Seit zwei Jahren haben sich die Hotzenwälder an die Zusammenführung ihrer Pfarreien als gemeinsame Seelsorgeeinheit gewöhnt. Nun bekräftigt Erzbischof Stephan Burger diese Entwicklung mit einer Errichtungsurkunde zur einheitlichen Pfarrei „St. Wendelinus Hotzenwald“, die er dem Dekanat Waldshut zuteilt, mit Wirkung zum 1. April 2018. Gleichzeitig hebt der Bischof mit seiner Unterzeichnung die formal noch einzeln geführten Pfarreien St. Martin Görwihl und St. Zeno Westlicher Hotzenwald auf. Die Urkunde ist auf der Webseite der Pfarrei einzusehen.
„Diese Urkunde ist quasi der letzte formale Schritt zur einheitlichen Pfarrei“, erklärt Pfarrer Bernhard Stahlberger. Intern bedeutet dies eine wesentliche Verwaltungsentlastung, zudem werden ab dem 1. April neue Tauf- und Sterberegister geführt, erklärt Pfarrer Stahlberger.
Der 52-jährige Seelsorger mit Wurzeln in Bad Rotenfels bei Rastatt begleitet die Zusammenführung "uff’m Wald" bereits seit dem 6. Januar 2013, als er das Amt für die Gemeinde St. Martin in Görwihl antrat. Görwihl war erst kurz zuvor (2012) mit den selbstständigen Gemeinden Herz-Jesu in Strittmatt und St. Gregorius aus Niederwihl, Oberwihl, und Rüßwihl unter Stahlbergers Vorgänger, Pfarrer Jörg Lichtenberg, zusammengeführt worden.
Auch in Rickenbach (St. Gordian und Epimach) und Herrischried (St. Zeno) führte man in den Jahren 2005 bis 2010 Kooperationsgespräche, bis beide 2014 noch unter Pfarrer Hans Moser zu der Pfarrei St. Zeno Westlicher Hotzenwald fusionierten. Seit Juli 2014 mussten sich die Hotzenwälder aber an den Umstand gewöhnen, dass Bernhard Stahlberger als einziger Pfarrer für drei politische Gemeinden tätig ist. Überall in Deutschland fehlte es an Seelsorgern; Auf den Mangel folgte eine tiefgreifende Neuordnung im Pastoral, die auf dem Hotzenwald zum 1. Januar 2015 zu der gemeinsamen Seelsorgeeinheit St. Wendelinus führte.
„Die Errichtung zur einheitlichen Pfarrei St. Wendelinus ist nun eine weitere logische Konsequenz“, nickt Pfarrer Stahlberger und fügt an: „Das Kirchturmdenken hat aber schon lange aufgehört. Das merken wir im Pfarrgemeinderat, deren Mitglieder seit ihrer Wahl im April 2015 für alle Ortschaften genauso mitdenken, als wäre es ihr eigener Ort.“ In den alten Pfarreien wurden Gemeindeteams gegründet und ein gemeinsames Leitbild erarbeitet. Diese integrierende Maßnahme von nicht-geistlichen Helfern bringe eine völlig neue Dynamik ins Kirchenleben.
Der Blick in die Geschichte des Hotzenwaldes zeigt, dass die Kirchengemeinden immer wieder Neuordnungen unterlagen. Allerdings kann sich kaum eine der alten Pfarreien mit so einem symbolträchtigen Startdatum rühmen, wie die Pfarrei St. Wendelinus Hotzenwald, die am Ostersonntag, dem Tag der Auferstehung, ihren Auftakt mit großem Glockenläuten feiern wird.
Die Pfarrbezirke im Wandel der Zeit
- Zu den ältesten und größten Pfarrbezirken (Kirchspielen) zählt Görwihl; Die Kirchengemeinde bestand schon vor der 500-jährigen Habsburger Ära (1254 bis 1806). Für Görwihl wird 1241 erstmals ein Pfarrvikar, 1275 ein Pfarrer erwähnt, besagt die Ortschronik. Die Kirche St. Bartholomäus wurde nach einem Brand 1838 neugebaut, ihr Turm stammt aber noch aus dem Jahr 1554. Die Pfarrei Görwihl erstreckte sich von Tiefenstein bis in den Freiwald und umfasste so die ganze Einung Görwihl, zu der auch Hogschür, Herrischwand und Wehrhalden gehörten.
- Herrischried hingegen, das seit seiner Besiedlung im 10. bis 11. Jahrhundert der Pfarrei Hochsal verpflichtet war, wurde erst 1695, nach langem Bestreben, zu einer eigenständigen Pfarrei erhoben und erhielt dazu die Görwihler Orte Hogschür, Lochmatt, Giersbach, Kleinherrischwand und Wehrhalden, um einen Pfarrer unterhalten zu können. Erwähnt wird der erste Kirchenbau 1594, 1597 folgte der Friedhof und 1600 der Glockenturm. Die heutige Kirche wurde 1849 bis 1853 erbaut. Ober- und Niedergebisbach wechselten 1897 von der Pfarrei Rickenbach nach Herrischried.
- Die ehemalige Pfarrei Niederwihl, die heute politisch zu Görwihl gehört, wurde 1275 urkundlich erwähnt. Bis 1697 wurde Niederwihl (mit Rüßwihl und Tiefenstein) von den Pfarrern aus Todtmoos mitversehen, erhielt dann einen eigenen Pfarrer. Als 1796 in Oberwihl eine französische Belagerung glücklich endete, errichtete der zuständige Pfarrer aus Hochsal hier eine Kapelle, die 1840 zur Fialkirche erweitert wurde. Ein Jahr später stieß Oberwihl zur Pfarrei Niederwihl, wo 1844 eine größere Kirche gebaut wurde. In Oberwihl folgte 1910 der heutige Kirchenbau in der Hoffnung auf einen eigenen Pfarrer.
- Für Rickenbach wurden erstmals 1257 Pfarrer erwähnt: „Ditricus viceplebanus in Rickinbach“ (Leutpriester Dietrich, Gründer von Todtmoos) und „Henricus plebanus in Werra“ (Leutpriester Henricus von Wehr). Die Kirche wurde erstmals 1353 im Besitz des Deutschordens Beuggen erwähnt. Rickenbach zählte neben Görwihl zu den größten Kirchspielen uff’m Wald. 1586 kam Willaringen hinzu, die Orte Atdorf, Hornberg, Hütten und Rüttehof erst 1787. Rickenbach versah auch einige Orte bei Dachsberg, diese wurden 1593 vertraglich St. Blasien zugeteilt und 1891 zur Pfarrei Hierbach erhoben.