Mit dem Lift in den dritten Stock des Landratsamtes fahren und das Zimmer 345 betreten, in Kreistagssitzungen am Tisch rechts außen Platz nehmen und mit dem Auto „SÄK-EL-1000“ zu Terminen fahren: All das wird Jörg Gantzer am 31. Juli zum letzten Mal tun.
Der Erste Landesbeamte des Landkreises Waldshut wurde in einer Feierstunde verabschiedet und mit der Medaille des Landkreises in Silber ausgezeichnet – auch wenn es die offizielle Entlassurkunde an diesem Tag nicht rechtzeitig von Stuttgart nach Waldshut geschafft hatte.
„Die Wahl des Kennzeichens für das Dienstauto zeigt auch Ihren Sinn für Humor und Ironie“, würdigte Landrat Martin Kistler in seiner Rede. Jörg Gantzer habe einmal gesagt, er sei im schönsten Amt angekommen, das die Landesverwaltung zu bieten habe. „Und ich füge hinzu: im schönsten Landkreis, den es gibt“, vervollständigte Kistler.
Landrat würdigt Humor und Loyalität
Um die Arbeit und das Wesen des Ersten Landesbeamten zu würdigen, wählte Kistler eine weitere Anekdote: „Der König ist tot, es lebe der König“, war das erste, was Gantzer zu Martin Kistler gesagt habe, als sich dieser vor neun Jahren bei der Wahl gegen den damaligen Amtsinhaber Tilman Bollacher durchgesetzt hatte.
„Das zeigt zum einen den trockenen Humor, mit dem man umgehen zu wissen muss. Es zeigt aber auch das Verständnis von Pflichterfüllung. Danke, dass ich Ihre Loyalität immer spüren durfte“, so Kistler an Gantzer gewandt.
Der Landrat bezeichnete den 68-Jährigen als hervorragenden Juristen und blitzgescheit. Zudem sei er mit einer hervorragenden Auffassungsgabe ausgestattet. Die meiste seiner Arbeitszeit (neun Jahre) hat das geplante Pumpspeicherkraftwerk in Anspruch genommen, das der Energiekonzern EnBW 2017 aufgegeben hat.

Die Erfolge, die der Landkreis beim Fluglärmstreit (Nicht-Ratifizierung des Staatsvertrags und Verhinderung des Betriebsreglements) und bei der Endlagersuche erzielt hat, gehen vor allem auf das Konto des Ersten Landesbeamten. Auch dass der Landkreis vor Kurzem bezüglich der hohen Steuer für Schweizer Jäger vor dem Verwaltungsgerichtshof Recht bekommen habe, sei ein Verdienst Gantzers.
Jemand, der gerne gestaltet
„Du bist jemand, der gestalten möchte. Das hat dir Freude gemacht und das hast du gelebt“, sagte Regierungsvizepräsident Klemens Ficht. An seinen verschiedenen Stationen – die übrigens die gleichen waren, wie bei Gantzer (Innenministerium, Regierungspräsidium und Landratsamt) – habe er sich immer auf Gantzer verlassen können. „Du warst immer jemand, der hinter den Projekten steht.“

Als einen seiner größten Verdienste bezeichnete Ficht das Einarbeiten in schwere Materie und schließlich das Erreichen von Expertenwissen. „In Verhandlungen warst du immer sachlich und hast alle Interessen abgewogen.“
Vor allem würdigte Ficht die Leistungen des Ersten Landesbeamten bei der Wahrung der deutschen Interessen bei der Standortsuche der Schweiz nach einem Tiefenlager für Atomabfälle. Was jetzt erreicht wurde, sei vor allem Gantzers Verdienst. Er dankte für die Zuverlässigkeit und Verbindlichkeit des 68-Jährigen, und dass er die Interssen des Landkreises „sehr prägnant“ wahrgenommen habe.
Blick auf erfülltes Berufsleben
Gantzer selbst war sichtlich ergriffen von den Worten seiner Vorredner. „Heute schaue ich auf ein erfülltes Berufsleben zurück, in dem ich das Glück hatte, immer an interessanten und spannenden Themen arbeiten zu dürfen“, so Gantzer. Erster Landesbeamter im Landkreis Waldshut sei er nur durch glückliche Fügungen geworden.

Bei der ersten Bewerbung im Landkreis sei Gantzer nicht zu Zug gekommen, die zweite Anfrage habe er ausgeschlagen, der dritten konnte er „sich nicht mehr entziehen“. Dem Landkreis wünschte er alles Gute, insbesondere, dass „seine Megaprojekte in den nächsten Jahren umgesetzt werden können“.
Das nachdrücklichste Ereignis war laut Gantzer das Pumpspeicherkraftwerk Atdorf, allen voran der dreiwöchige Eröterungstermin in Wehr. Als „schmerzlichstes Scheitern“ bezeichnet der 68-Jährige die Auseinandersetzung um die Panoramahütte in Benrau.
Und der schönste Moment? „Dass ich meine Frau Karin im Landratsamt kennengelernt habe“. In seinem Ruhestand will Gantzer mehr Sport treiben und sich dem Reisen sowie seinen Enkeln widmen. Zudem wird er mit einem Zeppelin in die Luft gehen – das Abschiedsgeschenk von Kollegen und Kreisräten.