Für die einen ist es eine Katastrophe, wenn kein Balken auf dem Handy zu sehen ist, andere machen sich Sorgen, dass die Strahlen von Funkmasten und Mobiltelefonen krank machen.
Anlass für eine kontroverse Debatte sind diesmal Pläne der Telekom, auf dem Bettmaringer Hatzenberg einen 35,13 Meter hohen Sendemasten zu bauen, um dort die neue 5G-Technik zu installieren.
Nachdem der Ortschaftsrat diesen Standort ablehnte, wurde ein Kompromiss gefunden. Nun soll in der Nähe des Fußballplatzes ein mobiler Funkmast errichtet werden.
An beiden Projekten äußerte Paul Preiser aus Bettmaringen Kritik. Er fürchtet negative gesundheitliche Auswirkungen.
Was hat der Gemeinderat beschlossen?
Bereits im Februar dieses Jahres wurde der Bauantrag der Deutsche Funkturm GmbH im Auftrag der Telekom zum Bau eines 35,13 Meter hohen Funkmasts beraten. Zu dieser Sitzung waren etwa 50 Bürger erschienen.
Bettmaringens Ortsvorsteher David Geng äußerte Bedenken, weil der Funkturm auf dem Hausberg geplant sei und weithin sichtbar wäre. Der Ortschaftsrat beschloss, dem Bauantrag nicht zuzustimmen.
Der in Bettmaringen aufgewachsene Paul Preiser stellte in der Ratssitzung die Frage, wer für gesundheitliche Schäden durch elektromagnetische Strahlung aufkomme und appellierte, den Antrag abzulehnen.

Nach Gesprächen mit dem Netzbetreiber, wurde in der Sitzung vom 8. Mai 2023 beschlossen, dem Antrag der Telekom auf die Erstellung eines mobilen Mastes beim Sportplatz zuzustimmen in derselben Sitzung wurde dem Bau eines Mobilfunkmasts im Ortsteil Grimmelshofen ohne Debatte zugestimmt.
Gegenüber dem SÜDKURIER erklärte Bürgermeister Joachim Burger: „Die Landesregierung gibt in Sachen Digitalisierung Gas, um sogenannte weiße Flecken mit Mobilfunk zu versorgen.“
Die Kommune müsse sich an die rechtlichen Vorgaben halten, zumal es sich beim zunächst vorgesehenen Standtort am Hatzenberg um ein privates Grundstück handle.
Was sagt die Telekom?
Telekom-Pressesprecher Hubertus Kischkewitz gibt Antworten auf unsere Fragen: Der geplante mobile Mastwagen dient übergangsweise (bis zur Inbetriebnahme der finalen Dauerlösung) die Sicherstellung der Mobilfunkversorgung für Bettmaringen sowie des an der Ortschaft vorbeiführenden Streckenabschnitts der L159.
Die mobile Mastlösung wird die Versorgung mit GSM, LTE (4G) und 5G sicherstellen und eine Höhe zwischen 15 und 25 Meter haben.
Dieser Sendemast dient lediglich als Übergangslösung und ist technisch wie baulich nicht in der Lage, die künftige Versorgungsreichweite der geplanten finalen Lösung zu erreichen.
Die Telekom ist davon überzeugt, dass bei Einhaltung der geltenden Sicherheitsstandards und gesetzlichen Grenzwerte die sichere Anwendung und Nutzung der Mobilfunktechnik gewährleistet ist.
Diese Einschätzung stützt sich auf aktuelle Erkenntnisse unabhängiger nationaler und internationalen Experten, die fortlaufend die relevanten Studien auswerten und die geltenden Sicherheitsstandards überprüfen. Diese Einschätzung macht sich die Telekom zu Eigen.
Wie ist die Gesetzeslage?
Der Landtag hat im Februar 2023 ein Gesetz zur Erleichterung des Mobilfunkausbaus beschlossen. Damit sollen Funklöcher im Land beseitigt und die Mobilfunkversorgung weiter verbessert werden.
Bürokratieabbau und Entlastung der Baubehörden sei ein weiteres Ziel, heißt es in einer Mitteilung der Landesregierung. Demnach wurde die Verfahrensfreiheit für den Bau von Mobilfunkantennen im Innenbereich auf eine Höhe bis 15 Meter und im Außenbereich bis 20 Meter beschlossen.
„Mit der Erweiterung der Verfahrensfreiheit von Antennenanlagen sagen wir Funklöchern den Kampf an“, sagte Bauministerin Nicole Razavi. Seit Ersteigerung der 5G-Frequenzen hat die Telekom rund 25.000 Mobilfunk-Standorte mit 5G ausgestattet oder neu gebaut, informiert Hubertus Kischkewitz.
Wer überwacht die Grenzwerte?
Unabhängig von ihrem Bestimmungszweck dürfen ortsfeste Funkanlagenstandorte nur dann in Betrieb genommen werden, wenn sichergestellt ist, dass die dort installierten Funkanlagen die Anforderungen zum Schutz von Personen in elektromagnetischen Feldern von Funkanlagen nach der Verordnung über das Nachweisverfahren zur Begrenzung elektromagnetischer Felder erfüllen, heißt es auf der Internetseite der Bundesnetzagentur. Die Grenzwerte werden von der Bundesnetzagentur sichergestellt und überwacht.
Welche Bedenken haben Kritiker des Netzausbaus?
Monika Orlik (59) und ihr Ehemann Paul Preiser (55) machen sich Sorgen um negative gesundheitliche Auswirkungen, wenn auf dem Hausberg in Bettmaringen ein 5G-Mast Funkwellen sendet.

„Wieso haben wir für viel Geld das Glasfasernetz gebaut?“, fragt der Bettmaringer. In der Familie gebe es eine elektrosensible Frau, die ständig unter Funkwellen körperliche Schmerzen erdulde. Monika Orlik leidet an Tinnitus, deshalb habe sie große Bedenken gegen Mobilfunkmasten.
„Wir stellen infrage, ob das 5G-Netz so stark ausgebaut werden muss!“, sagt Preiser. Beide fürchten, dass bei einem weiteren Netzausbau die Fälle von Elektrosensibilität zunehmen würden.
Was sagt ein Betroffener zu Elektrosmog?
Das Ehepaar aus Bettmaringen holte eigens einen Referenten ins Dorf, der über Elektrosensibilität vor etwa 60 Interessierten sprach. Ulrich Weiner bezeichnet sich selbst als elektrosensibel und lebt deshalb seit Jahren in einem Funkloch, das er nur in einem speziellen Schutzanzug verlässt.
In einem solchen Anzug hielt er seinen Vortrag. „Enttäuschend war, dass nur wenige aus unserem Dorf zu diesem Vortrag kamen. Wir stehen nun also allein da“, zeigt sich Paul Preiser enttäuscht.
Das Ehepaar will nun abwarten, welche Auswirkungen der mobile Mast beim Sportplatz haben wird. „Bei negativen Auswirkungen würden wir schauen, wie wir uns vor den Strahlen schützen können“, sagen Paul Preiser und Monika Orlik.
Zu welchen Ergebnissen kommen wissenschaftliche Studien?
Der Verdacht, dass hochfrequente elektromagnetische Felder von Mobilfunk-Basisstationen negative gesundheitliche Wirkungen, wie zum Beispiel Krebserkrankungen, haben können, sorgt immer wieder für Schlagzeilen.
In sorgfältig durchgeführten Studien wurde bisher kein Zusammenhang beobachtet, heißt es auf der Internetseite des Bundesamts für Strahlenschutz (www.bfs.de). Weiter steht dort ergänzend: Es bestehen aber nach wie vor Unsicherheiten in der Risikobewertung, die durch die wissenschaftliche Forschung zum Beispiel im Deutschen Mobilfunk Forschungsprogramm nicht vollständig beseitigt werden konnten.
Eine Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) räumt ebenfalls mögliche Gesundheitsrisiken durch Mobilfunkmasten und die Nutzung von Handys ein. Die derzeit zitierte Stoa-Studie (Scientific Technology Options Assessment) hält das Bundesamt für Strahlenschutz allerdings nicht für belastbar:
Die Bewertung der Qualität der berücksichtigten Studien sind anscheinend definierte wissenschaftliche Kriterien nicht ausreichend berücksichtigt worden“, heißt es dazu auf der Internetseite. Und bei diesem Bericht handle es sich nicht um eine offizielle EU-Position.
Was sagt die Kassenärztliche Vereinigung?
Das Thema „Elektrosmog“ werde sehr kontrovers diskutiert, sagt ein Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg. Die Bandbreite bewege sich zischen „esoterischem Humbug“ und „ernsthafter Gesundheitsgefährdung“.
Es gibt 153 Mitglieder mit der Zusatzbezeichnung „Umweltmedizin“, dies bedeutet nicht, dass diese sich auch mit dem Thema Elektrosensibilität befassen, heißt es in der Stellungnahme weiter. Verlässliche Zahlen zu Patienten mit diesem Krankheitsbild lägen nicht vor.
Laut dem Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) bezeichnen sich etwa ein bis zwei Prozent der Deutschen als elektrosensibel. Als Krankheit wird sie in Deutschland jedoch nicht eingestuft. Schweden ist bisher das einzige europäische Land, das Elektrosensibilität seit 2002 als “körperliche Beeinträchtigung“ anerkennt.