApp-Gruppe verselbstständigt.“
Das Thema Gesundheit ist bei Thomas Held (37) aus Lausheim schon lange auf der Agenda. Schließlich ist seine Frau Physiotherapeutin und sie macht Yoga bei Andrea Kohlpaintner-Scherble.

„Zu Hause hat sie mir schon Übungen gezeigt. Als der Kurs angeboten habe ich mir gedacht: was meine Frau kann, das kann ich auch. Schließlich sollte man für seinen Körper etwas tun, bevor es weh tut!“
Weh getan hat es bei Wolfgang Kaiser (60) aus Grimmelshofen schon länger. Der Beruf als Postbote hat Spuren hinterlassen, dann kam eine Knieoperation hinzu.

Zu Hause hat er ein Laufband, musste aber erkennen, dass es nicht ideal für ihn ist. „Dann bekamen wir einen Schnupperkurs für Familien-Yoga geschenkt, das hat mir gefallen, nun gab es zeitnah diesen Kurs. Ich erhoffe mir von den Übungen mehr Stabilität für meine Gelenke.“
Andrea Kohlpaintner-Scherble hat natürlich die Hoffnung, dass diese Gruppe mehr Männer dazu motiviert, Yoga ganz unvoreingenommen einfach mal auszuprobieren.