In der Woche der schwersten politischen Krise der grünen Bundespartei seit Jahren haben die Grünen am Hochrhein eine wichtige Personalentscheidung getroffen: Bei der Bundestagswahl in genau einem Jahr treten sie mit Jan-Lukas Schmitt (29) als Direktkandidat im Wahlkreis Waldshut an.
Zweite Kandidatur nach 2021
Es ist die zweite Kandidatur Schmitts für den Bundestag: 2021 setzte er sich im Nominierungsverfahren gegen zwei parteiinterne Mitbewerber durch. Diesmal war er einziger Kandidat. Entsprechend eindeutig war das Ergebnis: Die 27 anwesenden stimmberechtigten Mitglieder der Kreisverbände Waldshut und Breisgau-Hochschwarzwald wählten Schmitt einstimmig bei einer Enthaltung zum Wahlkreis-Direktkandidaten. „Die Umfragen standen für uns Grüne schon besser. Aber genau deshalb bin ich überzeugt, dass realpolitische Geisteshaltung, Fachexpertise im Bereich Finanzen und ausgeprägtes Kommunikationsverständnis in der nächsten Grünen Bundestagsfraktion dringend gefragt sein werden“, so Schmitt. Der 29-Jährige ist gelernter Journalist, seine Laufbahn begann als Schüler bei einer Tageszeitung und führte ihn über verschiedene Zeitungen, darunter Handelsblatt zur Wirtschaftswoche, wo er mehrere Jahre als Finanzredakteur vor allem über Kapitalmärkte und Geldpolitik schrieb.
Lob von Spitzen-Grünen aus Bund und Land
Seit Jahresbeginn macht Schmitt hauptberuflich Politik und berät als Vorstandsreferent für Finanz- und Haushaltspolitik die Grünen Bundesvorsitzenden Ricarda Lang und Omid Nouripour in allen strategischen und inhaltlichen Fragen, die sich um Geld drehen. „Ich habe Lukas als jemanden kennengelernt, der Machbarkeit und Vision vereinbart. Die Grünen in Baden-Württemberg würden gut daran tun, solche großen Talente zu fördern“, lässt sich der bisherige Parteichef Omid Nouripour zitieren. Von Parteiseite bekommt Schmitt ideelle Förderung, unter anderem als Alumni des US-Ablegers der parteinahen Heinrich Böll Stiftung.
Der Waldshuter hat sich auch im politischen Baden-Württemberg einen Namen gemacht: Mit 26 Jahren wurde er in den Landesvorstand der Grünen gewählt und vergangenes Jahr im Amt bestätigt. In Stuttgart genießt der junge Mann breite Anerkennung, in der grünen Landtagsfraktion, aber auch bei führenden Regierungsmitgliedern: „Ich halte sehr viel von Lukas und schätze seinen finanzpolitischen Sachverstand sehr“, sagt etwa Finanzminister Danyal Bayaz.
Schmitt strebt aussichtsreichen Platz auf der Landesliste an
Seine Chancen, tatsächlich das Direktmandat im Wahlkreis Waldshut zu erringen, schätzt Schmitt selbst angesichts der schlechten Stimmungslage und der starken Konkurrenz bi den anderen Parteien realistisch niedrig ein. Deshalb möchte sich Schmitt den Weg in den Bundestag über die Landesliste der Partei ebnen. Diese wird voraussichtlich im Dezember von Delegierten gewählt. Um über einen sicheren Listenplatz ein Bundestagsmandat zu bekommen, müsste Schmitt einen Platz im vorderen Drittel ergattern. Hier lauert aber große parteiinterne Konkurrenz: Wie unsere Zeitung aus Parteikreisen erfuhr, haben allein 17 aktuelle Bundestagsabgeordnete aus Baden-Württemberg ihre erneute Kandidatur angekündigt.
In seiner Bewerbungsrede sprach Schmitt über die gesamtpolitische Lage und stellte seine Kernthemen vor. „Im Wesentlichen geht es mir um drei Dinge: Klimaschutz als Wirtschaftsmotor, zielgenaue Investitionen in unsere Zukunft und ein gerechtes Steuersystem, das bis weit in die obere Mitte entlastet und Fehlanreize für den Arbeitsmarkt oder die nachhaltige Transformation ausmerzt.“