Sommer, Sonne und gackernde Hühner. Es bedarf wenig Fantasie, sich dieses Bild vor Augen zu führen und siehe da: ein Glücksgefühl stellt sich ein – zumindest bei den Meisten.
Dieses idyllische Bild kennen ältere Dorfbewohner aus ihrer Kindheit – vielfach über die Jahrzehnte verschwunden: Doch seit einigen Jahren und ganz besonders in jüngster Zeit traut man seinen Augen und Ohren nicht, gar in aufgeräumten Neubauvierteln, in bürgerlichen Wohnquartieren hört und sieht man sie wieder gackern und herumscharren. Die Hühnerhaltung eine Modeerscheinung? Der Corona-Pandemie geschuldet? Oder die Sehnsucht nach Idylle und Heimat?
Überhaupt die Hobby-Tierhaltung scheint auf dem Vormarsch zu sein. Bei weitem nicht nur Hühner sind in den Dörfern wieder zu entdecken, auch Schafe, Ziegen, Minischweine und anderes Getier finden sich in den Gärten und oftmals an den Dorfrändern – allermeist zum Freizeitvergnügen gehalten.
Was macht die neue Lust an der Tierhaltung aus?
Bei der Erzinger Familie Netzhammer stolziert der prächtige Emil im verwilderten, eingezäunten Teil des großen Gartens herum, immer begleitet von seinem Harem. Aber eine der Damen fehlt, sie kümmert sich im Stall um die sieben Küken, gerade mal eine Woche alt sind die Kleinen, aber sie machen schon einen Heidenlärm.

Die zwölfjährige Tochter des Hauses Jule weiß viel über Hühner und gibt bereitwillig Auskunft: „Wir haben Hühner wegen den Eiern. Wir können jeden Tag bis zu fünf Eier einsammeln. Und was auch toll ist, sie fressen die ganzen anfallenden Küchenabfälle.“ Allerdings aufpassen müsse man schon, der Fuchs habe schon einmal am helllichten Tag versucht, ein Huhn zu schnappen, aber der mutige Emil hat ihn vertrieben, jedoch habe er dabei seine Schwanzfedern eingebüßt.

Bei den Netzhammers steht die gesunde Ernährung mit Lebensmitteln in Bioqualität im Vordergrund. „Bio-Eier von gesunden Bio-Hühnern, die artgerecht gehalten werden, das ist uns wichtig“, sagt Jules Mutter, Nicole Netzhammer. Für sie ist es weniger das Bedürfnis nach Idylle, denn immerhin ist die Hühnerhaltung mit Arbeit und Verantwortung verbunden.
Hühner sind schon fast wie Haustiere
Die neunjährige Jolanda Streule, Jules Cousine, aus Gurtweil, möchte auch ihre Hühner vorstellen. „Wir haben sechs schöne Orpington-Hühner, sie sind sehr zahm und lassen sich auch auf den Arm nehmen“, freut sie sich. Ihre Mutter Susanne Streule ergänzt: „Unsere Hühner sind fast schon Haustiere, sie haben einen guten Charakter und die Kinder sind begeistert.“

Dass die Familie sich für die Anschaffung von Hühnern entschieden habe, sei eindeutig Corona geschuldet – plötzlich mehr Zeit und Muße zuhause. „Wir haben Corona-Hühner“, erklärt sie ohne Umschweife. Ohnehin habe sich ihr Mann immer schon Hühner gewünscht, so gesehen sei der Zeitpunkt echt günstig gewesen.
Das müssen Hobby-Tierhalter beachten
Tiere vermitteln ein Gefühl von Heimat
Anders ist es bei Patrick Rutschmann aus Geißlingen. Für ihn bedeuten Tiere Heimat. „Ich bin mit Tieren aufgewachsen mit Kühen, Schweinen und sogar Ponys, für mich gehören Tiere zum Leben dazu.“ Er wohnt und arbeitet seit jeher in Geißlingen, lebt mit seiner Familie in dem ehemaligen Bauernhaus seiner Großeltern am Ortsrand.

Der 41-Jährige ist ein Geißlinger durch und durch, er arbeitet bei der hiesigen Firma Mack, spielt im örtlichen Musikverein und ist seinem Heimatdorf sehr verbunden. Vor einiger Zeit hat er sich seinen Wunsch, mit Tieren zu leben, erfüllt.
„Corona hat für mich dabei keinerlei Rolle gespielt“, sagt er und hat sich für Quessant-Schafe, bretonische Zwergschafe, entschieden. „Es sollte eine kleine Rasse sein, die nicht so viel Fläche braucht“, erzählt er. Johnny, der Schafsbock, zwei Mutterschafe, von dem dreieinhalbjährigen Sohn Clemens auf Lucy und Maggie getauft, machten den Anfang.
Mittlerweile ist ein zweiter Bock dazugekommen, der prompt für zwei kleine Böcklein sorgte. Dem nicht genug, gab es als Geburtstagsgeschenk zwei Zwergziegen. Aber mehr Tiere sollen es bei Rutschmanns nicht werden. „Jetzt baue ich noch einen festen Zaum mit dem mobilen Unterstand ist dann bei uns alles perfekt“, stellt Patrick Rutschmann zufrieden und glücklich fest.

So individuell verschieden die Beweggründe für die Hobbytierhaltung auch sein mögen, eines scheint alle Tierhalter zu einen: Es ist die Freude an und die Liebe zu Tieren.