Die letzten Wochen waren in Israel sicherlich nicht die Einfachsten. Ich selbst hatte zwar wenige Probleme, allerdings war die Lage, besonders in Städten wie Jerusalem, angespannter als ich sie zuvor erlebt hatte. Nicht zuletzt auch, da in diesem Jahr alle Feste der drei abrahamitischen Religionen auf dieselbe Zeit fallen. So feiert man im Islam den Ramadan, im Christentum das Osterfest und im Judentum das Pessachfest. Jerusalem, das in allen dieser Religionen eine große Rolle spielt, stellt also allein schon wegen des Ideologischen Wertes und des Wunsches nach alleiniger Inanspruchnahme der verschiedenen Religionen einen gewissen Konfliktpunkt dar.
Ramadan (1. April bis 1. Mai in Israel)
Im Ramadan ist es allen Muslimen, solange sie gesund, erwachsen und nicht zu alt sind, eine Pflicht, von Sonnenaufgang, ab dem Moment in dem man einen weißen vom schwarzen Faden unterscheiden kann, bis zum Sonnenuntergang, manchmal auch bis in die Nacht nicht zu Essen, zu Trinken, und zu Rauchen. Der Anfang des Monats Ramadan ist davon abhängig, ab wann man die Mondsichel nach dem Neumond wieder sehen kann. Deshalb verschiebt er sich jedes Jahr um zwölf Tage nach unserem Kalender und kann an verschiedenen Orten an verschiedenen Tagen starten.
Das Fasten wird jeden Abend mit dem Iftar, dem ersten Mahl des Tages gemeinsam gebrochen. Ramadan wird gefeiert als die Zeit in der man neben dem Fasten von materiellen Dingen auch von üblen Taten, Lügen und schlechten Gedanken absieht. In diesem Monat soll man sich als Muslim im eigenen Glauben bestärken und durch das Fasten (“saum“), was auch eine der fünf Säulen im Islam ausmacht, eine engere Bindung zu Allah finden.
Ramadan wird traditionell mit Eid Al-Fitr, auch als Zuckerfest bekannt, beendet. Man isst dabei viele süße Speisen, die sich lokal unterscheiden und geht zum Gebet in die Moschee. Dabei zieht man sich besonders schöne, meist neue Kleidung an und besucht Verwandte oder gedenkt Verstorbenen Familienmitgliedern.
Pessach (15. April bis 22. April)
Die Geschichte von Pessach besagt, dass das Volk der Israeliten durch eine Folge von gottgesandten Plagen, die das Volk der Ägypter erlitt, aus der Knechtschaft der Ägypter befreit wurden. Darauf waren sie allerdings nicht vorbereitet und so mussten sie noch Proviant für die Reise besorgen, hatten allerdings keine Zeit mehr, das Brot vor dem Backen aufgehen zu lassen.
Deshalb werden an Pessach keine weizenhaltigen Produkte gegessen und das spezielle Brot (Matzah), das man an Pessach isst, darf nicht aufgehen, sondern darf nur kurz gebacken werden, bevor die Hefe wirken kann.
In der Woche von Pessach werden auch in den meisten Supermärkten die Produkte, die nicht den Koscher-Gesetzen an Pessach entsprechen, abgedeckt und die meisten jüdischen Haushalte verbrennen ihre Brotlaibe. Vor einigen Jahrhunderten war es üblich, dass sie das Mehl an nicht-jüdische Haushalte verschenkten und sie am Zuckerfest im Islam süße Speisen im Gegenzug bekamen. Zum Ende von Pessach findet ein Festessen statt.
Yom HaSho‘a (27. April bis 28. April)
An diesem Tag wird den ungefähr sechs Millionen Juden gedacht, die durch die abscheulichen und feigen Verbrechen der Nationalsozialisten im Zweiten Weltkrieg getötet wurden, als auch dem jüdischen Widerstand in dieser Zeit. Ein Gedenktag, den ich unvergleichbar wichtig finde, im selben Atemzug jedoch auch so schwer finde, wie keinen Anderen. Yom HaSho‘a findet am 27. Nisan im jüdischen Kalender statt, da sich in dieser Zeit der Aufstand im Warschauer Ghetto durch jüdische Märtyrer jährt. Um 10 Uhr morgens wird eine zweiminütige Sirene gespielt, bei der sogar der Verkehr steht.
Yom Hazikaron (3. Mai bis 4. Mai) und Yom Ha‘atzmaut (4. Mai bis 5. Mai)
Yom Hazikaron ist der Tag, an dem den Soldaten und den Opfern von Terroranschlägen in Israel gedacht wird. An ihm werden zwei Sirenen gespielt; eine um 8 Uhr Abends des Vortages, um den Gedenktag einzuleiten und eine um 11 Uhr morgens, wenn die offiziellen Andachtszeremonien beginnen. An diesem Tag soll keine fröhliche Musik gespielt werden, und so wie an Yom HaSho‘a haben die meisten Freizeitstätten aus Respekt geschlossen. Yom Ha‘atzmaut, der israelische Unabhängigkeitstag, ist nicht zufällig am Tag nach Yom Hazikaron, da man sich vor diesem Tag an die Opfer auf israelischer Seite erinnern soll. An Yom Ha‘atzmaut gibt es viele Zeremonien und Ehrungen von Menschen, die im letzten Jahr einen großen gesellschaftlichen Beitrag geleistet haben. Es wird die Unabhängigkeit nach dem britischen Mandat 1948 gefeiert.

Jerusalem
Wie auch in den vergangenen Jahren, gab es erneut zum Ende vom Ramadan Konflikte in Jerusalem. Allerdings sind diese, besonders wenn man berücksichtigt, dass Pessach und Ramadan auch dieselbe Zeit in diesem Jahr gefallen sind, weitgehend ruhig verlaufen. Zwar habe ich auch am Damaskustor ein leicht unwohles Gefühl gehabt, einerseits weil bereits viele Kameras und Reporter um das Tor zur Altstadt standen, andererseits auch, da Sicherheitskräfte bereits Menschen weggeschickt haben.
Wie ich im Nachhinein mitbekam, wollten Nationale Israelis – als Tradition von Pessach – auf dem Tempelberg Lämmer opfern, was natürlich eine Provokation war, da zur selben Zeit der Zugang zur Al-Aqsa-Moschee auf dem Tempelberg eingeschränkt war. Knapp 18 Prozent der israelischen Bevölkerung sind muslimisch, was nicht zu vernachlässigen ist, wenn man die politischen Entscheidungen Israels betrachtet.
Der Tempelberg ist die dritthöchste heilige Stätte im Islam und die Heiligste im Judentum, wodurch er als zentraler Punkt der Spannungen gesehen wird. Auch wurde zwischenzeitlich der Übergang nach Palästina an einigen Checkpoints gesperrt mit der Begründung von Sicherheitsbedenken über die letzten Tage des Pessachfests.
Jedoch gibt es einige Tausend Menschen, die in Palästina leben, jedoch in Jerusalem arbeiten. Diesen war es also auch nicht möglich, während der Sperren an den Checkpoints nach Israel zu gelangen, um zur Arbeit zu kommen.

Nationalfeiertag
Am Israelischen Nationalfeiertag wurde außerdem beschlossen, ein Gebiet mit mehreren beduinischen Siedlungen und etwa 1000 Einwohnern im Süden Palästinas zu räumen. Diese Zone war schon seit Längerem als Schussübungszone ausgeschrieben, jetzt wurde ein letzter Einspruch abgelehnt und die Räumung beantragt. Die israelische Präsenz im Westjordanland und im Gazastreifen wird von den Vereinten Nationen als illegal nach internationalem Völkerrecht angesehen.